Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
in deinem Haus willkommen sein können. Gestattest du trotzdem, dass ich nach Wein und Speisen schicke?«
»Das ist wirklich nicht nötig, Madam«, begann Richmond abzuwehren, obwohl es mindestens eine Woche her war, seit er sich zuletzt sattgegessen hatte.
»Ich bestehe darauf«, entgegnete Stanley steif, forderte die Besucher mit einer knappen Geste auf, Platz zu nehmen, ging zur Tür und erteilte murmelnd ein paar Befehle.
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich am Tisch aus, während sie warteten, voll unausgesprochener Fragen und Anschuldigungen. Schließlich kam ein livrierter Diener und brachte einen großen Krug Wein, eine Platte mit dampfendem Biberbraten und eine Schale Feigen.
Nachdem er eingeschenkt hatte und wieder gegangen war, wandte Richmond sich an seinen Stiefvater: »Seid beruhigt, Stanley. Niemand wird erfahren, dass ich hier war. Nur Waringham hat sich Eurer Torwache zu erkennen gegeben, und wie Ihr seht, reite ich heute ohne mein Wappen.«
Stanley fuhr sich mit dem Unterarm über die Stirn und nickte, offenbar wenig beruhigt. »Aber was immer Euch herführt, muss auf einem Irrtum beruhen, Richmond. Es gibt nichts, das ich für Euch tun könnte. Und ich muss Euch gewiss nicht erklären, in welch einen Konflikt Ihr mich bringt: Soll ich Eurer Mutter das Herz brechen und Euch festnehmen oder meinen König verraten und Euch laufen lassen?«
Richmond sah ihm in die Augen. »Ich fürchte, die Zeit ist gekommen, da jeder Edelmann in England eine unbequeme Entscheidung treffen muss.«
»Und was gibt Euch das Recht, mir diese Entscheidung aufzuzwingen?«, brauste Stanley auf.
»Mein Thronanspruch, Mylord«, antwortete Richmond, höflich, aber bestimmt.
»Der äußerst zweifelhaft ist!«
»Darüber soll Gott entscheiden, wenn wir gegen Richardin die Schlacht ziehen. Ich werde weder meine noch Eure Zeit damit verschwenden, mich zu rechtfertigen.«
»Nein? Wie wär’s, wenn Ihr mir dann endlich sagt, wozu Ihr hergekommen seid?«
Richmond lehnte sich in dem komfortablen Polstersessel zurück, ließ den rechten Arm über die Lehne baumeln und betrachtete den Gemahl seiner Mutter mit zur Seite geneigtem Kopf. »Ich war neugierig. Wir hörten, Ihr habet Richards Hof verlassen, um Eure Männer zu den Waffen zu rufen, und als Euer König Euch einen Boten schickte, sich ihm wieder anzuschließen, habet Ihr Euch mit Krankheit entschuldigt. Keine Ausrede, wie ich sehe«, kam er Stanleys wütendem Protest zuvor. »Und dennoch, Mylord. Ihr seid hinreichend genesen, um das Krankenlager verlassen zu haben. Was mag es sein, das Euch hindert, zu Eurem König zu eilen? In der Stunde seiner Not?«
Stanley brummte verächtlich. »Er hat keine Not, Söhnchen. König Richard hat doppelt so viele Männer wie Ihr, und ich wünschte, Ihr würdet um Eurer Mutter willen kehrtmachen und zurück ins Exil gehen. Denn Ihr habt keine Chance.«
»Und Ihr habt meine Frage nicht beantwortet«, entgegnete Richmond liebenswürdig und biss in eine Feige.
Stanley nahm einen Zug aus seinem Becher und schwieg. Robin beobachtete ungläubig, wie Lady Megan unter dem Tisch die Hand ihres Gemahls ergriff, als wolle sie ihm Kraft spenden. Warum tut sie das?, rätselte er. Wieso nutzt sie den Einfluss, den sie offenkundig auf ihn hat, nicht für ihren Sohn? Was zum Henker stimmt nicht mit dieser Frau?
Stanley warf seiner Gemahlin einen kurzen Blick zu, der eine Spur verschämt schien. Dann gab er sich einen Ruck. »Der König und ich hatten … Differenzen.«
Richmond legte seine angebissene Feige auf den Tisch und atmete tief durch, als habe er inständig gehofft, genau dies zu hören. Aber seine Stimme klang vollkommen gelassen, als er wiederholte: »Differenzen?«
Stanley nickte. »Er … er ist nicht mehr der Mann, der er einmal war. Mir ist bewusst, dass Ihr ihn hasst, aber nicht allesist wahr, was über ihn verbreitet wird, und ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass er mit dem Verschwinden seiner Neffen nichts zu tun hat.«
Gut für deine Hand, dass wir dir diese Feuerprobe ersparen, dachte Robin gallig.
»Aber viele Männer in England verdächtigen ihn, gerade jene, die einst Yorkisten waren und seinem Bruder gedient haben. Vom ersten Tag seiner Regentschaft an stand König Richard im Schatten seines Bruders. Und viele Männer wandten sich von ihm ab und ließen ihn im Stich.«
»Sie ließen ihn nicht im Stich«, widersprach Richmond bedächtig und schüttelte den Kopf. »Sie kamen zu mir. Die wenigsten, weil
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