Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
schwerer zu fallen, Haltung zu bewahren. Mühsam kam sie auf die Füße, und Richmond beugte sich höflich zu ihr herab, damit sie ihn in die Arme schließen konnte. »Das werde ich, Henry. Und wenn es Gottes Wille ist, sehen wir uns in Westminster wieder.«
Robin konnte sich ein Schnauben nicht verkneifen. »Gottes Wille in allen Ehren, Madam, aber ohne Stanleys Hilfe …«
»Still«, befahl Richmond.
Bitte, dachte Robin wutentbrannt, wenn du darauf bestehst, unser aller Grab zu schaufeln. Aber er hielt den Mund.
Richmond streckte Stanley die Hand entgegen. »Tut, was Ihr tun müsst, Mylord. Rettet Euren Sohn.«
Stanley schlug ein. Für einen Moment schienen ihm dieWorte zu fehlen. Dann sagte er: »Gott schütze Euch, Mylord. Ich wünsche Euch Glück, denn ich merke, Ihr wäret England ein besserer König als Richard.«
Richmond nickte, als erzähle Stanley ihm nichts Neues, und führte seine drei Ritter hinaus.
Schweigend machten sie sich auf den Rückweg zum Lager ihrer viel zu kleinen Armee, aber nach einer Viertelmeile konnte Robin nicht mehr an sich halten. »Warum, verflucht noch mal?«, fragte er verständnislos. »Du hattest ihn schon! Du hättest nur noch sagen müssen: ›Kämpfe für mich‹, und er hätte es getan!«
»Und sein Sohn wäre tot.«
»Viele Söhne werden sterben, wenn diese Schlacht geschlagen wird, Cousin«, bemerkte Owen.
»Sie werden fallen. Das ist etwas anderes.«
»Aber …«, begann Mortimer.
»Es ist, wie meine Mutter sagte«, unterbrach Richmond. »Gottes Wille wird geschehen, nichts sonst. Und ich will nicht, dass ein Vater seinen Sohn zum Tode verurteilt, indem er für meine Sache kämpft. Ein Sieg ist nicht jeden Preis wert.«
»Sagt wer?«, fragte Robin angriffslustig.
In der Dunkelheit blitzten Richmonds Zähne auf, als er lächelte. »Prinzessin Elizabeth, meine Braut«, antwortete er. »Sie schrieb, das habe sie von deinem Vater gelernt.«
Bosworth, August 1485
Südwestlich der kleinen Ortschaft Market Bosworth, unweit von Leicester, trafen die Armeen des yorkistischen Königs und seines lancastrianischen Rivalen am Morgen des zweiundzwanzigsten August aufeinander.
Richmond und die Seinen hatten die Nacht am Fuße des Ambion Hill kampiert, und die Späher berichteten, dass Richard auf der anderen Seite des Hügels lag. Er war ihnen von Leicesteraus entgegengezogen, um den Lancastrianern den Weg abzuschneiden, sollten sie sich nach Süden Richtung London wenden.
Richmond hatte zusammen mit seinen Lords und Vertrauten vor Tau und Tag die Messe gehört und stand nun im Morgengrauen am offenen Eingang seines Zeltes. Er trank ohne Hast einen Becher Suppe, und die Brühe dampfte heftig, denn es war ein kühler Morgen. Er schaute auf die abgeernteten Felder und den grasbewachsenen Hügel hinaus, als versuche er sich vorzustellen, was sich dort heute zutragen, wie viel Blut die friedvollen Wiesen tränken würde. Der Himmel wölbte sich verhangen und stahlblau über einer stillen, melancholischen Welt.
»Mylord?«, fragte John of Waringham zaghaft, und als Richmond den Kopf wandte, hielt der Knappe das gesteppte Wams hoch.
Richmond lächelte. »Du hast Recht. Ich sollte heute Morgen vielleicht lieber nicht trödeln.« Er schlüpfte in das jackenförmige Gewand, verknotete die Bänder und bat seinen jüngsten Knappen: »Harry, tu mir einen Gefallen und hilf, mein Pferd zu satteln und zu rüsten. Mir wäre wohler, wenn ein Waringham sich darum kümmert.«
Der Junge verbeugte sich und trat aus dem Zelt.
Julian stand mit Jasper und Richmonds drei getreuen Rittern zusammen im hinteren Teil des Zeltes und sah genau wie sie schweigend zu, während die Knappen Richmond für die Schlacht rüsteten: Über das Wams kam ein geschmeidiges Kettenhemd, das am Hals hoch geschlossen wurde, dann das Beinzeug, angefangen mit den sporenbewehrten stählernen Schuhen, schließlich Brust- und Rückenharnisch, Armschienen und gefingerte Handschuhe und zum Schluss der Schaller − ein Helm mit spitzer Glocke, großem Klappvisier und Nackenschutz −, gekrönt von einem Federbusch im Weiß und Grün der Tudors. Als Goronwy seinen Cousin mit dem Schwert gürtete, sah Richmond ebenso kriegerisch wie königlich aus.
»Bring die Standarte zu Sir William Brandon, John«, bater, und ehrfürchtig trug der Junge das grün-weiße Banner mit dem Georgs-Kreuz und dem roten Drachen von Wales hinaus.
Julian ertappte seinen Ältesten bei einem neiderfüllten Blick. Robin hatte ebenso wie Owen
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