Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Hand.
»Das ist in drei Wochen!« Julian klang entrüstet. »Ein bisschen kurzfristig, oder?«
»Wieso?«, entgegnete ihre Mutter. »Wir müssen ja keine große Affäre daraus machen, wenn Henry nicht darauf besteht. Hier steht nichts davon, dass er persönlich zu erscheinen gedenkt.«
»Gott sei Dank für diese kleine Gnade«, knurrte Julian missgelaunt. Er wandte sich an seine Schwester. »Und du sagst gar nichts?«
Blanche hatte ratlos die Schultern gezuckt. »Was erwartest du, das ich sagen soll? Irgendwann muss es sein, das war mir immer klar, also warum nicht am elften September? Mir macht die Wahl des Bräutigams mehr Kopfschmerzen als der Termin.«
»Warum?«, fragte Lady Juliana. »Hast du irgendetwas Schlechtes über Sir Thomas gehört?«
Blanche schüttelte den Kopf. »Aber ich weiß nicht einmal, ob er fett oder dürr, jung oder alt, hübsch oder hässlich ist.«
»Nein«, stimmte Julian düster zu. »Das Einzige, was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass er Yorkist ist, nicht wahr?« Er wechselte einen besorgten Blick mit seiner Schwester, und sie fragten sich beide, ob York irgendwie dahintersteckte, dass die vagen Hochzeitspläne so schnell konkret geworden waren. Und wenn ja, was er damit bezweckte.
»Woher willst du wissen, dass er ein Yorkist ist?«, fragte Lady Juliana.
Julian hob ungeduldig die Hände. »Er ist ein Marcher Lord, oder nicht?« Die Marcher Lords waren die Lords der Marken, die Ländereien und verwandtschaftliche Verbindungen auf beiden Seiten der walisischen Grenze hatten. Ihr Anführer und Lehnsherr war der Earl of March – mit anderen Worten, der Duke of York, der Land und Titel des Earl of March vom Bruder seiner Mutter geerbt und erst vor wenigen Jahren seinem ältesten Sohn Edward überschrieben hatte.
»Nun, ich muss gestehen, es erstaunt und erfreut mich, dass du den Yorkisten endlich das gebotene Misstrauen entgegenbringst, mein Sohn«, spöttelte Lady Juliana. »Was immer bei Megans und Edmunds Hochzeit vorgefallen sein mag, das du mir nicht erzählen willst, hat dir offenbar die Augen geöffnet, und dafür bin ich Gott dankbar. Aber es besteht kein Anlass zur Sorge um das Wohl deiner Schwester.« Sie nahm Blanches Hand und drückte sie. »Ich kannte die Mutter deines Bräutigams und ihn selbst als Knaben. Die Devereux sind anständige Leute. Und gut aussehend.«
Blanche fühlte sich tatsächlich ein wenig getröstet. Wie praktisch, eine Mutter zu haben, die jeden kannte, der in England etwas galt.
Aber Julian war nicht so leicht zu versöhnen. »Fünfhundert Pfund«, schimpfte er vor sich hin. »Eine beschämende Mitgift für eine Waringham.«
»Ja, das ist wahr«, stimmte ihre Mutter zu. »Aber wir können die Umstände nicht ändern, Julian: Weder dein Vater noch deinCousin haben dir etwas hinterlassen, womit du deine Schwester ausstatten könntest.«
»Aber in ein paar Jahren könnte ich es bestimmt …«
»In ein paar Jahren bin ich zu alt, Julian«, fiel Blanche ihm ins Wort. »Oh, jetzt schau mich nicht an wie ein waidwundes Reh! Schließlich musst du ihn ja nicht heiraten, oder?«
Eine gute Woche nach dem königlichen Brief war der Bräutigam selbst in Waringham erschienen, um dem jungen Earl und dessen Mutter seine Aufwartung und Blanche den Hof zu machen. Dafür hatte er sich großzügige zwei Stunden Zeit genommen, die das junge Paar im Rosengarten verbracht hatte – unter Lady Julianas wachsamem Blick, die oben am Fenster gesessen hatte. Thomas Devereux hatte seiner Braut von seinem Landgut in Lydminster vorgeschwärmt, von der Schönheit der Grenzmarken, dem Blau des Severn und des weiten Himmels über Herefordshire. Und sie hatte ihn angeschaut, diesen gut aussehenden Fremden mit dem altmodisch kurzen Blondschopf und den lebhaften Augen, die fast so dunkel waren wie ihre. Seine Stirn war schon von ein paar Furchen durchzogen, denn er war gewiss zehn Jahre älter als sie, aber dagegen hatte Blanche nichts. Sie fand die Furchen vertrauenerweckend. Und so hatte sie dagesessen – untypisch still – und ihm gelauscht und vergeblich darauf gewartet, dass sie etwas spürte. Dies ist der Mann, den du heiraten wirst. Also ? Nichts, nicht das Geringste hatte sich in ihr geregt bis auf eine vage Erleichterung, denn er war höflich und ansehnlich und ein Gentleman. Es hätte schlimmer kommen können.
Nach der Trauung gab es kein Festmahl in der Halle, denn Thomas Devereux war in Eile. Es gäre in Wales, hatte er seiner Braut und deren Familie
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