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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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am Vorabend berichtet, und er wolle so schnell wie möglich nach Hause. So nahmen sie nur einen raschen Imbiss, ehe die Pferde vor den Bergfried geführt wurden. Devereux’ Begleiter – zwei junge Verwandte, die in seinem Dienst standen – waren bereits aufgesessen.
    Julian sah zum Himmel. »Ich fürchte, das Wetter wird nicht halten, Devereux«, sagte er seinem Schwager. »Ihr seid herzlich eingeladen, in meinem Haus in London zu übernachten. Es ist nicht übermäßig komfortabel, aber ein Dach über dem Kopf.«
    »Danke, das ist nicht nötig. Ich habe selbst ein Haus in London, Mylord.« Es klang eine Spur gereizt, argwöhnte Blanche. Vielleicht war ihr Gemahl ein wenig empfindlich und missverstand Julians freundschaftliches Angebot als adlige Gönnerhaftigkeit.
    Sie umarmte erst ihre Mutter, dann ihren Bruder. Für einen Moment gestattete sie sich, dem Schmerz über die Trennung von Waringham und ihrer Familie nachzugeben, kniff die Augen zusammen und presste das Gesicht an Julians Brust. »Leb wohl, Bruder.«
    Er musste sich räuspern. »Leb wohl, Schwester.« Er legte die Hände auf ihre Wangen, hob ihr Gesicht und sah ihr in die Augen. Dann küsste er ihr die Stirn, ließ sie beinah abrupt los und streckte Devereux die Hand entgegen. »Wenn Ihr nicht anständig zu ihr seid, bring ich Euch um, Schwager.«
    Es war die Art scherzhafter Bemerkung, die Bruder oder Vater der Braut bei Hochzeiten üblicherweise machten, nur meinte Julian es todernst, wusste Blanche. Doch Devereux schlug ein und entgegnete mit einem Lächeln: »Ihr werdet von meiner Gemahlin gewiss keine Klagen hören, Mylord.« Er reichte Blanche den Arm. »Wollen wir, Madam?«
    Blanche musste sich einen kleinen Ruck geben. Dann legte sie die Hand auf seinen Ellbogen und ließ sich zu ihrer Stute führen. Galant half Devereux ihr beim Aufsitzen, ehe er sich selbst in den Sattel schwang.
    Die Eskorte ließ ihnen höflich den Vortritt, damit nicht Devereux und seine junge Gemahlin in dem Staub reiten mussten, den ihre Pferde aufwirbelten, und Seite an Seite ritt das Brautpaar aus dem Tor. Blanche gelang es eine Weile, sich zusammenzunehmen. Doch als sie die kahle Kuppe des Mönchskopfes erreichten, erlebte sie, wie es Lots Frau ergangen war: Die Versuchung, zurückzuschauen, war einfach zu gewaltig, um ihr zuwiderstehen. Also wandte sie den Kopf und ließ einen letzten Blick über Burg und Gestüt schweifen, ehe sie Richtung Dorf hügelabwärts ritten.
    »Erzähl mir nicht, dass du diesen hässlichen grauen Kasten vermissen wirst«, sagte Devereux amüsiert.
    Blanche lächelte ihn an. »Du hast Recht. Es ist ein hässlicher Kasten. Aber ich habe dort eine behütete und glückliche Kindheit verbracht. Meistens jedenfalls. Darum bin ich ein bisschen wehmütig.«
    »Du solltest dich lieber glücklich preisen, ein so warmes Nest gehabt zu haben«, entgegnete er.
    Blanche nickte. »Ich weiß.«
     
    Ihr Bruder hatte sich nicht getäuscht, was das Wetter betraf. Kurz hinter Rochester begann es zu nieseln. Ein ungemütlicher Wind kam auf, und Devereux wies einen seiner jungen Vettern an, Blanche seinen Mantel zu geben. Sie wollte abwehren, doch ihr Gemahl bestand darauf, und legte ihr den Umhang, der länger und wärmer war als ihr eigener, sorgsam um die Schultern.
    Als sie über die London Bridge kamen, fing es ernsthaft an zu regnen, aber es war nicht mehr weit bis zu Devereux’ Haus in der Vintry: eine Kaufmannsvilla in bester Flusslage, die bis vor zehn Jahren einem Weinhändler gehört hatte. Devereux hatte sie gemeinsam mit seinem Bruder gekauft, denn wer nicht als hoffnungsloser Hinterwäldler gelten wollte, brauche heutzutage ein Haus in London, erklärte er Blanche. Die Devereux hatten den gut gefüllten Keller kurzerhand mit erworben und den lukrativen Handel mit französischen Weinen fortgeführt.
    »Jeder Engländer, der es sich leisten kann, trinkt französischen Wein«, belehrte Sir Thomas seine Braut beim Nachtmahl, das sie allein in einer elegant eingerichteten Halle einnahmen. Den beiden jungen Vettern war zu Blanches Befremden befohlen worden, mit dem Gesinde in der Küche zu essen. »Egal ob Krieg oder kein Krieg. Es ist ein krisensicheres Geschäft. Wir importierenpreiswerten, jungen Wein aus Bordeaux, den inzwischen selbst die einfachen Leute in London alle Tage trinken, aber auch edlere burgundische Tropfen, vor allem aus Beaune.« Und weil Blanche sich nicht sogleich beeindruckt zeigte, fügte er vielsagend hinzu: »Das ist der

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