Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
sich über den Kopf zog, sodass sie nur noch im knielangen Hemd vor ihrem Gemahl stand.
Er betrachtete sie, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Als sie ihm einen verstohlenen, unsicheren Blick zuwarf, machte er eine auffordernde Geste. »Nur weiter. Ich will sehen, ob genug an dir dran ist, um mich für die magere Mitgift zu entschädigen.«
Blanche zog eine Braue in die Höhe. »Das Ausmaß deines Taktgefühls beweist, dass die Devereux schon seit mindestens zwei Generationen nicht mehr mit den Schweinen aus dem Koben fressen, mein Gemahl.« Wie so oft waren die Worte heraus, ehe sie die Folgen überdacht hatte.
Devereux’ Augen verengten sich. »Den adligen Hochmut werd ich dir austreiben, mein Täubchen«, versprach er, seine Stimme so eigentümlich leise, dass es sie schauderte.
Er packte sie am Arm und schlug sie mit dem Handrücken ins Gesicht – so schnell, dass Blanche eines sofort klar wurde: Ihr Mann hatte diesbezüglich keine Hemmungen, die es zu überwinden galt. Der Schlag war hart genug, dass sie zur Seitetaumelte, aber sie fiel nicht, weil Devereux sie weiter am Arm gepackt hielt. Blut lief ihr aus der Nase.
Sie fühlte seine großen Hände, die sich durch das dünne Leinen auf ihre Brüste legten, dann riss der Stoff, und die Fetzen ihres Hemdes gingen zu Boden. Jetzt hatte er freie Bahn, und wieder legten sich seine schwieligen Hände auf ihre Brust. Ein halb zufriedenes, halb spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen. Blanche schloss die Augen.
Mit einem unsanften Stoß beförderte er seine Braut rückwärts aufs Bett. Blanche wollte zurückweichen, aber er klemmte sie mit dem linken Knie ein, während er Obergewand und Wams abstreifte und seine Hosen aufschnürte. Dann riss er sie am Oberarm hoch und rüttelte sie. »Schau mich an.«
Blanche öffnete die Lider.
Sein Gesicht war ihrem viel näher, als sie geahnt hatte. Trotz der schwachen Beleuchtung konnte sie jedes rote Äderchen auf seiner großporigen Nase erkennen. Plötzlich war Devereux ihr widerlich, sodass sie nur mit Mühe einen Laut des Abscheus unterdrückte.
»Ich habe auf den ersten Blick gesehen, dass du ein verzogenes Edelfräulein ohne Respekt bist. Weil heute unsere Hochzeitsnacht ist, werde ich Nachsicht üben. Aber es ist das erste und letzte Mal.« Er nahm seinen Gürtel, der sein Surkot gerafft hatte, von der Bettdecke und zeigte ihn ihr. »Wenn du mir noch einmal mit einer hochnäsigen Bemerkung kommst, mir widersprichst oder es in irgendeiner anderen Weise an gottgefälligem Respekt für deinen Gemahl fehlen lässt, dann wirst du es bitter bereuen. Hast du mich verstanden?«
Blanche starrte ihn an und nickte. Sie brachte einfach keinen Ton heraus. So erbärmlich ihre Furcht ihr auch erschien, hatte diese sie doch gänzlich sprachlos gemacht.
Devereux lächelte, und ein Funkeln trat in seine Augen, das man für Wärme hätte halten können. »Gut.« Mit dem Daumen wischte er das Blut fort, das von der Nase bis zu ihrem Mundwinkel gelaufen war. Dann drückte er sie in die Kissen zurück und ließ den Blick geruhsam über sie wandern. »Gott, du bistwirklich ein schönes Kind«, murmelte er mit einem zufriedenen Seufzer.
Warum sagst du nicht meinen Namen?, fragte sie sich. Er hatte sie noch kein einziges Mal beim Namen genannt.
»Wir werden schon lernen, uns zu verstehen.« Er sprach beschwichtigend, legte die großen Hände auf ihre Knie und schob sie auseinander. »Jetzt sei eine gefügige Braut. Hab keine Angst. Ich tu dir nicht weh.«
Es war die erste von vielen Lügen.
Carmarthen, August 1456
»Julian!«, rief Edmund Tudor und kam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. »Willkommen in Wales.«
»Danke.« Sie umarmten sich – ein wenig brüsk, wie sie es immer taten –, und über Edmunds Schulter ließ Julian einen verstohlenen Blick durch den Hof und die gewaltige Mauer hinauf schweifen. Nie zuvor hatte er eine so trutzige, abweisende Burg wie Carmarthen gesehen. Waringham Castle nahm sich im Vergleich dazu wie eine Gartenlaube aus. Er wies auf die drei Ritter, die ihn begleiteten. »Ich bin nicht sicher, ob ihr euch kennt: Mein Cousin Algernon Fitzroy, Lucas Durham of Sevenelms und Frederic of Harley. Freunde, dies ist der Earl of Richmond.«
»Willkommen, Sirs.« Edmund schüttelte drei schwerterprobte Pranken und machte aus seiner Erleichterung keinen Hehl. »Ihr kommt gerade recht.«
»Zwei Dutzend Bogenschützen hab ich dir auch noch mitgebracht«, sagte Julian. »Mehr konnte ich auf die Schnelle
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