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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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wollte sie hin. Edmund würde sie aufnehmen, da war sie sicher, ganz gleich, was sie verbrochen hatte. Und vielleicht wusste er Rat.
     
    Für einen der Adler, die Blanche am Himmel über Wales sah, wäre der Weg von der Grenze nach Carmarthen nur fünfzig Meilen weit gewesen – etwa die Strecke, die ein erfahrener Reiter mit einem ausdauernden Pferd auf guten Straßen an einem Tag bewältigen konnte. Doch Blanche und Calliope irrten drei Tage und vier Nächte durch Wales. Das Land war dünn besiedelt.Nur schmale Pfade schlängelten sich durch die dichten Wälder und verzweigten sich häufig, sodass sie mehrmals die Orientierung verlor. Das Gelände war hügelig, wurde steiler und schwieriger, je weiter sie nach Westen vordrang. Am zweiten Tag schlug das Wetter um, wurde nass und ungemütlich, und nachts fror Blanche bitterlich in ihrem dünnen, zerrissenen Kleid. Wenn sie gelegentlich zu einem Dorf kam, fand sie die Menschen freundlich und hilfsbereit. Sie gaben ihr zu essen, einmal bekam sie gar Hafer für Calliope. Nur verstand sie kein Sterbenswort von dem, was die Bauern zu ihr sagten, und es beschämte sie, dass sie ihnen nicht einmal in ihrer Sprache für ihre Gaben danken konnte.
    »Carmarthen?«, fragte sie, wenn sie wieder aufbrach.
    Die Leute zeigten nach Westen.
     
    Am vierten Vormittag endlich kam sie über einen Hügelkamm und entdeckte im Tal ein Dorf, das offenbar vor kurzem einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen war, und auf einem weiteren, steilen Hügel erhob sich eine eherne Festung.
    »Das muss es sein, Calliope«, sagte sie voller Erleichterung. Ihr Magen knurrte. Am Morgen des vorherigen Tages hatte sie zum letzten Mal etwas gegessen, und es war nur ein altbackener Kanten Brot gewesen. Sie war nass bis auf die Haut, durchfroren und erschöpft, doch die Vorstellung, bald hinter sicheren Mauern und in der Gesellschaft von Freunden zu sein, mobilisierte ihre Reserven. Sanft stieß sie Calliope die Fersen in die Seiten. »Komm schon. Es ist nicht mehr weit.«
    Sie hatte ihr Hemd in Streifen gerissen und daraus ein notdürftiges Zaumzeug geknüpft, doch als es im leichten Galopp hügelabwärts ging, nahm Blanche sicherheitshalber eine Hand vom Zügel und hielt sich an Calliopes dunkler Mähne fest. Seit ihrer Kindheit war sie nicht mehr ohne Sattel geritten, und sie hatte keinen besonders guten Halt auf dem regenfeuchten Fell. Sie war so damit beschäftigt, nicht herunterzupurzeln, dass sie den Hufschlag hinter sich erst mit einiger Verspätung wahrnahm.
    Blanche spürte, wie ihre Nackenhaare sich sträubten, und riskierte einen Blick über die Schulter. Keine zwanzig Längen hinter ihr kamen drei Reiter den Pfad hinab. Der vordere trug eine teure Rüstung. Eine englische Rüstung, erkannte sie.
    Sie krallte auch die zweite Hand in die Mähne. »Lauf, Calliope. Um Himmels willen, lauf!«
    »Blanche of Waringham?«, hörte sie jemanden hinter sich rufen. Aber sie schaute nicht noch einmal zurück. Sie beugte sich vor, schmiegte sich an Calliopes Hals und spürte ihre treue Stute schneller werden.
    Auch der Hufschlag hinter ihr hatte sich beschleunigt. Blanche kniff die Augen zu und betete. Ich weiß, dass du mir nach meiner schrecklichen Sünde deine Hilfe wahrscheinlich versagen wirst, Gott, aber lass sie mich nicht kriegen. Lass sie mich nicht kriegen, ich flehe dich an …
    Nach gut hundert Schritten gabelte sich der Pfad. Der rechte führte in das niedergebrannte Dorf, der linke zur Burg hinauf. Zu spät merkte Blanche, dass Calliope den falschen Weg einschlug – Pferde liefen immer bergab, wenn sie keine anderslautende Order bekamen. Blanche packte den provisorischen Zügel mit beiden Händen und wollte Calliope herumreißen. Stattdessen war es der Zügel, der riss. Sie verlor das Gleichgewicht, rutschte nach rechts weg, landete hart auf der steinigen Erde, und Schmerz durchzuckte ihren Fußknöchel. Sie stöhnte, rollte sich auf den Bauch, legte die Arme um den Kopf und gab sich geschlagen.
    Ein Pferd wurde neben ihr zum Stehen gebracht. Ein schwer gerüsteter Mann landete federnd auf beiden Füßen und kam unter leisem Scheppern näher. »Seid Ihr Blanche of Waringham?«
    Na los, heb den Kopf, befahl sie sich. Nimm dich zusammen. Und fang ja nicht an zu heulen. Aber sie rührte sich nicht. Sie wusste nicht, wie sie dem ins Auge sehen sollte, was nun kommen würde.
    Plötzlich lagen zwei Hände auf ihren Schultern.
    Blanche stieß einen halb unterdrückten Laut des Schreckensaus und fuhr

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