Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
herum. »Finger weg! Gott verflucht , mein Fuß …« Sie klammerte die Linke um den rechten Knöchel.
Der Ritter kniete vor ihr. »Ist er gebrochen? Lasst mich mal sehen.«
»Ich sagte, Ihr sollt Eure Finger bei Euch behalten, Sir«, fuhr sie ihn scharf an.
»Bitte, wie Ihr wünscht.« Er nahm den Helm ab. »Aber vielleicht wollt Ihr mir erklären, was Ihr hier verloren habt, ganz allein im tiefsten Wales, warum Ihr ausseht wie eine entlaufene Hörige und wieso ihr ein blaues Auge habt.«
» Jasper Tudor ?«
Er deutete eine Verbeugung an. »Zu Diensten, Madam.«
»Oh Gott …« Blanche legte die Hände vors Gesicht und wandte den Kopf ab. Ihre Hände zitterten. »Oh Gott. Und ich dachte, sie hätten mich geschnappt …«
Jasper runzelte verwundert die Stirn. »Wer verfolgt Euch? Um Himmels willen, was ist Euch geschehen, Blanche?«
»Ich …« Sie ließ die Hände sinken und rang um Fassung. Als sie sie wiedergefunden hatte, sah sie ihn an. »Das ist eine lange, unerfreuliche Geschichte, Mylord. Ich bin auf der Flucht. Vor dem englischen Gesetz, wenn Ihr es genau wissen wollt.«
Seiner Miene war nicht anzusehen, was er davon hielt. »Dann seid Ihr in Wales genau richtig«, war alles, was er sagte.
Blanche lächelte müde und nickte. »Ich will nach Carmarthen.« Sie wies auf die Burg. »Zu Eurem Bruder.«
»Leider ist Edmund nicht auf Carmarthen. Jedenfalls behauptet Walter Devereux das.«
Der Name fuhr Blanche durch Mark und Bein. » Devereux ?« Ihr unversehrtes Auge wurde groß und starr, und die Panik wollte sie wieder überfallen.
Jasper sah ihr einen Moment ins Gesicht. Nach einem winzigen Zögern streifte er die Handschuhe ab und ergriff Blanches zitternde, eiskalte Rechte mit beiden Händen. »Nur die Ruhe, Lady Blanche. Was immer Euch geschehen ist, jetzt seid Ihr in Wales und steht unter meinem Schutz. Wenn Ihr gestattet,bringe ich Euch auf meine Burg in Pembroke, und dort seid Ihr sicher.«
Schon von seinen Worten fühlte sie sich besser. Die Stimme klang warm und tief, er sprach bedächtig, und sein walisischer Akzent hatte etwas tröstlich Bodenständiges. »Ich glaube, ehe Ihr mir Euren Schutz gewährt, solltet Ihr erfahren, was ich getan habe, Mylord«, antwortete sie untypisch kleinlaut.
Er schüttelte den Kopf. »Meinen Schutz gibt es heute gratis«, erwiderte er, und beinah lächelte er dabei. »Ohne Bedingungen, meine ich. Da Ihr offensichtlich mit den Devereux aneinandergeraten seid, stehen wir ohnehin auf derselben Seite. Ich schlage vor, wir verschwinden jetzt von hier. Es ist ungemütlich, und es muss ja nicht sein, dass wir mit einer von Devereux’ Patrouillen zusammenstoßen.«
»Nein, wirklich nicht«, stimmte Blanche zu.
Jasper pfiff leise durch die Zähne, und als seine beiden Begleiter daraufhin aufschauten, winkte er sie näher. »Madog, fang den Gaul der Dame ein und bring ihn her. Und du reitest ein Stück den Burghügel hinauf, Lionel, und vergewisserst dich, dass es am Tor ruhig ist.«
Mit einem »Ja, Mylord« verschwanden sie.
»Ein Waliser und ein Engländer?«, fragte Blanche erstaunt.
Jasper nickte. »Das ist in Pembrokeshire nichts Ungewöhnliches. Nirgendwo leben Waliser und Engländer so friedlich zusammen wie dort. Vermutlich gefällt meine Grafschaft mir deswegen so gut. Darf ich mir Euren Fuß ansehen, Lady Blanche, oder werdet Ihr mich dann wieder anfahren?«
Blanche verbiss sich mit Mühe ein Lachen. »Ich hab Euch doch hoffentlich keine Angst gemacht, Mylord?« Einladend wies sie auf ihren Knöchel. »Er pocht nur noch ein bisschen.«
Doch als Jasper behutsam ihren derben Schuh aufschnürte, flammte der Schmerz wieder auf, und Blanche hielt die Luft an.
Er sah ihr kurz ins Gesicht und nickte. Vorsichtig streifte er den Schuh ab und befühlte den Knöchel. »Glatt durch, würde ich sagen. Keine große Sache. Aber wir müssen ihn bandagieren. Ich brauche Euren Unterrock, fürchte ich, Madam.«
»Mein Unterrock ist schon zweckentfremdet«, erklärte sie ungeniert. »Hier.« Sie wickelte das verhasste Tuch von ihrem Kopf und drückte es ihm in die Finger. »Ich glaube, das brauche ich vorläufig nicht mehr.« Zum ersten Mal seit einem Jahr spürte sie Wind auf der Kopfhaut. Es war ein köstliches Gefühl. Selbst der Regen war ihr plötzlich willkommen.
Jasper zerriss das Tuch und bandagierte ihr mit den Streifen den Fuß.
»Was soll das heißen, Edmund ist nicht in Carmarthen?«, fragte sie. »Ich habe etwas anderes gehört.«
»Vor einem Monat
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