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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sehen. Offenbar hatte sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet, dass einer der Gefangenen die Pest hatte. Alle hatten sich in Sicherheit gebracht.
    »Wo soll ich nur hin?«, murmelte Julian ratlos, nahm das Pferd am Zügel, strich ihm beiläufig über die Nüstern und machte sich auf den Weg. Die Torwachen hielten sich einen Ärmel vor Mund und Nase und sahen ihm schweigend nach, die Gesichter verfroren, die Augen feindselig.
     
    Der Pfad hügelabwärts war schlammig und glitschig. Halb fuhr, halb rutschte der Karren dem Tal entgegen. Das Dorf lag voraus zur Linken, aber nur bei zwei Häusern stieg Rauch aus dem Kamin, und kein Mensch war zu sehen. Vielleicht waren die meisten fortgezogen, nachdem Devereux und Herbert ihre Hütten niedergebrannt hatten. Einen Steinwurf von den ersten Ruinen entfernt blieb Julian stehen und wischte sich den Regen aus den Augen. »Jesus, hilf mir doch. Ich brauche einen Priester.«
    Hinter einem der verkohlten Gerippe kam ein Mann mit einer äußerst störrischen Ziege an einer Leine zum Vorschein. Er war groß und hager und in einen grauen Mantel mit Kapuze gehüllt. Diese schlug er nun zurück, blieb stehen und sagte: »Ihr habt einen gefunden.«
    Als er näherkommen wollte, hob Julian warnend die Hand. »Ich habe einen Pestkranken hier, Vater.«
    Der Geistliche beschleunigte seine Schritte und zerrte die meckernde Ziege achtlos hinter sich her. Er streifte Julian mit einem anerkennenden Blick, dann beugte er sich über den Karren. »Oh, heilige Maria voll der Gnaden. Es ist Edmund Tudor.«
    Julian nickte wortlos. Plötzlich war er unfähig, sich längerzusammenzunehmen, und Tränen rannen über sein Gesicht. Er hoffte, der Priester werde sie nicht vom Regen unterscheiden können.
    »Kommt, mein junger Freund. Wir sollten ihn schnellstens ins Trockene schaffen. Wie ist Euer Name?«
    »Julian of Waringham, Vater. Aber wo sollen wir ihn hinbringen?«
    »Ins Kloster. Es ist nicht weit. Ich komme von dort.« Er band die Ziege hinten an den Karren. Dann nahm er ohne das geringste Zögern den Mantel ab und breitete ihn über Edmund, der erbärmlich schlotterte. »Ich bin Bruder Nicholas, und vor knapp einer Woche habe ich die Priesterweihe empfangen.« Er lächelte Julian an. »Die letzten drei Monate hatten wir keinen in unserem Haus. Priester, meine ich. Ist es nicht ein Wunder, wie der Herr es eingerichtet hat, dass ich nun hier bin, um diesem guten Mann den Weg ins Jenseits zu ebnen?«
    »Ich würde es ein Wunder nennen, wenn er ihn leben ließe«, entgegnete Julian bitter.
    Bruder Nicholas legte ihm kurz die Hand auf den Arm. »Ich weiß, es ist schwer, die gehen zu lassen, die wir lieben. Aber einen Priester habt Ihr Euch gewünscht, und einen Priester habt Ihr bekommen. Also preiset den Herrn, Julian of Waringham.«
    So viel Güte lag in seinem Blick, dass Julian wegsehen musste, um nicht zu einem Häuflein Elend zusammenzufallen. Er senkte den Kopf. »Gepriesen sei der Herr, dass ich ausgerechnet Euch gefunden habe, Vater Nicholas.«
     
    Das Franziskanerkloster von Carmarthen war ein schlichtes, aber gepflegtes Haus mit etwa zwanzig Fratres. Einige sprachen Englisch so wie Vater Nicholas, die meisten nur Walisisch, und es war das erste Mal, dass Julian mehr als nur ein paar Wortfetzen dieser Sprache hörte. Ihr melodiöser Klang gefiel ihm, auch wenn er keine Silbe verstand.
    Die Brüder kamen ihm vor wie Engel der Barmherzigkeit. Sie sahen es offenbar als persönliche Verpflichtung an, dass ihrOrdensgründer einer der Pestheiligen war. Furchtlos nahmen sie sich des Kranken an, brachten ihn in eine warme, helle Kammer, wuschen ihn, legten ihn in ein Bett mit reinen Laken und taten, was in ihrer Macht stand, um sein Leiden zu lindern. Der Prior ging hinauf auf die Burg, drohte Devereux und Herbert ewiges Höllenfeuer an und kehrte mit Edmunds und Julians Pferden, Waffen und übrigen Habseligkeiten zurück. Bruder Nicholas drängte Julian, sich auszuruhen, damit er wieder zu Kräften kam und keine leichte Beute für die Pest wurde, doch der junge Waringham hörte nicht auf ihn und gönnte sich nur hin und wieder ein paar Stunden auf einem Strohsack in einer der schlichten Mönchszellen, ehe er zu seinem sterbenden Dienstherrn zurückkehrte.
     
    »Welcher Tag ist heute?«
    Julian schreckte aus einem leichten Schlaf auf und fuhr sich über die blonden Bartstoppeln, während er überlegte. »Der erste November«, antwortete er dann.
    Edmund blinzelte langsam. »Allerheiligen

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