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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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zu haben, und vielleicht stimmte ja sogar das Gerücht, dass sie ihn vergiftet hatte und nicht eine Seuche schuld war an seinem Tod.
    Philipp gab Montefiascone auf, um in die deutschen Länder zurückzukehren. In Österreich war Leopold verwundert, ihn lebend zu sehen; anscheinend hatte das Gerücht ihn für tot erklärt wie seinen Bruder. Auch er wollte eine Bestätigung seines Lehens.
    »Die Steiermark bleibt selbstverständlich Euer.«
    »Und Österreich?«, hakte Leopold nach.
    »Österreich ist das Lehen Eures Bruders«, sagte Philipp, so würdig es ging, »und der befindet sich, soweit mir bekannt ist, wohlauf im Heiligen Land.«
    Es gab auf der gesamten Rückreise nach Hagenau keinen einzigen Fürsten, bei dem er unterkam, der nicht versuchte, eine Bestätigung oder Erweiterung seines Lehens zu erhalten; sie waren alle sehr unbefriedigt, wenn Philipp sie mit dem Hinweis abspeiste, noch nichts von der Kaiserin Konstanze gehört zu haben. Es wurde immer schlimmer. Er war noch keinen Tag in Hagenau, da traf Heinz von Kalden ein, der Reichshofmarschall seines Bruders und berühmteste Kämpfer im Reich. Es gab niemanden, der sich mit ihm im Zweikampf messen konnte, und manche Gegner zogen es vor, erst gar nicht anzutreten. Man sagte ihm nach, er könne einen Ochsen niederringen, und wer seine Muskelpakete sah, glaubte das. Eigentlich hätte Heinz der Feldherr des Kaisers im Heiligen Land sein sollen, doch da er als Ministerialer geboren war, weigerten sich die Fürsten, sich unter seinen Befehl zu stellen, so dass der Herzog von Brabant mit dem Oberbefehl und Friedrich von Österreich mit der Stellvertretung betraut wurde. Dies hatte Heinz jedoch in die Lage versetzt, von allen Kreuzfahrern als Erster zurückzukehren, das und der Umstand, dass er durchaus imstande war, Menschen allein durch seinen schieren Anblick zu allem zu überreden.
    »Euer Gnaden«, sagte Heinz von Kalden, »Ihr werdet die Krone selbst beanspruchen müssen. Auf die Kaiserin und ihren Sohn können wir nicht rechnen. Sie wird in Sizilien bleiben, ganz gleich, was Ihr noch für freundliche Botschaften an sie schickt. Ich kenne sie: Eisen in weiblicher Form.«
    Es war nicht so, dass Philipp der Gedanke bisher nicht gekommen war, doch er hatte alles versucht, um ihn nie zu Ende zu denken. »Ein heiliger Eid ist ein heiliger Eid. Ich habe ihn genauso geschworen wie Ihr und alle anderen Fürsten.«
    »Unsinn«, sagte Heinz von Kalden grob. Obwohl er auch für seine Offenheit berüchtigt war, wusste Philipp, dass er mit Kaiser Heinrich nie so gesprochen hätte. »Mit Verlaub, Euer Gnaden, Ihr seid als Kleinkind an Gott verlobt worden, und diesen Eid hat der Heilige Vater im Handumdrehen aufgelöst, als es ihm und Eurem Bruder genehm war. Ihr habt auch nie den Eindruck gemacht, als ob Ihr deswegen ein schlechtes Gewissen hättet. Ist auch nicht nötig, denn wir brauchen jetzt hier im Reich einen erwachsenen Staufer, zum Teufel.«
    »Ihr meint, Ihr braucht ein Siegel, das Ihr auf Eure Landesurkunden drücken könnt, damit sie gültig bleiben«, sagte Philipp scharf, um Heinz zu erinnern, mit wem er sprach.
    »Das auch«, sagte der Reichshofmarschall ungerührt. »Aber vor allem brauchen wir einen gekrönten Herrscher, denn wenn es erst allen Fürsten hier im Land bewusst ist, dass es keinen gibt, dann gnade uns Gott. Vor allem, wenn die Kerle, die sich jetzt noch im Heiligen Land befinden, dort immer noch um den Oberbefehl streiten, anstatt hier mit der richtigen Wahl für Ordnung zu sorgen.«
    Philipp war gerührt und begeistert gewesen, seine Gemahlin schwanger vorzufinden, doch jetzt betrachtete er ihren gewölbten Leib und dachte dabei an das unbekannte Kind in Sizilien. Welchen größeren Verrat konnte es geben, als einem Kind das väterliche Erbe zu nehmen? Als er dergleichen laut aussprach, überraschte ihn Irene mit ihrer Antwort.
    »Er hat noch immer das Erbe seiner Mutter, das Königreich Sizilien. Außerdem ist doch eure deutsche Krone hier kein Erbe, sondern etwas, das man durch Wahl erhält. Wenn die Fürsten dich wählen, mein Gemahl, dann bist du der rechtmäßige König.« Seine Gedanken an Ehre und Familienpflichten mussten wohl auf seiner Stirn geschrieben sein, denn sie seufzte und fuhr fort: »Eine jede Mutter kämpft für ihr Kind. Wir haben eine lange Geschichte in Byzanz, und derjenige, der versuchte, für seinen Neffen zu regieren, nahm oft ein blutiges Ende. Ich … ich will nicht erneut Witwe werden, Philipp. Ich will nicht

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