Das Spiel der Nachtigall
und ob dieser neue Heilige Vater nicht begeistert ob der Aussicht sein würde, es nicht mehr mit den Staufern zu tun zu haben, deren Länder im Süden und Norden fast bis zur Pforte des Kirchenstaats reichten. Ein Berthold von Zähringen hatte dagegen keinen Anspruch auf das Königreich Sizilien und auch keinen Wunsch, dem Papst durch die Anwesenheit deutscher Macht auf italienischem Boden Magenschmerzen zu bereiten.
»In Wien hat mir einmal jemand die Geschichte vom Augiasstall erzählt«, sagte Walther. »Er war so mit Mist und Dreck gefüllt, dass niemand glaubte, er könne je gereinigt werden, doch es war eine der zwölf Aufgaben des Herkules, genau dies zu tun. Statt jedoch die Mistgabel selbst zu schwingen, lenkte der Held einen Bach in den Stall um, und all der Schmutz wurde weggespült.«
»Ihr müsst entschuldigen, Herr Walther, doch ich bin heute nicht in der Stimmung für Gleichnisse.«
»Für jede noch so schwierige Aufgabe gibt es eine einfache Lösung, Euer Gnaden.«
»Warum nur«, sagte Philipp und wünschte sich, sein Bruder Heinrich hätte bessere Ärzte in seinem Heer dabeigehabt, »habe ich das Gefühl, dass die einfache Lösung, die Euch vorschwebt, etwas mit Euch zu tun hat?«
»Weil sie sonst jeder andere vorschlagen könnte«, entgegnete Walther und grinste, doch er sagte nichts weiter, was Philipp überraschte, bis er begriff.
»Ihr werdet in mir einen milden Fürsten finden«, versprach er, »wenn Euer Rat tatsächlich ein klärender Strom sein sollte, der allen Schmutz hinwegspült.«
»Das freut mich sehr«, sagte Walther, »denn ich bin ein armer fahrender Sänger, der schon lange nicht mehr in einem angenehmen Bett geschlafen hat, sondern nur auf Strohballen. Wenn ich mir vorstelle, in einer herrlichen Kaiserpfalz wie dieser ein Lager wie ein Ministerialer zu genießen …«
Philipp hob eine Augenbraue. »Nun, das lässt sich einrichten. Von mehr als einem Federbett träumt Ihr nicht?«
»Doch, Euer Gnaden, nur sind meine Träume daran gebunden, ob Ihr mein Wasser für Euren Augiasstall auch wählt.«
Am Ende stimmte Philipp einer Summe Silber und einigen Bögen Pergaments zu und hörte im Gegenzug Walthers Vorschlag, als Sänger die verschiedenen deutschen Fürsten aufzusuchen und ihnen unauffällig Philipps Aufforderung zu einer erneuten Wahlversammlung zu unterbreiten, von der Bischof Adolf so spät wie möglich erfahren sollte. Er dachte darüber nach und schüttelte den Kopf.
»Herr Walther, es ist wirklich ehrenvoll, dass Ihr Euch so für mich in die Bresche werfen wollt, aber ich kann die ganze Last der Verhandlungen unmöglich auf Eure schmalen Schultern legen. Es würde in der zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht umzusetzen sein.« Er mochte in einem Kloster aufgewachsen sein, doch so naiv, einem einzigen Mann zu vertrauen, der mit ihm weder verwandt war noch sein geschworener und bewährter Vasall, wäre er selbst als Kind nie gewesen. Die Idee, die ihm Walther unterbreitete, war gut, aber er würde verschiedene seiner Getreuen losschicken. Allerdings hatte man Philipp auch in der Kunst des Ablehnens unterwiesen, und er hatte das Lied von Frankfurt noch zu gut in Erinnerung, um sich Walther unnötig zum Feind machen zu wollen. »Es gibt allerdings zwei Dinge, die Ihr, nur Ihr, für mich tun könnt, und tut Ihr sie, dann sollt Ihr mich als einen dankbaren und freigebigen Fürsten finden.«
»Habe ich Euch je anders gefunden?«, fragte Walther, doch obwohl sein Mund lächelte, blieben seine Augen sehr ernst, beinahe bitter.
»Wenn Volk und Edle erfahren, dass ich mich zur Wahl stellen lasse, wird so mancher mich der Treulosigkeit an meinem Neffen bezichtigen. Ich werde meine Gründe in einem Erlass bekanntgeben, doch Erlasse gehen oft zum einen Ohr hinein und zum anderen hinaus. Ich habe Hoffnung, dass es bei Euren Liedern anders sein wird.«
Um Walthers Lippen zuckte es. »Es geschieht nicht oft, dass ein König einem Sänger schmeichelt.«
»Es ist Euch immer noch nicht geschehen«, sagte Philipp, »da ich derzeit nicht mehr und nicht weniger als ein Herzog bin.« Diesmal sah er Respekt und aufrichtige Belustigung in der Miene des Sängers und die Erkenntnis, dass er seine eigenen Möglichkeiten doch vielleicht etwas überschätzt hatte.
»Und was ist das Zweite, das ich für Euch tun kann, Euer Gnaden?«
»Reist für mich nach Köln. Wer in den nächsten Wochen dorthin Gesandte schickt, wird planen, an der Wahl teilzunehmen, die Erzbischof Adolf
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