Das Spiel der Nachtigall
wurden gewählt, von Fürsten, denen dieses Recht sehr wichtig war. Wenn man es ihnen nahm, was würde dann als Nächstes folgen? Ein herrliches, blühendes Erzbistum wie Köln würde nicht bedeutender sein als andere, wenn sein Erzbischof nur einer von mehreren Erzbischöfen im Reich war, statt derjenige, dessen Recht es war, deutsche Könige zu krönen, die dadurch zu Kaisern wurden und zu Beschützern der heiligen Kirche. Nein, solche Pläne durfte Adolf als guter Christ nicht zulassen, nachdem die Staufer bewiesen hatten, dass sie nicht Diener, sondern Herren der Stellvertreter Christi sein wollten.
Seine Kaufleute, die Adolf beträchtliche Summen für seine Repräsentationspflichten borgten – denn gehörte es nicht zu seinen Pflichten, dem Bischofssitz Glanz zu verleihen? –, waren der gleichen Ansicht. Auch sie hatten die Nachricht von Heinrichs später Vaterschaft mit großem Bedauern gehört und Adolf ihre Bewunderung für seine felsenfeste Stellung gegen die Zumutung, ein Kind zum König zu krönen, ausgesprochen. Sie hatten ihn auch in Verbindung mit einem Amtsbruder gebracht, den er eigentlich nicht so sehr schätzte. Alles an Wolfger von Erla, dem Bischof von Passau, war Adolf verdächtig. Angefangen damit, dass der Mann jahrelang als weltlicher Ritter lebte, verheiratet war und Kinder in die Welt setzte, statt die geistliche Laufbahn wie Adolf als Kind zu beginnen. Außerdem liebäugelte Wolfger schamlos mit dem Patriarchenstuhl von Aquileja, ein Amt, das ihn innerhalb der Kirche über jeden Erzbischof erheben würde. Und er war kein Mann klarer Worte, kein Mann eindeutiger Freundschaften wie Feindschaften. Wolfger gelang es, sowohl vom Kaiser als auch vom Papst geschätzt zu werden, und selbst sein Streit mit den Herzögen von Österreich um den Status von Wien änderte nichts daran, dass er stetig von beiden empfangen wurde.
Kurzum, man konnte Wolfger eine Menge vorwerfen, doch eines nicht: Er war kein Narr. Es musste ihm so klar wie Adolf sein, dass ein mächtigerer Kaiser und eine Erbmonarchie immer einflusslosere Fürsten bedeuten würde, weltliche und geistliche Fürsten; ganz zu schweigen davon, dass ein übermächtiger Kaiser wie einst Barbarossa versuchen würde, selbst die Papstwahl zu diktieren, und der Heilige Vater wiederum war der Stellvertreter Christi, dem alle Bischöfe gehorchen mussten. Daher war Adolf geneigt, den Ratschlag, den ihm Wolfger erteilte, nicht mit einem verächtlichen Schnauben abzulehnen. Im Gegenteil, er dachte darüber nach und sagte sich, dass es wohl wirklich besser war, sich geschmeidig zu geben und Krankheit vorzuschützen, statt den Kaiser vor den Kopf zu stoßen. Wolfger war es auch, der ihm die unschätzbare Nachricht zukommen ließ, dass der kleine Sohn des Kaisers noch nicht getauft war, was kirchenrechtlich ein Juwel für seine Argumente bedeutete.
Zweifellos hatte Wolfger seine eigenen Gründe. Adolf hielt sich für einen gutmütigen Mann, doch er war nicht so gutmütig, davon auszugehen, dass Wolfger allein von Sorge um die Kirche getrieben wurde. O nein, Wolfger träumte bestimmt davon, dass sein Schützling Philipp von Schwaben seinem Bruder nachfolgte. Ganz gewiss wollte er nicht mit der Kaiserin Konstanze um die Regentschaft für den kleinen Friedrich streiten. Jedermann wusste, was sie für eine unweibliche, harte Frau war, die sich sogar gegen ihren Ehemann erhoben hatte. Was würde sie erst Männern der Kirche antun, sollte sie die Macht dazu haben?
Adolf hatte nichts dagegen, sich von Wolfger als Waffe gebrauchen zu lassen, solange seine eigenen Wünsche auch bedient wurden. Ihm war aber klar, dass es damit aus und vorbei sein musste, wenn Kaiser Heinrich das tat, worum so viele Menschen den Allmächtigen anflehten, und er das Zeitliche segnete: Dann hatte sich zu zeigen, wer der Klügere war und wen Gott als bedeutendsten Bischof des Reiches sehen wollte. Wer das war, daran hegte Adolf nicht die geringsten Zweifel, also begann er, seine Pläne für den Fall der Fälle zu schmieden.
Am Ende verlief alles noch besser, als Adolf je gehofft hatte. Der Kaiser starb im Feldlager in Sizilien, während der übereifrige Wolfger bereits im Heiligen Land war, was bedeutete, dass der deutsche Klerus allein auf den Bischof von Köln schauen würde. Philipp von Schwaben saß in irgendeinem italienischen Nest fest, doch Adolfs Wunschkandidat war in der Nähe. Eigentlich musste er nur noch warten, bis genügend Fürsten für eine angemessene Wahl in Köln
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