Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
Übelkeit in seinem Magen verschwand, obwohl er die Augen nicht mehr abwandte, sondern direkt auf den Herzog starrte. Den Mann, der immer noch leise ächzte, aber nicht mehr fluchte, und dieses Stöhnen legte sich irgendwie zwischen Walthers Töne. Sein eigener Gesang ließ Walthers Blut schneller fließen. Gerade, als er sicher war, noch nie im Leben so gut vorgetragen zu haben, und meinte, so etwas wie Frieden in den Augen des Herzogs aufglimmen zu sehen, da kam der Bischof von Passau mit einem Diener und einem weiteren jungen Mann in das Gemach, wie ein Wind mit hastig angelegten Roben und betonter Wichtigkeit. Walther wurde wieder zu einem Teil des Gesindes, das sich in den Ecken herumdrückte, so kam es ihm jedenfalls vor, und seine Töne stolperten und verklangen. Dann befahl er sich, nicht töricht zu sein. Es war nur ein Lied gewesen, um einen Kranken abzulenken. Mehr hatte es auch nicht sein sollen. Und wer wollte schon immer das Zentrum der Aufmerksamkeit sein? Der Herzog war der Mittelpunkt, und gerade jetzt wollte Walther gewiss nicht mit ihm tauschen.
    Bischof Wolfger war ein großer Mann mit schlohweißem Haar, doch der Gestalt eines Reiters, der noch jedes Pferd bezwingen konnte. Anders als die meisten Kirchenmänner, die Walther gesehen hatte, trug er keine Haube, sein Gesicht war nicht fahl wie Hostien, sondern braun von Sonne und Wind. Seine Augen blitzten grau, aber ohne Zorn oder Mitleid. Er warf einen Blick auf das abgehackte Bein des Herzogs und trat näher.
    »Wie ich sehe, steht es schlecht um Euch, Euer Gnaden«, sagte er sachlich.
    »Ich will die Absolution«, entgegnete der Herzog unvermittelt.
    »Dazu müsstet Ihr erst beichten, und Ihr wisst, dass ich Euch die Beichte derzeit nicht abnehmen kann.«
    »Ihr wisst, was ich meine. Ich … Ihr müsst den Bann von mir nehmen. Wien bleibt weiter Teil Eurer Diözese, das schwöre ich Euch.«
    »Und ich freue mich, das zu hören«, entgegnete der Bischof unbeeindruckt. »Trotzdem kann ich den Bann nicht von Euch nehmen, ehe Ihr nicht die Bedingungen des Heiligen Vaters erfüllt.«
    Das war das Erste, was Walther über Verhandlungen mit dem Papst hörte. Der Hofklatsch hatte nichts darüber gewusst. Er schaute zu Reinmar, dessen Augen sich geweitet hatten. Also waren auch die Freunde des Herzogs davon ausgegangen, dass der Bischof nur wegen seiner Diözese-Angelegenheiten hier weilte.
    »Sehe ich aus, als ob ich bald wieder auf Kreuzzug gehen kann?«, ächzte der Herzog. »Um Christi willen, habt doch ein Einsehen.«
    Der Bischof zögerte. »Einer Eurer Söhne kann an Eurer statt gehen. Ich bin sicher, dass der Heilige Vater damit einverstanden wäre.«
    Walther blickte zu den beiden Söhnen des Herzogs. Leopold schaute geradezu begeistert drein und öffnete den Mund, wie um sich freiwillig zu melden.
    »Du bist noch viel zu jung, Bruder«, sagte Friedrich. »Ich werde gehen«, fügte er, an den Bischof gewandt, hinzu. »Sobald es meinem Vater bessergeht, versteht sich. Es wird mir eine Ehre sein, das Heilige Land an seiner statt zu besuchen.«
    »Dessen bin ich sicher«, erwiderte der Bischof nicht unfreundlich, »doch wenn Ihr ein Gelübde für einen Kreuzzug ablegen wollt, dann muss es gültig sein, ganz gleich, ob es Eurem Herrn Vater bessergeht oder nicht.«
    »Ihr seid die Nächstenliebe selbst, wie?«, stöhnte der Herzog.
    »Ich bin nicht derjenige, der Hand an einen Kreuzfahrer gelegt hat«, gab der Bischof ungerührt zurück. »Gut denn, Herr Friedrich wird an Eurer Stelle gehen. Ihr wisst, dass es noch andere Bedingungen gibt.«
    »Ich werde die Geisel gehen lassen. Hat mir ohnehin nichts genutzt, dass ich Richards Neffen an meinem Hof durchfüttere.«
    »Auch das freut mich zu hören, und König Richard wird es wohl noch mehr freuen. Aber Ihr wisst genau, auf welche Bedingung des Heiligen Vaters ich mich bezog.«
    »Das Geld, das Geld, immer das verfluchte Geld. Ich habe das englische Silber nicht mehr!«
    Die Miene des Bischofs wurde steinern. »Das ist eine Lüge, und Ihr wisst es. Ihr habt bei weitem nicht alles ausgegeben. Hängt Euer Herz mehr am Mammon als an Eurem Seelenheil, nun, da Gott Euch gezeigt hat, dass mit seinen Gesetzen nicht zu spaßen ist?«
    Walther warf Reinmar einen bedeutsamen Blick zu, den der ältere Sänger jedoch nicht auffing, da er betroffen auf seinen Freund und Gönner starrte.
    »Ich … ich habe nie … Ihr …«
    »Vielleicht sollten wir unter vier Augen darüber sprechen«, meinte der Bischof

Weitere Kostenlose Bücher