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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Mehrzahl der Fürsten, der andere vom richtigen Bischof am richtigen Ort, aber mit einer Kopie von Karls Krone, Apfel und Zepter. Einen bereits einmal gekrönten König ließ man sicher nicht im Besitz eines der reichsten Herzogtümer, wenn man selbst König sein und als rechtmäßig von allen weltlichen und geistlichen Fürsten anerkannt werden wollte.
    »Die Welt versinkt in Misstrauen«, seufzte Constantin. »Sogar die Kinder erfasst es.«
    Beide betrachteten Walther aufmerksam, Constantin und Stefan, und er hatte das Gefühl, dass er einer weiteren Prüfung unterzogen wurde; es war eine Anspielung, die er verstehen musste. An Philipps im letzten Jahr geborene Tochter dachten sie bestimmt nicht.
    Wenn man stolz auf seinen Verstand ist, dachte Walther, muss man ihn einsetzen. Kinder. Misstrauische Kinder. Von Bedeutung für Köln, oder Otto, oder beide. Wozu brauchte ein Fürst Kinder? Als Nachfolger. Legitime Kinder aus einer Ehe.
    »Herr Otto«, sagte Walther, einer vagen Vermutung nachgehend, »ist immer noch Junggeselle, wie? Ich muss sagen, das überrascht mich. Wir dachten doch alle, dass der Brabanter ihn zu seinem Schwiegersohn machen würde.«
    Die Kaufleute warfen sich einen Blick zu. Dann sagte Constantin: »Bis die junge Marie erwachsen ist, kann noch so manches geschehen. Vielleicht ist ihre Gesundheit nicht die stärkste. Sie scheint im letzten Jahr eine Ärztin gebraucht zu haben.«
    Etwas in Walther wurde kälter.
    »Und dann«, sagte Stefan, »begannen die Gerüchte, dass der Herzog von Brabant mehr als eine Tochter hat und sich vielleicht nicht nur einen welfischen Schwiegersohn wünscht. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Herr Otto nicht glücklich war, dergleichen zu hören, zumal eine Mitgift etwas ist, das man eben nur bei der Eheschließung erhält. Dass die Ehe auf einmal davon abhängig gemacht wurde, wann er überall im Reich als König anerkannt sei, war neu und nie vereinbart gewesen.«
    Constantin räusperte sich. »Herr Otto ist ein guter Fürst, doch seine englischen Verwandten sollen vom Teufel selbst abstammen, und manchmal, so scheint es fast, blitzt ein wenig von jener unseligen Erblast durch.«
    »Sollte ein guter Christ denn Nachkommen des Teufels auf den Thron verhelfen?«
    »Ihr vergesst«, sagte Stefan leise, »dass so mancher glaubt, dass keiner hier im Raum ein Christ ist, ob gut oder nicht … bis auf Euch, Herr Walther.«
    Constantin runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts. Walther war sich nicht sicher, wie er diesen Hinweis auf die Verwundbarkeit aufnehmen sollte, die Constantin und Stefan als getaufte Juden hatten; als Vertrauensbeweis? Als Herausforderung? Und was hatte das mit Judith zu tun?
    »Wir sind sehr vertraut mit der Angewohnheit von anderen guten Christen, sich Sündenböcke zu suchen«, fuhr Stefan fort. »Als nun Herrn Otto zu Ohren kam, dass er, wie Ihr Euch auszudrücken beliebtet, noch länger Junggeselle sein würde als beabsichtigt, da wünschte er sich sehr einen Sündenbock, und es lag nahe, wem er die Schuld geben würde.«
    »Wollt Ihr damit sagen«, unterbrach ihn Walther ungläubig, »Ihr habt Eure Nichte als Ärztin nach Brabant geschickt und sie dann Otto ausgeliefert?«
    Stefan schlug mit der Handfläche auf den Tisch, dass die Holzteller klapperten, auf denen die Stockfische lagen. »Ihr seid doch dümmer, als ich dachte«, sagte er scharf. »Der Staufer war es! Euer Staufer, dem offensichtlich nicht daran gelegen ist, die rechte Hand wissen zu lassen, was die linke tut. Und es ist ihm sehr daran gelegen, Werkzeuge loszuwerden, die er nicht mehr braucht. Ihr wollt wissen, was aus meiner Nichte geworden ist? Dann kehrt zu Philipp zurück und findet es heraus. Wem, glaubt Ihr wohl, hat es genützt, dass die Brabanter auf einmal ein doppeltes Heiratsspiel betreiben können? Eurem jungen Mann, den die Kronjuwelen so anlachen in Eurem Lied, nicht Otto!«
    Constantin legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Mein Freund, du weißt nicht, was geschehen ist. Gewiss geht es deiner Nichte gut.«
    »Ich weiß, dass sie es gewesen ist, die Marie von Brabant behandelt hat«, sagte Stefan bitter. »Jutta aus Köln! Sie hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, ihren Namen zu verbergen. Ich weiß auch, dass sie danach vom Angesicht der Erde verschwunden ist!« Er wandte sich Walther zu. »Und Ihr seid schuld«, sagte er mit echten Tränen in den Augen. »Ihr habt ihr von der Byzantinerin und ihrer Schwangerschaft erzählt. Ihr habt ihr

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