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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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während sie ihre Gedanken ordnete. »Ihr meint, außer dem offensichtlichen?«
    »Ja«, sagte die Markgräfin ungeduldig, »außer dem. Ich weiß nicht, ob ich mich immer genügend zurückhalten kann … gerade heute nicht.« Sie packte Judiths Hand. »Was auch immer ich Euch sage, ist wie zu einem Beichtvater gesprochen, so ist es doch bei einem Medicus, nicht wahr?«
    »Wir schwören alle einen Eid«, bestätigte Judith.
    »Es werden Monate vergehen, bis ich meinen Gemahl wiedersehe«, sagte die Markgräfin. »Da kann ich es mir nicht leisten, schwanger zu werden. Er ist nicht der klügste Kopf, doch bis neun kann er zählen.«
    Einen Moment lang hoffte Judith, dass die Markgräfin ihr eröffnen würde, sie sei unter Philipps Gefolge dem Ritter ihrer Träume begegnet, ganz gleich welchem, solange es nicht Walther war. Doch selbst dann war sie nicht sicher, ob sie ihr Marias Rat bezüglich des sicheren Eingangs geben konnte.
    »Nun?«, hakte Jutta herausfordernd nach.
    Alles in Judith trieb sie an, sich hinter der christlichen Überzeugung zu verschanzen, nur Gott alleine dürfe über Empfängnis bestimmen, auch wenn sie das nicht glaubte. Oder sie könnte tadelnde Worte über Ehebruch sprechen, auch wenn ihr das nicht zustand. Wenn die Markgräfin sie davonjagen würde, was tat das? Sie war nicht auf deren Gunst angewiesen.
    Aber wenn sie Jutta nicht half, und sie wurde schwanger, dann konnte das kein gutes Ende nehmen. Entweder ihr Gatte fand heraus, dass er gehörnt worden war, und rächte sich an ihr, oder die Markgräfin ging zu einer Engelmacherin, was meist mit dem Tod endete.
    »Ihr habt wohl keine Zitrone zur Hand, oder?«, fragte Judith, und ihre Stimme krächzte, als wäre sie erkältet. Die Augen der Markgräfin verengten sich; sie schien sich zu fragen, ob sie verhöhnt wurde. Dann klärte sich ihr Blick wieder.
    »Hilft denn Zitronensaft? Ich habe von der Frucht gehört, doch im Leben noch nie eine gesehen.«
    »In Italien gibt es sie häufig«, sagte Judith. »Aus ihrer ausgepressten Schale lässt sich ein Werkzeug machen, das Ihr Euch einführen könntet. Doch ich glaube nicht, dass der Bischof und seine Küche mit Zitronen gesegnet sind.« Sie seufzte. »Avicenna empfiehlt, sich sofort danach aufzustellen, zu niesen und neunmal rückwärtszuhüpfen, damit der Samen abfließen kann, das und das Trinken von drei Unzen Basilikum vorher.«
    »Und das hilft?«, fragte die Markgräfin begierig.
    Mittlerweile brannte Galle in Judiths Kehle. Basilikum war auch gut, um die Lust zu fördern, aber sie weigerte sich, es der Markgräfin zu erzählen; bei ihr schien ohnehin keine Art von Lustförderung nötig zu sein. »Ich weiß es nicht aus eigener Erfahrung, Euer Gnaden, und würde vorsichtshalber noch Kohlblätter empfehlen. Kohl hat man uns gerade serviert, also sollte es in der Küche welchen geben.«
    »Aber wenn ich den Kohl doch schon gegessen habe …«
    »Ihr brauchtet die Blätter zum Einführen, Euer Gnaden.«
    »Ah, ich verstehe. Nun gut, dann besorgt mir das Basilikum und den Kohl, Magistra. Es soll Euer Schaden nicht sein.« Sie lachte, ihr gurrendes, hungriges Lachen. »Und meiner auch nicht, wie ich hoffe.«
    »Wie wäre es auch noch mit Kampfer?«, fragte Judith bissig, als ihre so sorgsam geübte Zurückhaltung schließlich nachgab.
    »Kampfer?«
    »Der Geruch des Kampfers gilt als sichere Möglichkeit, um das männliche Glied zu schwächen«, sagte Judith spitz. »Kaum hat er Kampferduft in seinen Leib gesogen, ist jeder Mann um seine Kraft betrogen. Verzeiht, aber ich fühle mich gerade einfach dichterisch inspiriert.«
    Der Mund der Markgräfin öffnete sich zu einem überraschten kleinen O, doch ehe sie mehr sagen konnte, verbeugte sich Judith rasch und verschwand.
    Bis sie die Küche erreichte, kochte sie vor Wut, ganz gleich, wie sehr sie sich sagte, dass es dazu überhaupt keinen Grund gab. Schließlich war sie nicht mit Walther verheiratet. Es gab überhaupt keine Schwüre zwischen ihnen. Wenn er mit sämtlichen Markgräfinnen des Reiches tändeln wollte, hatte er das Recht dazu. Was ging sie das an? Überhaupt nichts. Was kümmerte sie es? Nicht das Geringste.
    Aus irgendwelchen Gründen benahmen sich die Küchenjungen so, als hätten sie Angst vor ihr, und wichen hastig in alle Ecken zurück. »Wie viel Unzen Basilikum, sagtet Ihr?«, fragte der Koch mit leicht bebender Stimme. Vielleicht hätte Judith nicht eine der Pfannen auf den Herd schlagen sollen, um bei dem umgebenden Lärm

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