Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
beschreiben«, gab er zurück und spürte am ganzen Leib, wie sie lachte. Es wurde allmählich zu kühl, um draußen unter einem Baum zu liegen, aber er wusste, dass der Zauber in dem Augenblick gebrochen sein würde, in dem sie in die Feste und das Alltagsleben zurückkehrten, und gerade jetzt wollte er, dass die Ewigkeit nichts als dieser Moment war. Judith streckte die Hand aus und ließ sie spielerisch durch die Haare auf seiner Brust streifen, ehe sie mit Mund, Händen und ihren Brüsten jeden Fleck seines Körpers besuchte, wie um nachzuholen, was sie sich bisher hatte entgehen lassen. Seine Küsse, zärtlich und fordernd, dankten ihr und erkundeten sie ebenfalls aufs Neue. Schließlich hielt sie inne und flocht ein Blatt in sein Haar.
    »Rosmarin und Lorbeer«, sagte sie, »weil mir ein Vogel zugezwitschert hat, dass man bei den heidnischen Griechen und Römern so die Dichter krönte.«
    »Nur, wenn sie sehr, sehr gut waren«, murmelte er, legte einen Finger auf ihre Lippen und ließ seine rechte Hand von ihrer Brust zu ihrer Hüfte wandern.
    Judith richtete ihren Oberkörper auf, so dass sie nun in sein Gesicht schaute, während sie auf ihm lag. »Du«, sagte sie, nahm eine ihrer lockigen Haarsträhnen und kitzelte ihn damit unter dem Kinn, »bist einfach der eitelste Mann, den ich kenne.«
    »Ich meine nur, dass es mehr als eine Art und Weise gibt, mit der du mich auf dem Sterbebett wieder gesund machen kannst«, protestierte er. »Ich habe diese Überzeugung, dass Dichtung wie Liebe ist. Da, wo sie erwidert wird, ist sie am besten.«
    »Weißt du, ich glaube, das lässt sich medizinisch rechtfertigen«, sagte sie. Er rollte sie herum, um ihr noch einmal zu beweisen, dass sie beide recht hatten.
    Danach war es wirklich zu kalt, um noch weiter draußen zu bleiben. Bis sie beide vollständig bekleidet waren, fiel Walther ein, warum er sich während der Reise hatte zurückhalten müssen. Gewiss, sie würden bald nach Bamberg aufbrechen, und selbst, wenn der Bischof ebenfalls zu Philipp reiste, was er als Kanzler früher oder später tun musste, war nicht anzunehmen, dass er wieder Botho und seine Leute mitnahm; er hatte noch andere Dienstleute und Knechte. Doch es konnte trotzdem nicht schaden, Judith nicht zu offen als seine Geliebte zu behandeln, zumal, wenn ihr das Gerücht, von dem Markwart ihm erzählt hatte, Schutz verlieh.
    »Wusstest du, dass ein paar von den Leuten des Bischofs glauben, er hätte dich als Konkubine genommen?«
    »Was?«, fragte Judith entgeistert.
    »Nicht alle«, beeilte sich Walther hinzuzufügen. »Er hat wohl im Allgemeinen nicht den Ruf, im offenen Konkubinat zu leben.«
    » Ich würde mich niemals mit einem eurer christlichen Kleriker einlassen«, sagte Judith empört. »Und ich würde mich nie mit jemandem einlassen, dessen Ärztin ich bin. Für was für eine Frau halten die mich denn?«
    »Für eine Frau, die mich heiraten sollte, damit ihr Ruf nicht weiter gefährdet ist«, sagte Walther. Sie legte ihm eine Hand auf den Mund.
    »Lass uns heute nicht darüber reden. Bitte. Ich – ich werde darüber nachdenken, aber nicht jetzt.«
    Auch er wollte den Zauber der Nacht nicht zerstören, und so fielen sie in das vorsichtige, brüchige Schweigen, das von Anfängen und Enden wusste und nur nicht sagen konnte, wie das Leben dazwischen aussehen würde.

    Bei allem, was geschehen und nicht geschehen war, hielt sich Walther für verpflichtet, der Markgräfin Jutta wenigstens eine Erklärung für seine Abwesenheit zu geben, ehe er nach Bamberg weiterzog, denn sie hatte ihn an jenem Abend eindeutig wie nie eingeladen, und er hatte ihr den Eindruck gegeben, dass er dankbar dafür war und kommen würde.
    Es war für Walther eine neue Erfahrung. Er hatte sich schon oft entschuldigen müssen, aber noch nie für etwas, was er nicht getan hatte. Außerdem hatte er das unbehagliche Gefühl, dass sein Verhalten gegenüber Jutta unrecht war. Gut, sie war verheiratet, es gab keine Treueschwüre zwischen ihnen, doch er hatte sie benutzt, um Judith eifersüchtig zu machen; das war keine sehr ritterliche Haltung. Du bist kein Ritter, flüsterte es in ihm, du gibst es nur vor. Aber auch das war keine Hilfe.
    »Herr Walther«, sagte Jutta kühl, als er seine Verbeugung gemacht hatte, »was für eine Überraschung. Lasst mich raten. Ihr habt Euch in der Nacht plötzlich verkühlt? Nun, dann trifft es sich wahrlich gut, dass wir eine Magistra aus Salerno unter uns haben, nicht wahr?« Irgendjemand musste

Weitere Kostenlose Bücher