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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Bischof, in den Kopf setzt, nach Rom zu reisen, um Seine Heiligkeit vor Ort um sein Bistum zu bitten. Als sein treuer Mann sollte ich ihm davon doch eigentlich abraten, findet Ihr nicht? Wenn der Weg so gefährlich ist.«
    Erstauntes Schweigen setzte ein, weil keiner von ihnen wusste, was Botho damit sagen wollte. Keiner, bis auf Judith, die nach einer Weile meinte: »Herr Botho, als des Bischofs engster Vertrauter wisst Ihr bestimmt am besten, welche Unternehmungen gut oder schlecht für Seine Gnaden sind.«
    »Ich wünschte, ich wäre sein engster Vertrauter«, sagte Botho mit einem Seufzen. »Schließlich waren mein Onkel und er Waffenbrüder bei dem letzten Kreuzzug. Doch leider kam es dabei zu … zu Missverständnissen. Ich fürchte, der Bischof lässt sich deswegen davon abhalten, mir uneingeschränkt zu vertrauen.«
    »Oh, von dem Streit haben wir gehört, als die ersten Kreuzfahrer aus dem Heiligen Land zurückkehrten«, bemerkte Gilles aufgeräumt. »Wollte der Kanzler nicht den Kreuzzug ohne den Kaiser weiterführen, aber Euer Onkel sofort ins Reich zurückkehren?«
    »Mitnichten«, gab Botho scharf zurück. »Mein Onkel hatte bereits seinen Stolz für die gute Sache geopfert, indem er seinen Anspruch auf den Oberbefehl an Hans von Brabant weitergab – trotz der unwürdigen Hetze auf dem Weg ins Heilige Land, weil mein Onkel manchem Edlen nicht hoch genug geboren ist. Als der Kaiser dann in Messina starb, da war es beiden klar, meinem Onkel und dem Kanzler, dass ihre oberste Pflicht darin bestand, die Nachfolge zu sichern.«
    »Worin bestand dann das Missverständnis?«, kam Walther nicht umhin, zu fragen.
    »Gebt Gott, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist«, zitierte Botho aus der Heiligen Schrift. »Als Mann der Kirche sah der Kanzler das natürlich genau in dieser Reihenfolge, nicht gleichgewichtig, aber mein Onkel hat bei Markus und Lukas nachgelesen und festgestellt, dass dort zuerst der Kaiser und dann Gott genannt wird. Darüber stritten die beiden. Als Mann weltlichen Standes setzte mein Onkel seine Pflicht dem Reich gegenüber an erste Stelle. Unser Herr Bischof besitzt eben manchmal nicht genügend Sinn für das Weltliche. Deswegen braucht er auch Männer wie mich.«
    »Dann ist es ja gut, dass er Euch hat«, sagte Judith begütigend.
    Botho ließ sein Pferd etwas langsamer gehen und musterte sie. »Um ein guter Diener meines Herrn zu sein und ihn vor unangemessenen Nebensächlichkeiten zu schützen, sollte ich über alles Bescheid wissen, was ihn betrifft, Magistra.«
    Judiths Miene wurde eisig. »Wenn Ihr wissen wollt, ob ich ein unlauteres Verhältnis zu Bischof Konrad unterhalte, so lautet die Antwort nein.«
    Markwart schaute anklagend zu Walther, denn er konnte sich denken, wer Judith von dem Gerücht erzählt haben musste. Gilles blickte einfach nur verblüfft. Walther wünschte sich, sie wäre nur einmal in ihrem Leben etwas unehrlicher, denn es wäre durchaus nützlich, wenn Botho zumindest bis Bamberg noch an dieses Märchen glaubte. Botho jedoch stutzte, dann warf er den Kopf zurück und lachte in aufrichtiger Erheiterung.
    »Nein«, sagte er und wischte sich die Tränen aus den Augen, »nein, daran habe ich weiß Gott nicht gedacht. Ich habe durchaus meine Gründe, an die Enthaltsamkeit unseres Bischofs zu glauben.«
    »Danke«, murmelte Judith, so leise, dass man sie kaum hörte, und wenn sie noch mehr zu sagen hatte, dann schluckte sie es hinunter.
    »Woran ich ebenfalls glaube«, sagte Botho, und die Belustigung in seiner Stimme schwand völlig, »ist, dass Ihr manchmal Empfehlungen aussprecht, deren Folgen auf den ersten Blick nicht zu ersehen sind. Also, habt Ihr etwas von dem Bischof gehört, das ich wissen sollte?«
    »Sagt Euch denn der Bischof nicht alles, was Ihr wissen wollt?«, entgegnete Judith, die etwas errötet war. Walther trieb sein Pferd näher an Gilles heran, um ihm einen warnenden Rippenstoß zu versetzen.
    »Ich habe Euch gerade auseinandergesetzt, dass es Dinge gibt, die ich um seiner selbst willen wissen muss, ehe er dazu kommt, sie mir zu eröffnen«, sagte Botho gepresst.
    »Was ich bei der Behandlung im Umgang mit meinen Patienten sehe und höre, das muss ich verschweigen und als Geheimnis bewahren«, sagte Judith. »Das ist ein Teil des Eides, den jeder Arzt schwört, Herr Botho. Er ist mir heilig.«
    »Ist er das?«, fragte Botho gefährlich leise. »Was ist Euch sonst noch heilig, Magistra? Mir ist nämlich aufgefallen, dass Ihr niemals

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