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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Otto, Philipp und all die Fürsten auf, die um Kronen kämpften und dabei Menschen wie Stroh verbrannten. Was für ein sinnloses Gefühl. Manchmal wünschte sie sich, sie könne mehr wie Walther sein. Es war nicht so, dass er nie Schuldgefühle hatte, doch er verfügte über die beneidenswerte Fähigkeit, das zu ignorieren, was er nicht ändern konnte, und stattdessen nach der nächsten Gelegenheit Ausschau zu halten, wo er eingreifen konnte.

    Sie begegneten auf dem Weg nach Würzburg keinen Räubern, nur einem Tross von Gauklern und einer kleinen Schar Bewaffneter, die nach Bamberg unterwegs waren und der Familie der Andechs-Meranier unterstanden. Einer ihrer Sprösslinge war in Bamberg Dompropst; offenbar war der Nachfolger des verstorbenen Bischofs selbst schon wieder auf dem Weg ins Sterbebett, obwohl der Papst ihn noch nicht einmal bestätigt hatte. »Man muss halt darauf achten, dass der nächste Erzbischof Seiner Heiligkeit besser passt, so wie Konrad«, sagte der Anführer des Trupps mit einem Augenzwinkern, nachdem er hörte, dass sie nach Würzburg unterwegs waren, und verabschiedete sich.
    Sie waren zu spät aufgebrochen, wollten ihre Pferde wegen der noch vor ihnen liegenden langen Strecke aber auch nicht zuschanden reiten, um es noch vor Einbruch der Nacht nach Würzburg zu schaffen. Im Dunkeln zu reiten, war viel zu gefährlich, und es war inzwischen kalt genug, dass es in der Nacht schon schneien konnte. »Es wäre hilfreich zu wissen, wann und wie Euer Herr Vater den Reichshofmarschall unterrichtet hat«, sagte Walther zu Paul, als sie vor der Wahl standen, im nächsten Dorf für die Nacht Obdach zu suchen oder noch eine Weile weiterzureiten.
    »Der Bote und ich sind getrennt voneinander losgeschickt worden«, gab Paul zurück, »und ich weiß nicht, um wen es sich handelt, damit ich es nicht verraten könnte, wäre ich gefangen und gefoltert worden. Mein Vater hat nicht viele Männer, die Zugang zu einem der ranghöchsten Männer am staufischen Hof besitzen.«
    »Aber er hat offenbar einen. Seltsam, dass er dann niemanden kennt, der auch Zugang zum Bischof von Würzburg besitzt, und für die Glaubwürdigkeit der Nachricht jetzt Eure Base benötigt«, sagte Walther, obwohl sie alle drei wussten, dass Stefan hundert Spitzel in Würzburg haben konnte, dieser Umstand aber keine Rolle spielte. Wieder empfand Judith gleichzeitig Bewunderung und Abscheu für die Art und Weise, mit der ihr Onkel seine Fäden spann. Aber er hatte sich schon einmal in ihr geirrt, und sie würde ihn auch dieses Mal überraschen.
    »Heißt das, Ihr habt zu viel Angst, um im Dunkeln zu reiten? Heinz von Kaldens Leute haben das gewiss nicht!«
    »Dann mögen sich seine Leute den Hals brechen, sollten sie überhaupt unterwegs sein«, entschied Judith, da sie annahm, dass ein Mann, der losgeschickt wurde, um einen Bischof zu ermorden, durchaus Zeit dafür hatte und keinen Grund, bei unsicheren Wegen sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen. »Wir werden es jedenfalls nicht tun, Vetter. Wenn ich tot bin, dann wird der Erzbischof auf die Gnade Gottes angewiesen sein. Bei Sonnenaufgang können wir weiterreiten.«
    Der Müller der Wiesenmühle bei Oberschwarzach war bereit, sie für etwas Geld bei sich nächtigen zu lassen. Nachdem die Entscheidung gefallen war, zeigte sich Paul als vernünftig und erfahren genug, um sich ohne weitere Umstände neben Judith und Walther auf die Strohsäcke und unter die ausgebreiteten Umhänge zu legen, die ihnen als Lager dienten, um Körperwärme zu teilen.
    »Jutta«, sagte er in das Dunkel hinein, »du wirst es nicht bedauern, dass du die Staufer verlässt, glaub mir.« Sie antwortete nichts. Auch Walther schwieg. »Du weißt, dass du nicht zurückkannst, nicht wahr?«, fragte Paul und klang beunruhigt. »Deine Königin mag dich schätzen, aber der Staufer wird dir gewiss nicht verzeihen. Für ihn wird es so aussehen, als wärst du für Bischof Konrads Verrat verantwortlich.«
    »Lass mich raten, Vetter«, sagte sie traurig. »Falls er nicht allein auf den Gedanken kommt, hat dein Vater für alle Fälle einen weiteren Boten beauftragt, Philipp genau das mitzuteilen?«
    Sie hörte Paul schlucken. Dann entgegnete er: »Er glaubt eben, dass du nicht immer weißt, was am besten für dich ist.«
    Ihre Hand stahl sich in Walthers und drückte sie. Am Ende war es ein Glück, Paul hier zu haben und nicht Stefan, der gewusst hätte, dass ihr Schweigen bedeutete, dass sie bereits ihre eigenen Pläne

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