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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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leise, wie es ging. »Was hätte er zu gewinnen, das all das wettmachen würde, was er und sein Herr verlieren könnten?«
    Wieder näherte sich Paul mit seinen Lippen ihrem Ohr; seine Worte rannen wie Eistropfen über ihre Haut. »Er würde verhindern, dass Philipps Kanzler offen und mit allen Geheimnissen zu Otto übergeht.«
    Nein, dachte Judith, weil es mit einem Mal einen unleugbaren Sinn ergab. Sogar, wie Stefan davon erfahren haben konnte. Durch Otto und den Bischof. Wenn Konrad von Würzburg tatsächlich einen Seitenwechsel plante, dann war das vorher abgestimmt und gab Philipp und Heinz von Kalden auch einen Grund, ihn daran zu hindern. Aber Mord? Warum Konrad nicht einfach festsetzen, Truppen nach Würzburg schicken und ihn als gutgepflegte Geisel in seinem Haus belassen? Das würde einen Seitenwechsel ebenfalls verhindern und Philipp die Todsünde eines Mordes ersparen, der ihm zur Last gelegt würde, ganz gleich, ob nun er oder Heinz von Kalden den Befehl dazu gab.
    »Vater hat gewusst, dass du mir nicht sofort glaubst«, sagte Paul traurig. »Er hat mir aufgetragen, dir Folgendes auszurichten : Es ist deine Angelegenheit, was du mit diesem Wissen tust. Aber der Mann war einmal dein Patient, also ist es an dir, sein Leben zu retten, wenn du es kannst. « Er zögerte, dann setzte er hinzu: »Ich soll dir noch sagen: Wenn du ein Leben rettest, dann rettest du eine ganze Welt. «
    Ein Teil von ihr, der in der Lage war, kalt zu bleiben, wenn sie Arterien reißen sah, damit ihre Finger fest blieben und Wunden zusammenpressen und flicken konnten, dieses Stück Beherrschung und ihr Verstand waren in der Lage, Stefan neidlos für diese Worte zu bewundern. Es war ein Zitat aus dem Talmud und setzte dem Ganzen die Krone auf, doch dessen hätte es gar nicht bedurft. Stefan kannte sie, in der Tat. Vielleicht hatte er jedes Wort erfunden, und weder plante Konrad einen Seitenwechsel noch Heinz von Kalden einen Mord, doch darauf bauen und einfach so zu tun, als hätte ihr Paul nichts erzählt, das brachte sie nun nicht mehr fertig. Wenn die Möglichkeit bestand, dann musste sie etwas unternehmen.
    Der Rest von ihr, der nicht selbstbeherrscht war, brannte vor Zorn. »Um dein Leben scheint er sich dagegen keine Sorgen zu machen«, sagte Judith hart. »Wenn er dich ins Wespennest zu den mordlustigen Staufern schickt.«
    »Er wusste, dass du mich beschützt«, sagte Paul.
    Das Schlimmste war, dass Stefan auch damit recht hatte. Wenn Stefan selbst den Weg nach Nürnberg gemacht hätte, dann wäre sie vielleicht in der Lage gewesen, ihn Philipps Leuten als welfischen Spitzel zu benennen. Aber obwohl jedes Wort, das er bisher gesagt hatte, bewies, dass Paul nicht mehr der arglose Junge war, sondern ein Mann, der von seinem Vater gelernt hatte, hätte sie es nie fertiggebracht, ihn seinen Feinden zu überantworten.
    »Wie großmütig von ihm«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Du brauchst überhaupt nicht nach Würzburg zu gehen«, sagte Paul ernst. »Es ist nur so, dass der Bischof dir viel eher glauben würde als mir. Vielleicht empfängt er mich überhaupt nicht.«
    »Paul, du musst noch eine Menge lernen, wenn du Menschen lenken willst. Das war zu offensichtlich.«
    Er ließ ihre Hände los, doch er trat nicht von ihr zurück. »Schau, natürlich wäre es gut für meinen Vater und seine Freunde, wenn Philipps Kanzler zu Otto überwechselt. Mit dir besteht eine gute Möglichkeit, dass es so kommt. Aber das heißt nicht, dass sein Leben nicht in Gefahr ist. Ganz gleich, was du über König Otto denkst, er hat keine Anstalten gemacht, Kain zu spielen, als sein Bruder zu Philipp übertrat. Der Pfalzgraf ist gesund und munter. Wenn du das Gleiche für den Kanzler beschwören kannst, sobald Heinz von Kalden davon erfährt, was er plant …«
    Erst jetzt fiel ihr auf, was sie sofort hätte sehen sollen. »Und wie soll er es erfahren, Paul?«, fragte sie bitter. »Kann es sein, dass du nicht der einzige Gesandte deines Vaters in Nürnberg bist? Lass mich raten: Es soll ein Wettrennen werden, damit der Erzbischof auch wirklich die Seiten wechselt und er es sich nicht noch einmal überlegt. Nur darum geht es deinem Vater, seinen Freunden und Otto, nicht um seine Gesundheit, nicht um das Leben des Bischofs. Er soll keine Möglichkeit haben, seine Entscheidung rückgängig zu machen. Und für mich soll das Risiko, er verlöre sein Leben, der Ansporn sein. Noch ein Wettrennen, diesmal mit Heinz von Kaldens Leuten?«
    Zum

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