Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
beizutragen.
    »Wird der König dir grollen, weil Jutta nicht bei mir ist?«
    »Ich war nicht so töricht, ihm zu versprechen, dass sie es sein würde – das war unser geliebter Erzbischof. Nichtsdestotrotz ist es angebracht, dem König etwas anzubieten, was ihn davon ablenkt. Es ist eine harte Welt, in der wir leben, Paul, aber dankenswerterweise gibt es ein paar Dinge, auf die man sich verlassen kann, und eines davon ist, dass auch einem Fürsten der Geldbeutel immer näher ist als sein … als sein Herz. Es ist an der Zeit, unseren König Otto mit seinem Onkel John zu versöhnen und dafür zu sorgen, dass der König von England erneut Geld ins Reich schickt, von unseren Handelserleichterungen ganz zu schweigen.«
    »Aber wie …«
    »Du und ich, mein Sohn«, sagte sein Vater, »werden eine Reise unternehmen. Zu ihm.«
    Vielleicht war es die Erinnerung an Juttas Blick, die Paul dazu trieb, unbotmäßig zu fragen, ob König John diesen Besuch überleben würde. Sein Vater musterte ihn bekümmert. »Selbstverständlich.« Doch er fragte nicht, wie Paul überhaupt auf diesen Gedanken gekommen sei.
    »Und wie willst du ihn dazu bekommen, Otto wieder Geld und uns unsere Handelserleichterungen zu gewähren?«, forschte Paul kühn.
    »John steckt in Schwierigkeiten«, erläuterte sein Vater. »Er ist in ernsthafter Gefahr, die Normandie an den König von Frankreich zu verlieren. Die Lage sähe für ihn auf einmal völlig anders aus, wenn er als Erbe seines Neffen König der Deutschen würde und Frankreich damit einkreisen könnte. Doch dazu muss er seinem Neffen erst einmal den deutschen Thron sichern.«
    »Otto soll sterben?«, stieß Paul entsetzt hervor.
    »Nein, aber John soll allen Anlass haben zu glauben, dass es dazu kommen könnte. Schließlich lebt Otto ein gefährliches Leben, ist unvermählt und hat keinen anderen Erben als John und den ungetreuen Bruder. Bei Verhandlungen verkaufen wir Hoffnungen und Träume, mein Sohn. Selbst die Großkaufleute unter uns sind Rosstäuscher. Und ich werde John von England das flüchtigste Ross von allen andrehen – die Hoffnung auf den deutschen Thron.«
    * * *
    Der Tross wurde von einer stattlichen Anzahl Kriegsknechte begleitet, von denen man nicht wusste, wie viele sich dem Heer der Kreuzfahrer anschließen würden. So oder so: Niemand, das hatte Alexios betont, durfte Zweifel an seiner Gesundheit haben und an seiner Befähigung, einen Thron zu besteigen. Soweit es die anderen Menschen im Tross betraf, reiste Alexios daher ausschließlich seines Standes wegen im Wagen. Der Bischof von Passau teilte diesen meist mit ihm, um dem Bruder der Königin so Respekt zu erweisen, und weil er allmählich zu alt wurde, um wie früher ständig zu reiten. »Nun, wir könnten völlig der Wahrheit gemäß sagen, dass ich Euch über die Irrtümer Eurer Jugend belehren und Euch die Lehre der einzigen und ungeteilten Kirche näherbringen werde«, sagte Wolfger milde, »denn wenn Ihr dem Papst begegnet, dann solltet Ihr darauf gefasst sein, dass Seine Heiligkeit Euch Fragen bezüglich Eures neuen Katechismus stellt. Er hegt, Gott sei’s geklagt, keine hohe Meinung von Fürsten und könnte Euer Versprechen, überzutreten und das Schisma zu beenden, als bloße Finte und Gefallen für Euren edlen Schwager bewerten. Wenn Ihr dagegen wisst, wovon Ihr sprecht, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für seine Gunst.«
    Alexios wirkte, als habe er etwas Saures verschluckt, doch er nickte.
    »Meine Worte mögen auch Euch von Nutzen sein, Magistra«, fügte Wolfger freundlich hinzu. Judith reiste ebenfalls die meiste Zeit im Wagen – offiziell, weil sie auf die Gesundheit des betagten Bischofs achten musste.
    »Wer würde nicht gerne an der Weisheit eines so gelehrten Herrn wie Euer Gnaden teilhaben?«, gab sie zurück. Es war Jahre her, seit er sie zum Frösteln gebracht hatte, doch sie hütete sich davor, ihn zu unterschätzen, nicht zuletzt, weil er immer noch nicht klar gesagt hatte, wozu er Walther in seinem Gefolge haben wollte. »Allerdings werden Euer Gnaden eine so erhabene und wichtige Angelegenheit des Glaubens dem edlen Bruder unserer Königin in seiner Muttersprache erläutern, denn ich hege keinen Zweifel, dass Ihr das Griechische hervorragend beherrscht. Ich dagegen bin dessen völlig unkundig.«
    Alexios murmelte etwas auf Griechisch, das nicht wie ein Kompliment klang.
    »Und ich dachte, im Königreich Sizilien ist Griechisch noch immer eine der üblichen Sprachen«, gab Wolfger

Weitere Kostenlose Bücher