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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Judith, gleichzeitig von Erleichterung und Mitleid bewegt, und dankte Maria aus Braunschweig erneut in Gedanken, auch mit solchen Dingen umgehen zu können, ohne gleich rot anzulaufen. »Ich werde gerne helfen, Eure Geheimnisse zu wahren.«
    »Wenn Ihr mir wirklich helfen wollt, dann könnt Ihr die Nacht doch bei mir verbringen und so laut schreien, dass jeder Wachposten es hört«, sagte Alexios hintergründig. »Ich überlasse Euch auch das Bett und schlafe auf dem Boden. Das macht mir nichts aus. Ich habe Jahre Übung gehabt. Solange Herr Hugo und die anderen Leute in unserem Tross nur glauben, dass ich stark und unermüdlich wie ein Stier bin!«
    Sie bemühte sich, das Lächeln zu unterdrücken, das um ihre Mundwinkel zuckte. Ein Gedanke kam ihr. »Wenn Ihr mir im Gegenzug etwas versprecht, Euer Gnaden, dann werde ich dafür sorgen, dass sie Euch nicht nur hier für einen Stier halten, sondern auch glauben, dass Ihr in den Tagen Eurer Erholung nach dem Eingriff in Salerno ständig damit beschäftigt seid, Eure letzten Tage vor der Wiedererlangung Eurer Herrschaft auf jede nur erdenkliche Weise zu feiern. Man wird von Euch als geradezu unersättlich sprechen.«
    Die Vorstellung heiterte ihn ausgesprochen auf, aber er hatte ihr auch genau zugehört und fragte sofort: »Was soll ich Euch versprechen?«
    »Der Eingriff wird gelingen«, sagte Judith leise. »Ihr werdet ein langes Leben als Herrscher von Byzanz vor Euch haben. Es mag wohl sein, dass Ihr hin und wieder erneut die Dienste von Ärzten benötigt; manche davon sind vielleicht weniger erfolgreich. Ihr sollt mir nur versprechen, dass Ihr niemals andere für einen Mangel an Erfolg büßen lasst. Mehr begehre ich nicht.«
    Er wusste genau, worauf sie sich bezog. »Und wenn diese zukünftigen Ärzte dem Propheten Mohammed folgen statt Moses?«, fragte er prüfend.
    »Niemanden«, sagte sie beschwörend. »Jeder Arzt wird alles ihm Mögliche versuchen, um Euch zu helfen, Euer Gnaden, schon weil niemand einen erfolglosen Arzt zweimal beschäftigt. Es ist nicht nötig, Drohungen auszusprechen. Im Gegenteil: Ein Arzt, dem Drohungen auf den Schultern lasten, dem rutscht viel leichter das Messer aus, als wenn er ohne Ablenkung tätig ist.«
    »Hmm.« Alexios blinzelte. »Ich glaube, ich verstehe, warum meine Schwester Euch durch ihre Zuneigung würdigt, Magistra. Keiner von uns kann in die Zukunft sehen, und ich werde Euch nichts zusagen, was für den Rest meines Lebens gilt, aber ich werde Euch versprechen, niemanden büßen zu lassen, wenn ich erblinde. Nicht mehr, nicht weniger.«
    Das erschien ihr vertrauenerweckender, als wenn er ihr versprochen hätte, worum sie gebeten hatte, und zum ersten Mal erwachte in ihr die Hoffnung, dass Alexios auf dem Thron vielleicht doch einen Unterschied zum Besseren machen könnte, statt ein weiterer Tyrann in Byzanz zu sein.
    »Dann habt auch Ihr mein Versprechen, Euer Gnaden.«
    * * *
    Wolfgers gesamtes Gefolge erlebte, wie Botho lauthals dagegen protestierte, als Zeichen seiner Bußwilligkeit ein härenes Hemd und den Pilgermantel aus grobem Stoff zu tragen.
    »Der Heilige Vater hat neben seiner Sorge um jedes christliche Leben auch eine freundschaftliche Zuneigung zu Konrad von Würzburg gehabt«, erwiderte Wolfger steinern. »Meint Ihr wirklich, er sei bereit, Euch zu entsühnen, wenn Ihr wie ein schmollender Junge in Euren besten Kleidern vor ihm erscheint?«
    »Aber mein Onkel hat …«
    »Euer Onkel ist jetzt nicht hier. Ich bin es.«
    »Und was wollt Ihr tun, wenn ich mich weigere, Euer Gnaden?«
    »Wenn Ihr Euch nicht der Gnade der Kirche überantworten wollt, dann bleibt mir wohl keine Wahl, als Euch der nächsten weltlichen Gerichtsbarkeit zu übergeben. Die edlen Ritter, die uns begleiten, sind bestimmt bereit, aus diesem besonderen Anlass die Stelle des Königs und Richters einzunehmen.«
    »Aber … aber hier könnt Ihr mich nicht anklagen. Wo wäre der Kläger? Wo die Beweise?«
    Bothos Gebrüll, als der Bischof verkündete, Herr Walther von der Vogelweide wäre bereit, Zeugnis gegen ihn abzulegen, war so laut, dass man es vermutlich auf beiden Seiten der Alpen hören konnte. »An Eurer Stelle, Herr Walther«, sagte Wolfgers Schreiber Odokar später, »würde ich dem Ravensburger von nun an aus dem Weg gehen.«
    Dergleichen musste man Walther nicht zweimal sagen. Er hatte zwar Vertrauen darin, dass Botho lieber das härene Hemd tragen und vom Papst entsühnt werden würde, um sein Leben als Neffe des mächtigsten

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