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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Eroberung von Byzanz kirchenrechtlich gerechtfertigt werden mochte und ob das Ganze nicht eine Falle für Philipp war. Aber dazu hätte er Wolfger völlig vertrauen müssen, mit jeder Faser seines Herzens. Und genau das brachte er nicht fertig.
    Sehr leise begann Walther, seine Satteltaschen zu packen. Das Manuskript legte er auf den Tisch, weil er es nicht über sich brachte, es dem zugigen Gang anzuvertrauen. Judith hatte seinen neuen Pelzmantel und seine Laute bei sich, weil er davon ausgegangen war, dass er beides in Rom nicht brauchen würde oder dort ein Ersatzinstrument finden konnte. Alles andere ließ sich gut und schnell verstauen.
    Es war noch nicht Morgengrauen, als er zu den Ställen schlich. Dann kam ihm in den Sinn, dass Wolfger eine kurze Erklärung verdient hatte. Er nahm eine seiner Wachstafeln, schrieb eine kurze Nachricht darauf und machte sich auf den Weg zur Zelle des Abtes, wo Wolfger untergebracht war. Nachdem er die Tafel leise vor die Tür gelegt hatte, wollte er sich erneut in Richtung der Ställe aufmachen, doch er kam nicht weit. Ob Botho auf dem Weg zu Wolfger war, um eine Erleichterung der Buße zu erbitten, oder aus einem anderen Grund, er kam mit einem seiner Männer geradewegs auf Walther zu und spottete: »Wenn das nicht der Hahn ist, der endlich gerupft werden will, damit er nie wieder kräht, dann will ich zukünftig Jesus heißen!«

Kapitel 34
    D as Salz in der Luft zu schmecken erinnerte Judith jeden Morgen daran, dass sie sich wieder in Salerno befand, wenn auch nicht in dem Haus, das sie mit ihrem Vater bewohnt hatte, sondern in der Feste – und seit einem Tag in unliebsamer Gesellschaft. Diepold von Schweinspeunt gehörte zu den wenigen deutschen Adligen, die sich in Italien hatten halten können. »Es half, meinen Bruder und die Töchter an welsche Adlige zu verheiraten«, sagte er frohgemut und erzählte Alexios lang und breit, wie er und sein Freund Markward von Annweiler im Auftrag des Papstes für den jungen Friedrich im Königreich Sizilien regierten. Seine Grafschaft Acerra lag nicht weit von Salerno entfernt, und da man ihm von Alexios’ Besuch erzählt hatte, fühlte er sich verpflichtet, seine Aufwartung zu machen, statt dies den Stadträten von Salerno zu überlassen. »Wenn Ihr uns rechtzeitig Bescheid gegeben hättet, dann hätten wir sogar den Bengel aus Palermo herbeischaffen können«, schloss Schweinspeunt, »auch wenn man nie weiß, wo genau er gerade steckt.«
    »Ich nehme an, Ihr sprecht von dem höchst erhabenen König von Sizilien, dem Neffen meiner teuren Schwester und meines Schwagers, König Philipp«, entgegnete Alexios eisig.
    »Das mag er sein«, sagte Diepold gemütlich und schien nicht im Geringsten eingeschüchtert zu sein; er zwinkerte Alexios sogar zu. »Obwohl ich es immer noch nicht für ausgeschlossen halte, dass Konstanze unserm Kaiser das Balg des Metzgers von Jesi untergeschoben hat, so wie sie einander gehasst haben. Aber wie dem auch sein mag, der Junge ist das Siegel, mit dem wir unsere Herrschaft über Sizilien rechtfertigen, und das macht ihn nützlich. Ganz wie Ihr, Euer Gnaden. Stimmt es, dass Ihr uns endlich den fetten Braten verschaffen werdet, den die Griechen einst vom Römischen Reich geraubt haben?«
    Wenn Judith sich recht erinnerte, war er ähnlich respektlos mit Irene umgegangen. Doch die war ein Mädchen gewesen, das kurz vorher miterlebt hatte, wie Kaiser Heinrich mit dem letzten normannischen König und dessen Adligen umging, und daher wusste, dass ihr damaliger Rang sie nicht vor den Deutschen schützen würde. Alexios dagegen mochte von seinem Onkel eingekerkert worden sein, aber er war nun auch der Bruder der deutschen Königin – und ein kleiner zum Grafen erhobener Ministerialer stand tief unter ihm.
    »Ich weiß nicht, wie Ihr erfahren habt, dass ich hierherkomme«, gab Alexios zurück, »aber ich habe Euch nicht eingeladen. Ich bin nicht bereit, Euch weiter durch meine Gegenwart zu ehren oder zukünftig zu empfangen. Geht!«
    Schweinspeunts Augen verengten sich. »Ihr wisst nicht, was Ihr da sagt, edler Alexios. Ihr werdet jeden Mann brauchen, den Ihr bekommen könnt, und wenn ich Mann sage, dann meine ich nicht Philipps blutleere Schwätzer, sondern uns, die wir uns nicht von den Welschen haben vertreiben lassen. Wisst Ihr überhaupt, dass ein Teil des Kreuzfahrerheeres in Ungarn festsitzt? Habt Ihr eine Ahnung, was der Doge von Venedig dafür fordert, dass er Schiffe für die Überfahrt nach Byzanz zur

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