Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
Jahrzehnt gegen Otto kämpft? Mein Herz hängt an Eurer Tochter, doch es gibt viele hundert Mädchen im Reich, die dann ihr Leben verlieren, und viele tausend Männer.« Sie schaute Irene an und ließ alle Vorsicht fahren. »Ihr seid eine Mutter, und so ist Euch das Leben Eurer Tochter kostbarer als das aller anderen. Aber Ihr seid auch Königin dieses Reiches. Und als solche wisst Ihr, dass der Frieden für alle mehr ist als der Frieden im Leben Eurer Tochter.«
    Irene hatte einmal das Leben ihres Vaters und ihres Bruders über den Frieden in ihrer Heimat gestellt; das hatte am Ende sowohl Byzanz als auch Alexios und Isaak Angelos bluten lassen, aber obwohl Judith von tausend widerstreitenden Gefühlen auseinandergerissen wurde, brachte sie es nicht über sich, das zu erwähnen. Damals hatte sie selbst ihren Teil dazu beigetragen, dass Alexios zurück nach Byzanz kam. Er wäre mit verschwommenem Blick am Hof von Philipp glücklicher und vor allem lebendiger gewesen, wie Meir, den die Aussicht, Leibarzt eines Kaisers zu werden, mit nach Byzanz gelockt hatte, und der nie wieder nach Salerno zurückgekehrt war. Ihn zu heiraten, wäre ein Unglück gewesen, aber um ihren alten Mitstudenten trauerte sie.
    »Ich bin eine Königin und eine Mutter, und Ihr habt mich gelehrt, bei zwei schlechten Möglichkeiten nach einer dritten Ausschau zu halten«, sagte Irene. »Bis Ihr mit einer Antwort zu mir zurückkehrt, werde ich sie gefunden haben. Einen Baustein für Frieden ohne Otto habt Ihr mir bereits gegeben, denn die Ehe mit Riccardo Segni bedeutet, dass der Heilige Vater den Bann von Philipp nimmt. Und die Ehe zwischen Philipps Nichte und dem Andechs-Meranier, die im Juni geschlossen wird, stiftet jetzt bereits ein wenig Frieden. Die Andechs-Meranier haben dem abgewiesenen Wittelsbacher eine ihrer eigenen Töchter angeboten, es gibt also keinen Grund mehr, uns die Absage nachzutragen. Er hat bereits sein Kommen zur Hochzeit in Bamberg angekündigt, wie fast jeder wichtige Fürst im Reich. Hermann von Thüringen wird da sein, Hans von Brabant, der Zähringer und die Königin von Ungarn, denn es ist ihr Neffe, der heiraten wird. Nach diesem Fest wird Otto wissen, dass er keine Verbündeten mehr hat, die über Geldmittel und nennenswerte Truppen verfügen. Wer weiß, vielleicht wird er dann mit Schwaben zufrieden sein, ohne Beatrix. Wenn nicht – nun, ich werde einen Weg finden.« Sie hob den Kopf und tat etwas, das noch nie da gewesen war: Sie straffte ihre Röcke und kniete vor einer Untertanin nieder. »Ich muss die Wahrheit wissen, ob bitter oder süß, und ich weiß, Ihr werdet mich nicht belügen, weder im Guten noch im Schlechten. Darum bitte ich, Irene, Tochter des Kaisers von Byzanz, eine Prinzessin, die Königin von Sizilien werden sollte und Königin der Deutschen ist, Euch um Eure Unterstützung.« Bis dahin hatte sie Deutsch gesprochen, doch jetzt fiel sie in das Volgare zurück, mit dem sie einst als Erstes mit Judith geredet hatte. »Ich, Irene, eine Mutter, bitte um Hilfe für meine Tochter.«
    Sie breitete die Arme aus, aber da Judith die Vorbereitung für die demütigste aller Unterwerfungen erkannte, den Fall auf den Boden mit dem gesamten Körper, fiel sie rasch selbst auf die Knie und fing Irene auf.
    Du hältst dich für klug, höhnte eine Stimme in ihrem Kopf, die verdächtig wie Walther klang. Du bist dabei, dich ein weiteres Mal ausnutzen zu lassen von einer Frau, die in der Macht von großen Gesten bereits unterwiesen wurde, als du noch mit Kreiseln gespielt hast. Wie töricht ist das?
    Das mochte sein. Aber sie spürte, wie Irene sich an sie klammerte, dachte an Beatrix und konnte nicht anders.
    »Ich werde Euch helfen.«
    * * *
    Als Walther andeutete, dass er nun, da das Frühjahr gekommen war, seinen Abschied nehmen wollte, machte Hermann von Thüringen keine Anstalten, ihn aufzuhalten. Da er wirklich lange geblieben war, empfand Walther dies nicht als kränkend. Wenn er ganz ehrlich sein wollte, war er hierhergekommen, um an einem reichen Hof, weit von Judith entfernt, seine Wunden zu lecken, und das hatte er getan. Er hätte es auch in Wien versuchen können, aber er hatte das dunkle Gefühl, dass Leopold ihn schon vor Weihnachten gebeten hätte zu gehen, und im Übrigen war Leopolds Gemahlin eine byzantinische Prinzessin, Irenes Base, und alles hätte ihn zu sehr an den Hof erinnert, den er gerade verlassen hatte. Hermann war zwar wetterwendisch, was seine Treue zu den beiden deutschen Königen

Weitere Kostenlose Bücher