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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Andechs-Meranier, die ja in Bamberg den Bischof stellten, hatten Hermann bereits in ihrer Familie willkommen geheißen und würden ihm wohl gleich noch die heimliche Trauung mit der Entführten stiften.
    Mit einem Mal war Walther sich gewiss, dass dies Hermanns Plan sein musste. Und er wusste auch, wer ebenfalls in Bamberg sein würde, bei Irene und ihren Töchtern, und so furienhaft gestimmt, sich zwischen Entführer und Mädchen zu werfen.
    Es ist mir gleich, sagte er sich. Aber seine Fähigkeit, sich selbst zu belügen, musste schlechter geworden sein, denn er glaubte es keinen Moment lang und wusste, dass er nach Bamberg gehen würde.
    * * *
    Markwart wich zunächst ihrem Blick aus, wie er es schon seit Monaten tat, aber Judith hatte keine Zeit, auf seine Befindlichkeit Rücksicht zu nehmen, und zog ihn zur Seite. Als sie ihm ihren Plan erklärte, starrte er sie an, als sei sie wahnsinnig geworden. »Und dabei soll ich Euch begleiten?«
    »Ganz gewiss. Otto führt derzeit irgendwo zwischen Lübeck und Schwerin Krieg. Ich ziehe nicht durch ein Gebiet voller Kriegsknechte ohne jemanden an meiner Seite, der sich mit dem Schwert auskennt.«
    »Aber ich bin Philipps Mann! Das wäre Verrat.«
    »Mein lieber Markwart«, sagte Judith in der Art, in der sie Männer darüber unterrichtete, dass sie für das nächste halbe Jahr enthaltsam leben sollten, »vor allem seid Ihr der Mann, der Walther dabei geholfen hat, mich wegen Gilles anzulügen. Meint Ihr nicht, da schuldet Ihr mir noch etwas?«
    Er schwieg betreten, und als sie keine Anstalten machte, ihn loszulassen oder ihm durch eine weitere Äußerung entgegenzukommen, murmelte er: »Wir … ich … wir haben Gilles wirklich gesucht, aber wir fanden ihn nicht, niemand hatte ihn gesehen, und wir haben eine Menge gefragt, das schwöre ich! Und da dachte … Walther eben, dass er sich davongemacht hatte. Wenn wir geahnt hätten, was wirklich geschehen war …«
    »Ihr hättet mir schlicht und einfach sagen können, dass Ihr ihn nicht gefunden habt. Dann hätte ich weitergesucht. Wahrscheinlich hätte die Königin mir ein paar Soldaten zur Verfügung gestellt. Wir hätten ihn gefunden und …« Sie schluckte den Rest ungesagt hinunter. Markwart wusste auch so, was sie meinte, und schaute noch elender drein. Unter anderen Umständen hätte sie Mitleid mit ihm gehabt, aber sie brauchte wirklich jemanden, und einem beliebigen Kriegsknecht, den Irene ihr zur Seite stellen konnte, traute sie nicht, ganz zu schweigen davon, dass er ihre vorbereitete Geschichte unglaubwürdig würde klingen lassen.
    »Wenn ich nicht mit Euch komme, bin ich auch die längste Zeit im Hofstaat von Philipp gewesen, nicht wahr?«
    »Ich hoffe, dass Ihr mit mir kommt, damit ich meine Reise überlebe. Mit allen meinen Gliedmaßen«, setzte sie gnadenlos hinzu.
    »Aber wollt Ihr denn Gilles im Stich lassen, nach alldem?«, rief Markwart aus, erkennbar als sein letztes Argument.
    »Ich kann Gilles nicht mit mir nehmen, nicht auf diese Reise. Doch die Königin hat mir geschworen, dass er hier sicher sein wird, als Mitglied des Gesindes ihrer Kinder. Er ist zum königlichen Spielzeugmacher ernannt und hat zwei Knechte, die sich um ihn kümmern, bis ich wieder da bin.«
    »Dann kommen wir zurück?«, fragte Markwart erleichtert. Judith entging das wir nicht.
    »Das liegt bei uns, mein Freund. Das liegt allein bei uns.«

    Es lag auch an ihren Vorbereitungen. Irene hatte ihren Verstand gepriesen, und wenn er je nötig gewesen war, um sich auf ein völlig irrsinniges Unternehmen einzulassen, dann jetzt. Es war Judith durchaus in den Sinn gekommen, dass es für alle Beteiligten bis auf Beatrix das Beste wäre, wenn sie sich für zwei Monate in einem Bauernhaus verkroch, anschließend zu Irene zurückkehrte und behauptete, Otto sei nunmehr ein geläuterter Mann, dem man nicht nur zutrauen konnte, den Frieden im Land zu wahren, sondern auch, Beatrix gut zu behandeln. Es war für sie eine mehr als starke Versuchung, aber sie hätte danach jeglichen Respekt vor sich selbst verloren.
    Markwart war verwundert, als sie ihm, nachdem sie Hagenau hinter sich gelassen hatten, mitteilte, dass sie zunächst nach Köln gehen würden. »Aber ich dachte, Otto residiert nicht mehr dort. Haben sich die Kölner nicht König Philipp unterworfen, bei der Angelegenheit mit dem Bischof?«
    »Sie sind mit ihm handelseinig geworden. Und ehe wir zu Otto reisen, habe ich noch einen Besuch zu machen.«
    »O Gott«, sagte Markwart. »Heißt

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