Das Spiel der Nachtigall
Euer Schwager wäre kaum passend.«
Auch auf diese Frage wusste sie eine Antwort. »Der edle Markgraf von Meißen hat sich erboten, mich durch die Lande zu geleiten, also wird seine Gemahlin, die Markgräfin, an meiner Seite weilen. Ihr seht also, es wird aller Anstand gewahrt, und niemand hat je dem Markgrafen nachsagen können, er wüsste nicht das Schwert zu führen!«
Der Bischof von Speyer rieb sich das Kinn. »Das wäre eine hohe Ehre für Herrn Dietrich«, sagte er langsam, doch in seiner Stimme lag keine Ablehnung.
»Nun, hat er sie sich nicht verdient? Meinem Vater war er ein treuer Vasall, und dann wurde er zu einem der Ersten, der meinen Gemahl zum König ausrief!«
Der Kanzler lamentierte noch ein wenig, doch dann gab er seine Zustimmung. Beatrix fiel ein Stein vom Herzen. Sie wusste nicht, warum die Magistra diesen Zug durch das Reich vorgeschlagen hatte, doch einen Verdacht hegte sie schon. In diesem Monat hatte sie zum ersten Mal geblutet; wenn sie in Speyer blieb, würde selbst der Bischof, den Beatrix bei sich als alte Jungfer im Talar bezeichnete, merken, dass sie zur Frau geworden war, und sie zu ihrem Gemahl über die Alpen schicken. Unter anderen Umständen hätte sie nichts dagegen gehabt, eine solche Reise zu unternehmen, doch nun schauderte ihr bei der Aussicht. Während ihrer Hochzeitsnacht in Würzburg war sie durch Geräusche im Vorzimmer erwacht und aufgestanden, um die Magistra und ihre Damen zu bitten, ruhiger zu sein. Was sie gesehen hatte, kurz nur, genügte, um ihr Otto ein für alle Mal verhasst zu machen. Niemand musste Beatrix erklären, dass es nicht der Einfall der Magistra gewesen war. Sie war auch nicht so dumm, zu glauben, ihr Gemahl würde ihr treu sein – man hatte ihr oft genug erklärt, dass ihre Eltern Ausnahmen unter den Fürsten darstellten –, aber dass Otto so unehrenhaft war, in ihrer Hochzeitsnacht ihre Leibärztin zu schänden, das ging über jedes Fürstenrecht hinaus. Ein Mann, der dazu imstande war, würde sie auch nicht gut behandeln, schloss Beatrix, und war für alles dankbar, was den Vollzug ihrer Ehe hinausschob. Eine lange Reise kreuz und quer durch alle Fürstenhöfe, die zu Ottos Nutzen geschah, so dass er nichts dagegen sagen konnte, kam ihr da gerade recht, also war sie begeistert auf den Vorschlag eingegangen.
Den Markgrafen von Meißen als Beschützer hätte sie nicht gewählt, denn sie hielt ihn nicht für besonders klug oder unterhaltsam, aber seine Gemahlin hatte ihre verdrießliche Art abgelegt und wirkte dieser Tage lebhaft und gutgelaunt, was zeigte, dass sie all den Witz und den Geist hatte, der ihrem Gatten so völlig abging. Also war Beatrix auch diesem Vorschlag der Magistra gefolgt.
Sie dankte dem Kanzler und zog sich zurück, um, wie sie sagte, sich weiter in der edlen Kunst des Stickens zu üben. Dass sie in Wirklichkeit lernte, wie man Aloe mit heißem Eppichsaft mischte, um gegen die Verstopfung der Milz anzugehen, ging ihn nichts an.
* * *
Genügend Geld für eine bequeme Rückreise in den Norden zu bekommen, stellte sich als nicht weiter schwer für Walther heraus, wenngleich nicht ungefährlich, denn um an die Quelle zu gelangen, musste er sich mitten in ein frisches Kriegsgebiet begeben. Otto hatte auf den Bannspruch des Papstes reagiert, indem er in das Patrimonium Petri einfiel und umgehend eine ganze Reihe Städte eroberte – Radiocofani, Acquapendente, Mugnano, Roccalta, Rocca Veccia, Laterea, Vico, Vetral, seine Erfolge nahmen kein Ende. Sogar Montefiascone, die Stadt, aus welcher der junge Philipp von Schwaben nach dem Tod seines Bruders vertrieben worden war und seither dem Kirchenstaat angehörte, war nun von Ottos Truppen besetzt.
Der Papst, hörte Walther, als er sich einmal zu Ottos Hauptquartier in Abbadia San Salvatore durchgeschlagen hatte, zeigte sich allerdings nicht im mindesten beeindruckt und machte keine Anstalten, den Bann zurückzunehmen. Otto war gerade dabei, sich mit Diepold von Schweinspeunt zu beraten, als Walther ihm vorgeführt wurde.
»Ah, Herr Walther!«, erklärte er aufgeräumt. »Ihr kommt Uns gerade recht. Habt Ihr gehört, was der Heilige Vater gesagt hat, statt endlich die Rechtmäßigkeit Unserer Ansprüche zu bestätigen? Es reut Uns, den Menschen gemacht zu haben. Zu behaupten, mich gemacht zu haben, das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Ihr habt es in Eurem Lied ja prophezeit. Nun, es war abzusehen, dass der Papst mir in den Rücken fallen würde, aber so schnell hatte ich
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