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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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verständlich: Natürlich wollten der Kaiser und sein Kanzler, dass seine junge Gemahlin vom Besten der Besten beschützt wurde. Dabei seine Gemahlin als erste Hofdame zu erleben, versüßte die Angelegenheit noch ein wenig. Nicht, dass er von Liebe zu Jutta gepackt worden wäre, aber sie war seine Gattin, und so war jede Ehre für sie auch eine für ihn. Es war fürwahr sehr befriedigend, in jeder Stadt, in jeder Residenz endlich mit dem jeweiligen Gastgeber und der kleinen Kaiserin zusammen an der Spitze der Tafel zu sitzen, als wie bisher weiter unten.
    Es kam noch besser: Ihrem Tross schlossen sich Menschen an, die ihm zusätzlich Ansehen verschafften oder sich wenigstens nützlich machen konnten wie die Gesandtschaft der Kaufleute von Köln, die guten Wein mitbrachten. Sogar der unterhaltsame Walther von der Vogelweide stieß zu ihnen. Dietrich fand sich fähig, ihm zu verzeihen, dass Walther bei der Krönung in Rom anwesend gewesen war und er nicht. Dass Walther anders als bei dessen Aufenthalt in Thüringen kein Loblied darauf sang, was für ein wundervoller Mensch doch Dietrichs Schwiegervater war, sondern mit einem neuen Haufen Lieder wider die Pfaffen aus dem Süden zurückgekehrt war, trug zu Dietrichs Anerkennung bei. Mit Liebesliedern konnte er nicht viel anfangen, aber Spötteleien waren klar und unmissverständlich. Als sie beim Herzog von Zähringen zu Gast waren, schaute ihn dieser allerdings einmal von der Seite an und fragte: »Herr Dietrich, ist Euch eigentlich klar, was unser Freund da singt?« Dietrich runzelte die Stirn. Das Lied schien ihm nicht eben schwer zu verstehen.
Gott gibt zum König, wen er will,
das wundert uns fürwahr nicht viel.
Uns Laien wundert nur der Pfaffen Lehre,
denn was sie vor kurzem uns gelehrt,
das, sagen sie nun, sei jetzt verkehrt.
    Das sprach ja für sich selbst. »Nun, er beklagt, was er immer beklagt, die Einmischung der Pfaffen in unseren Thronstreit, und wie schnell der Papst sich gegen den Kaiser gewandt hat.«
    »Hmm«, machte Berthold von Zähringen. »Haben wir einen Thronstreit? Ich dachte, der sei mit dem Tod von Philipp, Gott habe ihn selig, beendet gewesen.«
    »Nicht Thronstreit«, verbesserte sich Dietrich. Warum hatte er den Ausdruck gewählt? Vielleicht, weil das »Gott gibt zum König, wen er will« nahelegte, dass es mehr als einen gab, immer noch.
Durch welche Rede sind wir denn betrogen,
erzählt es endlich uns mit Grund,
die alte oder neue?
Es scheint uns, eine sei gelogen,
zwei Zungen passen nicht in einen Mund.
    Mit einem Mal schien es Dietrich, als wäre er in eine andere Welt geglitten, die seines Schwiegervaters, wo man auf jedes Wort achten musste, weil es oft doppelte Bedeutungen hatte.
    »Es ist nur so«, sagte der Herzog von Zähringen, »dass ich mich frage, ob unser geliebter Kaiser, wenn er erst mit seinem Krieg im Süden fertig ist, darangehen wird, noch andere Versprechungen rückgängig zu machen als diejenigen, die er seinerzeit dem Papst gegeben hat. Ich bin nicht mehr jung, Herr Dietrich. Ich war bereits nicht mehr jung, als man mir angeboten hat, selbst König und Kaiser zu werden, und ich wusste, warum ich das ablehnte. Alles, was ich verlange, ist, meine Güter in Frieden zu genießen. Einschließlich derer, die einmal Heinrich dem Löwen gehört haben.«
    Dietrich wurde blass um die Nase. Sowohl sein Schwiegervater als auch er besaßen Ländereien, die zum alten Herzogtum Heinrichs des Löwen gehört hatten. Wenn Hermann es sich auch leisten konnte, sie wieder zu verlieren, bei all dem, was ihm durch sein gewinnträchtiges Seitenwechseln im letzten Jahrzehnt sonst noch zugefallen war, Dietrich war nicht gesonnen, auch nur eine Pfarrei abzugeben. Zu lange war er im Leben zu kurz gekommen und in seinen Erwartungen enttäuscht worden. »Ihr meint, der Kaiser könnte vorhaben, das alte Herzogtum der Welfen wiederherzustellen?«
    »Ich glaube, der Kaiser hat in all den Jahren, in denen seine Familie verbannt war, und in jenen, als er gegen Philipp kämpfte, eine lange Rechnung aufgestellt, mit vielen Schuldnern. Und er hat gerade erst begonnen, sie einzufordern.«
    Das waren alles andere als beruhigende Gedanken!
    »Meine Gemahlin«, sagte der Zähringer, »meint, dass nichts gefährlicher sei als ein Mann, der zu lange auf sein Glück warten muss, denn das zu lange Warten habe ihn sauer gemacht wie überfälligen Wein. Ich bin dem Kaiser nur ein paarmal begegnet, aber mir scheint, da könnte sie recht haben.«
    Dietrich blickte

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