Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
Herrscher keine schlechte Einstellung, und was ihm Gugliemo über den Befehl hinsichtlich der Besitzurkunden erzählt hatte, erfüllte Walther mit einer bewundernden Schadenfreude auf Kosten der Ritter. Man würde weitersehen müssen.
    Er wiederholte das, was er gesagt hatte, auf Latein und fügte gleich hinzu: »Herr Diepold hat dem neuen Kaiser seinen Lehnseid geleistet und ist im Gegenzug von ihm zum Herzog von Spoleto und Großkapitän von Apulien ernannt worden.«
    »Was?«, rief Gugliemo entgeistert auf Deutsch. »Das hättet Ihr mir aber in Palermo auch schon erzählen müssen!«
    »Wer hätte gedacht, dass der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ein Pferdetäuscher ist, der mit Dingen handelt, die ihm nicht gehören«, sagte Friedrich trocken. »Und Ihr, Herr Nachtigall, wer seid Ihr? Was treibt Euch dazu, mir diese Nachricht zu überbringen?«
    »Mir gefällt der Name Nachtigall zu sehr, um meine schnöde Wirklichkeit dagegenzusetzen«, entgegnete Walther mit einer schwungvollen Verbeugung. »Es zieht uns Vögel stets in den Süden, da wäre es ein Jammer, dabei nicht dem Herrn Siziliens meine Aufwartung zu machen.«
    »Mit anderen Worten, Ihr seid Euch noch nicht sicher, ob Ihr mir die Wahrheit erzählen wollt«, konterte Friedrich. »Nun, für die Nachricht, die Ihr brachtet, habt Ihr auf jeden Fall Obdach für die Nacht verdient. Folgt mir.«

    Der König Siziliens lebte in einem kleinen Castello, das den Namen Burg nicht verdient hatte, denn es gab nahezu keine Schutzmauer und noch nicht einmal Türme. Dafür war es in jenem morgenländischen Stil gebaut, den hier so viele Gebäude besaßen, und wirkte wie das Heim eines Patriarchen aus der Bibel, nur dass die jungen Leute, die es bewohnten, ganz und gar nichts mit der Vorstellung zu tun hatten, die sich Walther von Abraham, Isaak und Jakob gemacht hatte. Sie erschienen ihm eher wie Studenten, rührig und stets lebhaft schwatzend. Es gab auch ein paar Frauen, die Königin, von der Friedrich gesprochen hatte, und ihre Mägde. Constanza von Aragon stellte sich als anmutige Dame heraus, die gut zehn Jahre älter als ihr junger Gemahl war, ihm gegenüber aber eine zuneigungsvolle und leicht mütterliche Haltung an den Tag legte. Sie war es, die Walther die nächste Überraschung bereitete, denn natürlich bot er an, zur Unterhaltung am Abend mit ein paar Liedern beizutragen, obwohl die deutsche Sprache, in der sie verfasst waren, den Zuhörerkreis erheblich einschränkte.
    »Das ist ein Lied Walthers von der Vogelweide«, sagte die Herrin Constanza erfreut. »Ich schätze ihn sehr.«
    Es kostete ihn viel Mühe, doch Walther unterdrückte gerade noch ein Strahlen und beließ es bei einem bloßen Lächeln. »Ihr kennt die Lieder deutscher Minnesänger, Euer Gnaden?«
    »Ich war einst Königin von Ungarn«, entgegnete sie, »in meiner ersten Ehe.« Ein Schatten flog über ihr Gesicht, aber ihre Stimme blieb gleichmäßig süß, als sie hinzufügte: »Dort spielte man zahlreiche deutsche Lieder, selbst bevor die Andechs-Meranier kamen. Mein verstorbener Gemahl schätzte vor allem Herrn Reinmar und Herrn Wolfram, doch mir waren ihre Weisen, das muss ich gestehen, bisweilen zu blutleer. Die Troubadoure in meiner Heimat glühen heftiger. Weil ich den Unterschied kenne, erscheint mir Herr Walther heute als der Erste unter den deutschen Sängern.«
    »In diesem Fall wird es mir eine Freude sein, noch mehr seiner Lieder für Euch zu spielen, edle Herrin.«
    »Herr Gugliemo«, warf der junge König ein, »mag eine Übersetzung für uns Übrige hinzufügen, damit wir etwas mehr von der Darbietung verstehen.« Gugliemo schaute drein, als könne er sich nicht entscheiden, ob er sich geschmeichelt fühlte, mit einbezogen zu werden, oder sich weit fort wünschte, damit sein Freund Schweinspeunt nichts von diesem Ausflug erfuhr und auf den Gedanken kam, sein alter Freund hinterginge ihn. Walther machte ihm das Leben erst einfach, indem er zwei Liebeslieder sang, dann schwerer, als er das Lied von den drei fehlenden Dingen im Reich hinzufügte.
    »Das«, erläuterte Gugliemo, »stammt noch aus der Zeit, da es zwei Könige im Reich gab und Krieg herrschte.«
    »So ganz anders als der herzerwärmende Frieden und die Gegnerlosigkeit, in der wir heute leben«, bemerkte Friedrich.
    »Euer Gnaden«, stammelte Gugliemo, »gewiss wird der Kaiser Sizilien als Euer Lehen bestätigen. Ihr seid immerhin der Vetter seiner Gemahlin.«
    »Herr Gugliemo, ich bin ein frommer Sohn. Meine

Weitere Kostenlose Bücher