Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
was?«
Fuggers Stimme war kalt: »Ich werde persönlich dafür bei Lorenzo de' Medici um Verzeihung bitten.«
Er hatte Mut, das musste man ihm lassen. Ich hatte Lorenzo den Prächtigen in Florenz kennen gelernt und wusste, dass keine Gefahr für Leib und Leben des jungen Herrn Fugger bestand, aber er selbst konnte das nicht wissen. Dennoch war ich mir sicher, dass auch diese Geste weniger seiner tiefeninneren Überzeugung entsprang, sich schändlich verhalten zu haben, sondern vielmehr den gleichen geschäftspolitischen Erwägungen wie die Stiftung für die Opfer des Aufstands. Ich konnte nicht umhin, ihn mit einem gewissen Widerwillen zu bewundern.
»Sie wissen gut Bescheid«, sagte Fugger zu mir. »Ich hatte Gelegenheit, alles aus nächster Nähe zu betrachten.«
Er nickte, ohne weiter nachzufragen. Gregor nutzte die kurze Pause und beugte sich nach vorn.
»Ich möchte, dass Sie mir etwas über die Erzhütte bei Reutte erzählen.«
Fugger ließ sich eine Weile Zeit mit der Antwort. Es hatte den Anschein, dass er sein Gedächtnis nach einem Hinweis absuchte, was diese Frage zu bedeuten hatte, und zu keinem Ergebnis kam. Möglicherweise war es seine Absicht, diesen Eindruck zu erwecken. Schließlich zuckte er mit den Schultern. »Sollte ich wissen, wovon Sie sprechen, questor?«
Gregor lächelte überheblich. Ich war beinahe überrascht, dass er noch immer der Geschichte hinterherjagte, die Hurlocher erzählt hatte. Scheinbar waren seine Gedanken während der Nachtruhe in eine andere Richtung gelaufen als meine. Außerdem waren ihm die Erkenntnisse vom Vormittag nicht zuteil geworden. Ich holte Atem, um einzugreifen, doch ich kam nicht zu Wort.
»Die Fälschungen«, erklärte Gregor genüsslich. »Wegen der zurückgegebenen Sicherheiten, die in Wirklichkeit Übereignungen waren.«
»Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen.« Fugger warf mir einen Seitenblick zu, der Gregor nicht entging.
»Tun Sie bloß nicht so!«, brauste er auf. »Wir haben Zeugen, dass Sie die alleinigen Besitzrechte Ulrich Hoechstetters an dem Bergwerk anzweifeln.«
»Ich kenne wirklich nicht jeden Vorgang in unserem Haus«, erwiderte Fugger. Sein Gesichtsausdruck war unbewegt, doch seine Augen blitzten vor Ärger, in seinem eigenen Haus derartangefahren zu werden. »Selbst wenn dem so wäre – ist das im Moment wichtig genug, um mich von den Reisevorbereitungen abzuhalten?«
»Den Reisevorbereitungen oder den Vorbereitungen der großen Abschiedsfeier?«
»Gregor, warte mal ...«, begann ich.
»Ich breche übermorgen auf, und es ist nichts weiter geplant als ein Besuch in der Kirche und die Verabschiedung von meinen Brüdern.« Fugger klang trotz seines Ärgers befremdet. Ich glaubte ihm aufs Wort. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser kühle Mann zum Auftakt seiner schwierigen geschäftspolitischen Mission mehr tat, als um den Beistand Gottes zu bitten.
»Bevor ich mit Ihnen fertig bin, werden Sie nirgendwo hingehen«, verkündete Gregor.
Fugger sah ihn ungläubig an. »Ach nein?«
Gregor kniff die Lippen zusammen und rieb sich unbewusst den Bauch, wo offenbar ein weiterer Block aus Ärger wie ein geschlossenes Burgtor seiner Verdauung im Weg lag.
»Gregor«, sagte ich, »wolltest du nicht wegen dieser Sache zuerst mit den Familien Welser und Gossembrot sprechen?« Ich erinnerte mich, dass Hurlocher in erster Linie diese beiden Namen genannt hatte. Gregor funkelte mich an; ich hatte das Gefühl, dass ich bei meinem Versuch, ihm einen Rückzugsweg zur Wahrung seines Gesichtes zu eröffnen, versagt hatte.
»Ich weiß sehr gut, wann ich mit wem sprechen will«, zischte er.
Jakob Fugger machte Anstalten, aufzustehen. »Das ist mir zu dumm«, erklärte er. »Questor, ich habe mir Zeit für Sie genommen, obwohl wir im Allgemeinen keinen Kontakt pflegen und die Meinung des Hauses Fugger über Sinn und Unsinn der bischöflichen Einmischungen in die Angelegenheiten der freien Bürger bekannt ist.«
»Wir möchten von Ihnen etwas über Ludwig Stinglhammer erfahren«, sagte ich.
Fugger verstummte. Gregor riss die Augen auf; Jana hattemich einmal mit dem gleichen Gesichtsausdruck angesehen, als ich mit einem unbedachten Wort eine über ein langes Gespräch hinweg vorbereitete Verhandlungsfinte zerstört hatte. Ich war mir allerdings sicher, dass Janas geplante Finte mehr Sinn gemacht hatte als alles, worauf Gregor hinauswollte.
»Der Mann ist tot«, sagte Fugger. Wenn ich erwartet hatte, dass er anfügte: Der Herr erbarme sich
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