Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
erklärte sie, und ich konnte nicht sagen, ob ihre Stimme beruhigend oder enttäuscht klang. Sie sah mich an, dann versuchte sie zu lächeln und schob eine Haarsträhne nach hinten, die ihr über das erhitzte Gesicht gefallen war. Ich lehnte mich vorsichtig zurück und ließ die Hände in meinem Schoß, erleichtert, dass das Prickeln und die Steifheit verschwanden.
»Muss ich mich jetzt dumm fühlen?«, fragte sie.
»Nein.«
»Fühlst du dich dumm?« So sehr sie sich auch Mühe gab, sie konnte nicht verhindern, dass ihr Blick kurz auf meinen Schoß fiel.
So dumm wie jeder Mann, dessen Pracht sich aufgerichtet hat, wenn er es auf keinen Fall wollte, dachte ich und sagte: »Ja.«
»Wenn ich mich nicht dumm fühlen muss, dann du genauso wenig.«
»Der Mann, der einmal wirklich zu dir gehören wird, ist zu beneiden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Keine Plattheiten.«
»Ich habe es so gemeint.«
Sie schüttelte den Kopf erneut und atmete dann ein. Sie gab sich einen Ruck, aber offensichtlich fiel es ihr schwer, zu der Situation vor dem Kuss zurückzukehren.
»Elisabeth«, sagte ich, »wenn ich sagen würde: Ich wünsche, es gäbe meine Gefährtin nicht, wäre es gelogen, denn tatsächlich wünsche ich nichts mehr, als dass sie hier wäre. Wenn ich sagen würde: Ich habe ihre Hand gespürt und nicht deine, dann wäre es ebenso gelogen, und das Gleiche gilt für den Kuss. Aber das alles ändert nichts daran, dass sie es war, an die ich dachte, während deine Finger mich dort unten aufgeweckt haben und deine Zunge meine berührte. Ich kann nicht die Liebkosung einer Frau erwidern, wenn ich dabei an eine andere denke, und ich kann nicht zu der einen zärtlich sein, wenn es die andere ist, die mein Herz ausfüllt.«
In ihren Augen waren plötzlich Tränen. Sie zwinkerte.
»Du musst nicht viele Worte machen über etwas, das du mir schon erklärt hast«, flüsterte sie rau. »Ich mag Grund haben, mich dumm zu fühlen, aber das heißt nicht, dass ich dumm bin.«
Ich seufzte. »Ich hätte Albert nicht erlauben sollen, dich mitzunehmen«, sagte ich.
»Vielleicht hättest du das wirklich nicht.«
Sie wandte sich ab und sah zum Fenster hinaus. Ich richtete meine Kleidung und suchte nach etwas, das ich sagen konnte. Aber sie hatte Recht – ich hatte bereits genug gesagt.
Als Albert mit der Kamille zurückkam, wusch sie die offenen Wunden an meinem Körper mit Bischof Peters letztem, teurem Wein aus, nähte die Stelle hinter meinem Ohr mit einer zuvor über eine Kerzenflamme gehaltenen Nadel und einem dünnen, festen Faden, den sie durch den Wein gezogen hatte, und drückte mir schließlich den Humpen mit dem Rest des Weins in die Hand und bemerkte, wenn die Schmerzen zu groß würden, sollte ich damit nicht zurückhaltend sein. Ich konnte mir kaum größere Schmerzen vorstellen als die, die ich währendihrer Behandlung mit zusammengebissenen Zähnen und leise fluchend ertragen und dennoch willkommen geheißen hatte, weil sie die letzten Zweifel aus meinen Lenden vertrieben, dass ich doch das Falsche getan haben mochte.
Albert brachte sie wieder hinaus, und ich legte mich auf mein Bett, den Unterarm über den Augen, und gestattete mir ein paar Momente der Verzweiflung wegen der Brücke, die zwischen Elisabeth und mir verbrannt war, wegen der Schmerzen, die meinen Leib ausfüllten wie den eines Geräderten, wegen meiner Tochter und wegen des Umstands, dass der Mensch, den ich jetzt am nötigsten gehabt hätte, nicht anwesend war.
»Jana, oh Jana«, krächzte ich und fühlte die Tränen des Selbstmitleids auf meiner Zunge.
Ich schloss die Augen und drängte die Tränen zurück. Dann schwang ich vorsichtig die Beine aus dem Bett und stand auf. Noch immer schwindelte mir, aber der Schmerz der nun frisch ausgewaschenen Wunden war erträglicher als vorher. Das Zimmer hörte nach einer Weile auf, sich um mich zu drehen, auch, als ich ein paar Schritte auf die Truhe zu machte.
Sollte Lutz mir nochmals über den Weg laufen, würde er auch das teure Gewand aus Florenz ruinieren. Nur würde ich mir darüber dann keine Gedanken mehr zu machen brauchen.
Ich hatte noch einiges zu tun. Also zog ich mich um und schleppte mich aus der Kammer.
Den Wein rührte ich nicht an.
2.
Als ich am oberen Ende der Treppe stand, die hinunter ins Erdgeschoss führte, war mir zweierlei klar: dass ich mit Elisabeth Klotz meine einzige ernst zu nehmende Verbündete verloren hatte (Gregor verfolgte seine eigenen Ziele, und Hilarius Wilhelm hätte
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