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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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ich trotz meiner Rettung aus der Schankstube nicht das Schwarze unterm Fingernagel anvertrauen wollen), und dass ich es in meinem Zustand nicht schaffen würde, aus eigenen Kräften zu Ulrich Hoechstetters Haus zu gelangen. Ich keuchte wie nach einem Dauerlauf und fühlte mich deutlich schlechter als noch wenige Augenblicke zuvor in meiner Kammer.
    Grunzend nahm ich die Treppe in Angriff und tastete mich mit einer Hand an der Wand nach unten. Albert stand vor dem Eingang zum Palast und starrte mit hängenden Schultern zum Ausgang beim Burggrafenturm hinüber. Er zuckte zusammen, als ich neben ihn schlurfte und ihn ansprach.
    »Sie hat sich nicht von dir fahren lassen, nehme ich an.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Was hat sie noch gesagt?«
    »Nichts.« Trotz seiner dröhnenden Stimme klang es leise.
    Ich wusste nicht, ob er ahnte, was zwischen uns vorgefallen war (nämlich nichts), oder ob er fürchtete, dass da etwas gewesen war in den Minuten, in denen er nach der Kamille gesucht hatte. Ich überlegte, ob es meine Aufgabe war, ihn einzuweihen, aber auch seine Enkelin hatte ihn im Dunkeln gelassen, und ich wählte einmal mehr den Ausweg der Feiglinge, indem ich beschloss, dass es in ihrem Ermessen lag, was sie ihrem Großvater anvertrauen wollte und was nicht. Wir standen eine Weile nebeneinander da, beide mit vornübergebeugten Körpern undins Leere gaffend. Ich war überzeugt, dass ich in diesem Moment keinen Tag jünger wirkte als er.
    »Ich brauche dich noch einmal«, sagte ich zuletzt.
    Er blickte mir ins Gesicht. »Wozu?«
    »Ich muss zu Karl Hoechstetter, aber auf eigenen Füßen komme ich nicht mal aus dem Fronhof hinaus.«
    »Warum bist du nicht mit ...?« Er brach ab und musterte mich. »Aber du sitzt neben mir auf dem Bock«, sagte er dann streng. »Das mit der Kutsche war eine Ausnahme, weil es dir nicht gut ging, und jetzt bist du ja wieder halbwegs in Ordnung.«
    Ich grinste ihn mühsam an und nickte. War ich wieder halbwegs in Ordnung? Ich fühlte mich wie halbwegs in der Hölle, aber wenn er es sagte, musste es wohl stimmen.
     
    Während die Kutsche langsam den steilen Weg hinab zur Ebene der Bürgerstadt zurücklegte, überdachte ich die Lage. Die Fahrt war zu kurz, um sich einen Plan zurechtzulegen, doch ich war ohnehin nicht in der Lage, über den nächsten Schritt hinauszudenken.
    Was immer ich wegen Marias Verwicklung in die Mordfälle gefürchtet hatte, war ich tief im Inneren doch immer überzeugt gewesen, dass Dädalus' unbekannter Komplize der Mörder war, der Komplize, der sich jetzt als Karl Hoechstetter herausgestellt hatte. Er hatte Dädalus beseitigt, um sich einen Mitwisser vom Hals zu schaffen, und er hatte Stinglhammer beseitigt, um der Gefahr zu entgehen, dass seine Umtriebe bei Ulrich Hoechstetter bekannt würden.
    Dabei war es nicht abwegig anzunehmen, dass Maria den Tod ihres Mannes und ihr eigenes Elend an denen zu rächen versuchte, die daran in letzter Konsequenz schuld waren. Der Besuch von Martin Dädalus' Beerdigung und ihr Verhalten bei dieser Gelegenheit sprachen dafür. Ludwig Stinglhammer, der ohne zu zögern das durchgeführt hatte, was sich Dädalus und Karl Hoechstetter ausdachten, war ein ebenso nahe liegendes Opfer.
    Nun, nachdem die Auseinandersetzung zwischen Lutz und mir den Namen des dritten Mannes ans Licht gebracht hatte, war der Faktor die perfekte Besetzung für die Rolle des dritten Opfers, von dem Hilarius Wilhelm von Anfang an gesprochen hatte.
    Als die Kutsche hinter der Metzg um die Ecke bog, war mir bewusst geworden, dass ich auf dem Weg war, den Mann zu retten, der meinen Schwiegersohn als naiven Strohmann missbraucht und seinen Tod in Kauf genommen hatte und der meine Tochter bewusst ihrem Schicksal überlassen hatte, um sie zu diskreditieren (und – daran hegte ich keinen Zweifel – sie von Lutz beseitigen zu lassen, sobald ihr Tod keinen Staub mehr aufwirbelte). Ich musste ihn beschützen, denn wenn wirklich Maria die Mörderin war, dann hatte sie keine andere Wahl, als in dieser Nacht zuzuschlagen. Und dann durfte sie keinem anderen Menschen in die Hände geraten als mir, wenn ich sie vor einem langen Weg auf dem Schinderkarren durch die Stadt und zur Richtstätte auf dem Fischmarkt bewahren wollte.
    Es war fast, als hörte ich Bischof Peter hinten in der Kutsche murmeln: »Das nennt man die Gerechtigkeit in ihrem Lauf behindern. Das verhöhnt alles, wofür du dich jemals eingesetzt hast.«
    Er fügte nicht hinzu, dass er selbst vor Jahren

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