Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
mich seitwärts drehte, die Arme gegen die Rippen presste und mich dann in die Höhe stemmte, ohne die Muskulatur des Oberkörpers anzustrengen. Meine Hüfte protestierte zwar, und das aufgerissene Schienbein brannte, doch waren die Schmerzen erträglicher als die Stiche, die von meinen Rippen ausgingen, wenn ich mich unvorsichtig bewegte. Gegen das Schwindelgefühl und die Kopfschmerzen konnte ich ohnehin nichts unternehmen. Der Ritt hinaus zu den römischen Gräbern hatte meine Verfassung nochmals verschlechtert. Ich war ein Fall für ein Ruhelager, Kräutertränke und Heilsalben, wenn ich nicht einen bleibenden Schaden davontragen wollte, das war mir bewusst. Dennoch reizte mich Gregors Resignation, nötigenfalls auch ohne ihn weiterzuforschen. Gregor sah mir bei meinen Verrenkungen zu und machte ein Gesicht wie jemand, der einem Kerngesunden dabei zusieht, wie er krank spielt. Ich humpelte zum Fenster hinüber.
»Hast du deine Tochter gefunden?«, fragte Gregor zu meiner Überraschung.
Ich gab seinen Blick zurück und fühlte plötzlich das Bedürfnis, ihm meine Befürchtungen Maria betreffend und meine Erleichterung darüber mitzuteilen, dass sie durch den Mord an Onsorg als Verdächtige ausschied. In diesem Moment rasselteund klapperte draußen die Kutsche und kam vor dem Eingang zum Stehen. Das Pferd wieherte. Ich hörte Alberts tragende Stimme durch das geschlossene Fenster.
»Du kannst das nicht verstehen«, sagte Gregor. »Ich sag dir was: Für dich ist das alles hier nur ein Spiel ... wenn es dich langweilt, mir zuzuarbeiten, packst du einfach deinen Kram und verschwindest. Ich kann dich nicht halten, höchstens um unserer Freundschaft willen, derer ich manchmal nicht einmal sicher bin ... Ich sag dir was: Das kannst du nicht verstehen, wenn du nicht in meiner Haut steckst.«
Was ich ihm hatte anvertrauen wollen, blieb ungesagt. Stattdessen sagte ich: »Ich habe sie noch nicht gefunden.«
»Das ist wahrscheinlich das Einzige, was dich noch hier hält«, erklärte er voller Pathos und hatte zur Abwechslung einmal beinahe Recht. »Wenn du sie aufgestöbert hast, kehrst du mir den Rücken.«
Ich hörte Albert mit den Pferdeknechten zanken, wandte mich um und riss das Fenster auf, um mich in die warme, tiefdunkle Sommernacht hinauszubeugen. Das Rathaus war hell erleuchtet von Fackeln und Öllampen, und ich konnte mir vorstellen, wer dort zum letzten Mal eingetroffen war. Die Lichter, die an den finstersten und unübersichtlichsten Ecken Augsburgs an den Gassenecken angebracht waren, sorgten nur für einzelne, schütter verstreute helle Pünktchen, als wären trübe Sterne vom Himmel gefallen, mit helleren Inseln da, wo die Häuser der wohlhabenden Patrizier durch opulentere Beleuchtung den Reichtum der Bewohner und ihre Sorge um die Sicherheit der städtischen Gassen demonstrierten. Dort, wo Ulrich Hoechstetters Haus zu vermuten war, war das Licht besonders hell. Direkt unter mir stritten sich zwei Knechte mit Stroh in Haaren und Kleidung mit Albert herum und wollten ihn nicht hereinlassen.
»Was ist denn nun schon wieder los?«, stöhnte Gregor. »Können sie mir denn keine Ruhe lassen?«
»Albert!«, rief ich hinunter.
Der alte Kutscher zuckte zusammen und sah herauf. SeinFinger schoss nach oben, deutete auf mich. Sein Haar stand nach allen Seiten ab, und sein Gesicht war verzerrt im Fackellicht.
»BUB !«, schrie er und schüttelte den Finger gegen mich. Er keuchte vor Anstrengung. »Bub!«
»Schon gut. Komm rauf. Ich hab es ihm selbst gesagt. Kein Problem.«
»Bub ...« Er versuchte zu Atem zu kommen.
»Komm rauf«, rief ich. »Um Himmels willen, du weckst noch die Mäuse drüben im Dom auf.«
Ich sah ihn die Hände zu Fäusten ballen und seine Atemlosigkeit verwünschen. Dann hastete er steifbeinig zum Eingang und ließ die Kutsche bei den Pferdeknechten zurück. Bemerkenswert! Ich machte das Fenster zu und fühlte ein leises Ziehen im Bauch. Dass er seinen Auftrag, Gregor zu benachrichtigen, nicht ausgeführt hatte, konnte ihn nicht so stark beunruhigen, dass er die Kutsche des Bischofs im Stich ließ.
»Wer soll raufkommen?«, fragte Gregor.
»Albert. Ich hatte ihn im Hoechstetter-Haus zurückgelassen, und eigentlich hätte er dich benachrichtigen sollen. Er hat es wieder vergessen ...«
»Der Alte hat hier oben nichts zu suchen.«
»Er geht gleich wieder«, beruhigte ich ihn. Gregor machte ein finsteres Gesicht. »Wozu hast du ihn überhaupt zu Hoechstetter mitgenommen?«
»Ich
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