Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
noch eine Ladung Salz transportierte, und sie haben dort das Stapelrecht... aber ...«
»Ich möchte, dass der Stadtvogt von der Ermittlung in diesem Fall ausgeschlossen wird ...«, verlangte Gregor.
»In welchem Fall, zum Henker?!«, brauste Hoechstetter auf. »Wenn das stimmt, was ich höre, ist in meinem Haus der Teufel aus- und eingegangen. Was ist hier wirklich geschehen?«
»Wenn man Onsorg dazuzählt«, seufzte Langenmantel, »ist das hier der vierte Mord innerhalb weniger Tage. Drei davon stehen mit Ihrem Haus in Verbindung. Den Teufel haben dieLeute ins Spiel gebracht – wenn ich allerdings bedenke, wie die Morde verübt wurden und was allein heute Nacht mit Jos Onsorg passiert ist, kann ich sie durchaus verstehen.«
»Dann sehen Sie sich das hier an«, sagte Hoechstetter und trat beiseite.
Gregor drängte sich grob vor. Als er einen Blick in Hoechstetters Zimmer werfen konnte, blieb er wie angewurzelt stehen.
Ich hatte ihn vorher schon wahrgenommen: den Geruch von verbranntem Fleisch zwischen dem kalten Rauch. Als Gregor einen weiteren Schritt in den Raum machte und den Durchgang freigab, konnten auch Ulrich Hoechstetter, Langenmantel und ich eintreten. Der Lehnstuhl, der in der Mitte des Raums gestanden hatte, war umgestürzt. Aus seiner Lage war zu schließen, dass Karl Hoechstetter ihn vor die Kaminöffnung gezogen hatte. Ein Teil der Rückenlehne war abgebrochen – der Stuhl war nicht einfach nur umgefallen. Im Inneren des Raumes war der Geruch stärker. Karl Hoechstetter hatte die beiden Ratschläge des Abends – Lutz' zynischen und Ulrich Hoechstetters ungeduldigen – offenbar befolgt und ein Feuer im Kamin angezündet. Er hatte den Stuhl davor gezerrt und versucht, die Schmerzen in seinem Knie mit der trockenen Hitze des Kaminfeuers zu bekämpfen. Nun würde er nie wieder Schmerzen im Knie haben.
»Mein Gott«, sagte Langenmantel angesichts Karl Hoechstetters Leiche, als wäre er ein Echo von Ulrich Hoechstetters Worten. »So sterben zu müssen.«
»Die Tür war von innen verriegelt«, erklärte Hoechstetter ruhig. »Ich musste sie eintreten.«
Der Faktor des Hauses Hoechstetter lag in seinen teuren Mantel gekleidet zwischen dem umgekippten Stuhl und der Kaminöffnung, ein scharlachrotes Mahnmal seines eigenen Todes im Ruß und der Asche des ehemaligen Kaminfeuers. Die angesengten Holzklötze waren zum Teil aus dem Kamin gerollt und lagen um ihn herum. Das Feuer konnte nicht lange gebrannt haben. An ein paar Stellen war der Holzboden schwarzfleckig,wo die dort zum Liegen gekommenen Äste weitergeschwelt und die Bohlen versengt hatten. Eines der Stücke war neben Karl Hoechstetters Gesicht gerollt, hatte seinen Bart in Flammen gesetzt und den unteren Teil seines Gesichts verbrannt. Das war die Quelle des Gestanks nach verbrannter Haut. Es sah scheußlich genug aus, hatte ihm vermutlich aber keine Qual mehr bereitet.
Gregor wandte sich um. Er zeigte mit etwas auf den toten Faktor und holte Luft. Tatsächlich hatte er das Stöckchen mit der elfenbeinernen Hand mitgebracht, mit dem er bereits Stinglhammers Leiche untersucht hatte. Aus irgendeinem Grund brachte mich das lächerliche Werkzeug gegen ihn auf.
»Es ist wie bei allen anderen«, sagte er bedeutungsvoll. »Ich werde Ihnen erklären, was ich herausgefunden habe ... Hören Sie gut zu, Stadtvogt ... Herr Hoechstetter ... ich sag Ihnen was ...«
»Es ist nicht wie bei allen anderen«, sagte ich. Drei Köpfe fuhren zu mir herum.
Maria, dachte ich. Du kannst es nicht gewesen sein, oder? Meine Instinkte sagen Nein und meine Furcht sagt Ja. Aber wie sehr auf meine Instinkte Verlass ist, sehen wir nun. Hätte ich meinen Beobachtungsposten nicht aufgegeben, wäre das hier anders verlaufen.
Wahrscheinlich hätte ich den Mord verhindern können. Stattdessen war ich zu einem anderen Mord hinausgeritten, der schon geschehen war. Meine Kopfschmerzen pochten heftig, aber nicht heftiger oder schneller als mein Herz.
»Es hat einen Kampf gegeben«, erklärte ich. »Das Holz ist nicht von allein aus dem Kamin gerollt, und der Stuhl wurde fast zerschmettert. Die beiden anderen Opfer wurden überrascht, er hier hatte erwartet, dass er der Nächste sein würde.«
»Das ist natürlich klar«, sagte Gregor. »Das brauchte ich nicht erst zu erwähnen. Aber abgesehen davon ...«
»... ist noch etwas anders.«
»Wer sind Sie eigentlich?«, fragte Ulrich Hoechstettermisstrauisch. »Ich dachte, Sie wollten Karl einen Besuch abstatten?«
»Er ist einer
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