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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Ecken aus, dann trat er mit dem Fuß in dem Häuflein altersgrauer Lumpen herum, als hoffte er, er habe das, was er suchte, aus Versehen mit herausgeworfen. Dann hielt er die Fackel in die Nischen rechts und links davon, die ebenso leer waren. Er schwieg.
    Ich schwang die Beine aus der Nische und hielt die Gesichtsmaske hoch.
    »Suchst du das hier?«, fragte ich.
    Er wirbelte herum und schrie auf vor Schreck. Die Kapuze fiel von seinem Kopf. Im Fackellicht sah er so jung aus wie damals, als ich ihn das erste Mal getroffen hatte.
    »Hallo, Gregor«, sagte ich. »Wie gehen die Geschäfte jetzt?«



BAHRPROBE

1.
    »Der Mord an Jos Onsorg«, sagte ich, »das warst du.«
    Er ließ die Fackel sinken. »Wie kommst du hierher?«, krächzte er.
    »Es ist schon mein zweiter Besuch, wenn du es genau wissen willst.«
    Er starrte mich an. Die Hand, in der er die Fackel hielt, zitterte. Das Licht flackerte über die Steine an Wänden und Decken und ließ die Schatten in den Nischen tanzen, in denen einst die Toten der kleinen christlichen Gemeinde des römischen Augsburgs zur Ruhe gebettet worden waren.
    »Du hast in keinem der Briefe an Bischof Johann die Morde erwähnt«, sagte ich, während ich zu ihm hinüberging. »Hättest du es getan, wäre er schnellstens nach Augsburg zurückgekommen; er hat ja nicht einmal so viel Vertrauen in dich, dass er dir in einer scheinbar vollkommen ruhigen Zeit die zweitägigen Rechenschaftsberichte erlässt. Die drei Toten im Haus Hoechstetter wären ihm vielleicht nicht wichtig gewesen, aber die Gerüchte über das Wiederauftauchen der Grubenleute hätten ihn sicher vehement interessiert. Und das konntest du nicht brauchen.«
    Gregor stand hinter dem Altar, ohne etwas zu sagen. Seine Augen schienen ebenso schwarze Löcher zu sein wie die der alten römischen Maske.
    »Dabei war es nicht das, was mich stutzig gemacht hat. Doch dass du nicht mit hinauskamst zu der Stelle, an der Jos Onsorg gefunden wurde, hat mir zu denken gegeben. Und noch ein paar andere kleinere Dinge, zum Beispiel, warum Jos Onsorg für das Treffen in dieser Nacht ausgerechnet die Maskerade wählte, die er verwendet hatte, als er bei deinen so genanntenheiligen Messen spionierte. Und dass er ausgerechnet an dem Tag in der Nähe des Gräberfeldes ermordet wurde, an dem er eine Menge Informationen über die Grubenleute bekommen hatte. Aber, wie gesagt, so wirklich auffällig war, dass du nicht zum Fundort der Leiche mit hinauskamst, während du bei den anderen Leichenfunden immer einer der Ersten warst.«
    »Ich hatte keine Zeit«, sagte Gregor rau.
    »Du hattest Angst vor der Bahrprobe. Du hattest Angst, dass das Blut des Leichnams plötzlich wieder zu fließen beginnt, wenn du in seine Nähe kommst, und dass alle dich anstarren und anfangen könnten, sich Fragen zu stellen. Aberglauben verleiht nicht nur Macht über andere Menschen, er hat auch Macht über dich.«
    Ich legte die Maske auf den Altar. Gregor rührte sich nicht, doch sein Blick folgte jeder meiner Bewegungen. Die Maske schimmerte im Fackellicht. Aus der Nähe und im Licht besehen war sie stumpf, voller Dellen und an manchen Stellen voll Grünspan. Sie war nicht einmal aus Gold, sondern aus Messing.
    »Was hat dich auf die Idee gebracht?«, fragte ich. »Die Grubenleute, die sich lieber von Bischof Peter und den Behörden aus der Stadt verbannen ließen, anstatt ihrem Glauben und ihrem Anführer abzuschwören?«
    »Du hast mich auf die Idee gebracht.«
    »Wie?«
    »Deine Beschwörung. Als du diesem Idioten damals eingeredet hast, er wäre besessen. Ein guter Witz, oder? Du wolltest es nicht mal. Ich sag dir was: Alles, was es brauchte, war ein bisschen Feuer, Weihrauch, Brimborium und die Bereitschaft zu glauben.«
    »Hast du mich deswegen nie verraten? Weil du dir diesen Weg zur Macht offen halten wolltest?«
    »Ich hab dich nicht verraten, weil ich dein Freund war. Ich bin es immer noch. Was denkst du, was Bischof Peter mit dir angestellt hätte, wenn er ...«
    »Ich habe es ihm ein paar Wochen später gebeichtet.«
    Gregor musterte mich. »Ich hätte mir denken können, dass du Narrenfreiheit hattest.« Er versuchte, es gemessen klingen zu lassen, doch bei den letzten Silben begann seine Stimme zu zittern.
    »Hat er es getan? Der arme Teufel? Legion? Hat er die Tochter von Wolfartshauser und ihre Zofe umgebracht?«, fragte ich Gregor.
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Komisch, dass einem manche Details erst auffallen, wenn man genügend Abstand hat. Die

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