Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
Holzspäne in den Hintern gezogen, sondern auch Bischof Peters Weltanschauung zu Eigen gemacht hatte. »Du weißt nicht, wen es alles trifft, und am Ende stehst du vor doppelt so vielen Gräbern von Unschuldigen, als du dir in deinen schlimmsten Befürchtungen ausgemalt hast. Nicht dass es mir Spaß machte, dem aufgeblasenen Kerl Recht zu geben, aber bei dieser Sache hat er ausnahmsweise mitgedacht, statt sich nur aufzublähen ...«
»Und wie viele Unschuldige erwischt es jetzt wegen des Ausbleibens einer Inquisition?«, krächzte der Alte auf der Bank. »Frag doch mal die zwei, die sich der Todesengel schon geholt hat.«
»Rat und Zunftversammlung weigerten sich, den Verurteilten am Perlachturm in den Käfig zu stecken und verhungern zu lassen. Sie sagten, bis der Tod einträte, hätte der Mönch noch genügend Gelegenheit, die Stadt und die Bewohner zu verfluchen und ihnen Satan und seine Brut auf den Hals zu hetzen. Sie weigerten sich desgleichen, seinen Leichnam dort aufzuhängen. Schließlich führte man den Mönch hinaus vordas Jakobertor, hängte ihn an einen Baum und verscharrte ihn gleich danach, ohne ihm noch einmal Gelegenheit zu geben, Verwünschungen hervorzustoßen oder seine Spießgesellen aus dem Reich der Finsternis zu Hilfe zu rufen.«
»Ich glaube, sie haben ihm vorher die Zunge herausgerissen«, sagte Elisabeth und schüttelte sich.
»Ich sage euch«, rief der Alte auf der Bank wieder, »sie haben nur eine Natter aus dem Schlangennest gezogen. Eine von Dutzenden.«
»Hör auf«, rief Elisabeth. »Das erzählst du nun schon seit Monaten!«
»Und die Morde beweisen, dass ich Recht habe!«, keifte der Alte zurück. »Ihr werdet euch noch umsehen.«
»Die Grubenleute«, murmelte Albert düster.
Bischof Johann und Ulrich Schwarz hatten einen Nigromanten hingerichtet; sie hatten dabei fast alle Gesetze gebrochen, die man sich denken konnte, angefangen bei der Tatsache, dass Bischof Johann den Mönch exemtiert hatte. Selbst Bischof Peter hatte damals seine schützende Hand über eines Verbrechens verdächtige Geistliche gehalten, so lange es nur ging, was nicht hieß, dass er nicht mit den ihm selbst zur Verfügung stehenden Mitteln so hart gegen die Übeltäter vorging, dass manch einer wünschte, der städtischen Gerichtsbarkeit übergeben worden zu sein. Dabei hatte er nur bei einer Anklage Toleranz gezeigt: bei Zauberei, denn er hatte nicht daran geglaubt, dass es Zauberer und Hexen gab. Als ich ihn einmal fragte, wie er es mit der Beschwörung des Prinzen der Finsternis halte, hatte er geantwortet: »Luzifer war immerhin Gottes erster Engel, und so wie es keinem Menschen gelingt, Michael, Gabriel oder Rafael herbeizubefehlen, wird es mit Luzifer ebenso wenig gelingen.«
»Abgesehen davon«, hatte er einmal auf dem Weg aus der Stadt hinzugefügt und mit steinernem Gesicht die Leichname betrachtet, die am Galgen hingen, »benötigt der Mensch in seiner Bösartigkeit nicht die Hilfe des Teufels. Wir könnten ihm eher noch was beibringen.«
»Welche Rolle hat der Burggraf bei alldem gespielt?«, fragteich plötzlich. Elisabeth und Albert blickten überrascht auf. »Dieser Fall wäre ausnahmsweise in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen. Hat er sich die Sache so ohne weiteres aus den Händen nehmen lassen?«
»Der Burggraf war es doch, der dem Stadtvogt geraten hat, den Mönch nicht zu verbrennen«, erklärte Albert ungeduldig.
»Ich dachte, Sie hätten Ulrich Schwarz gemeint.«
»Wenn ich von einem aufgeblasenen Kerl spreche«, erwiderte Albert und warf sich in die Brust, »spreche ich immer vom Burggrafen.«
Gregor hatte offensichtlich Besonnenheit walten lassen. Dass er die Hoheit über diese Geschichte mit den Stadtbehörden hatte teilen müssen, mochte ihm von Bischof Johann befohlen worden sein; dass er sich selbst so weit zurückgenommen hatte, nicht ein gewaltiges Feuer anzünden zu lassen, in dem der unselige englische Mönch verbrannte und in dessen Schein Gregor wenigstens einen kurzen Schatten der Macht über das Pflaster der Augsburger Straßen warf, gereichte ihm jedoch zur Ehre. Ich lächelte. Selbst Albert Klotz konnte nicht umhin, Gregor zumindest für diese Tat seinen Respekt auszusprechen. Hätte es einen Scheiterhaufen in der Stadt gegeben, wäre es nicht bei diesem einen Flammentod geblieben.
»Ulrich Schwarz hat es nicht vor dem Galgen gerettet«, sagte Albert, als habe er meine Gedanken gelesen.
»Verdammte Schande«, fluchte einer der Alten. »Er hätte das
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