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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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nach ihm geraten war.
    »Da war im Frühjahr dieser Pfaffe ... den sie gehängt haben ... kurz vor Ulrich Schwarz ...«
    »Ein Mönch«, mischte sich Elisabeth ein, »das war ein Mönch. Ich glaube, es ist besser, wenn ich die Geschichte erzähle.«
    »Bitte!« Albert wedelte beleidigt mit den Händen. Elisabeth fasste ihn begütigend am Arm.
    »Es waren zwei Chorknaben aus Sankt Ulrich im Spiel. Als einer von ihnen schon längere Zeit nicht mehr zur Beichte erschienen war, nahm ihn der Beichtvater beiseite und versuchte, ihm ins Gewissen zu reden und ihn dazu zu bewegen, sich von seinen Sünden zu befreien.«
    Elisabeth sah zu Boden und schüttelte den Kopf. Alberts Augen bohrten sich in meine.
    »Was ist passiert?«
    Ich bemerkte plötzlich, wie still es in der Gesindekammer geworden war. Die anderen alten Männer hatten ihre krächzenden Unterhaltungen eingestellt und starrten zu uns herüber. Diejenigen, die nicht gut genug hörten, um uns verstanden zu haben, hatten am Gebaren der anderen erkannt, dass unser Gespräch in besondere Gefilde vorgedrungen war. Ihre Augen glänzten wie die von Raben, die in einem kahlen Baum nebender Straße hocken und jeden Vorbeigehenden mustern, bis er ihren Ansitz weit hinter sich gelassen hat. Ich fühlte mich mit einem Mal unwohl.
    »Der Junge blieb stumm«, sagte Elisabeth.
    »Verstockt«, brummte Albert.
    »Verhext«, erklärte einer der Alten heiser.
    »Der Beichtvater war gütig. Er beschloss, den Jungen zu segnen und zu warten, bis er sich von selbst öffnete. So teilte er ihm mit, er dürfe gehen, und schlug das Kreuz über ihn.«
    »Der Herr Jesus Christus schütze und behüte dich.«
    »Er begann zu schreien«, berichtete Elisabeth.
    »Ely, Ely, Sother, Sdbaoth.«
    »Er wand sich und presste die Hände an die Stirn, als würde ihn der Segen des Priesters verbrennen.«
    »Er konnte den Namen des Herrn nicht aussprechen.«
    »Er flehte um Gnade.«
    »Er rief um Hilfe«, knurrte Albert.
    »Er tat was?«
    »Er flehte um Beistand«, sagte Elisabeth und versuchte vergebens, vollkommen nüchtern zu bleiben. »Um wessen Beistand?« »Uriel«, flüsterte einer der Alten. »Raguel.« »Beelzebub!«
    »Die gefallenen Engel«, hörte ich mich sagen.
    »Er rief sie an, ihm zu Hilfe zu kommen.«
    »Er spuckte dem Priester ins Gesicht.«
    Diabolo diabolico, Satana sathanico, komm her zu mir!
    Niemand im Raum hatte es gesagt. Das Flüstern war plötzlich in meinen Ohren, und ich wusste nur zu gut, woher es kam.
    »Er rief die Dämonen an.«
    »Er war wie besessen«, flüsterte Elisabeth.
    »Er war besessen.«
    Ich blinzelte. Er war besessen. Ich hörte die Stimmen der alten Männer, doch in meinem Kopf schrie eine andere Stimme, und sie war nur wenig älter als die des Chorknaben, der dieFeinde Gottes um Hilfe anflehte. Und ich hörte eine weitere Stimme, die kühl und verächtlich auf die Gestalt einredete, die auf dem Boden kauerte wie ein geschlagenes Kind.
    Ich beschwöre dich, du lügenhafter Geist, mit den Worten der Wahrheit.
    »Er stürzte sich auf den Priester, als dieser ihn mit Weihwasser besprengte.«
    Meine eigene Stimme.
    »Er kreischte die unheiligen Namen ...«
    »Adin, Floron, Tubuas!«
    Ich erinnere mich. Ich habe Schuld auf mich geladen. »Sabaothl«
    »... bis der Priester vor Angst floh und die Tür hinter sich versperrte.«
    »Oriens, Amaymon, Paymon, Egim.«
    »Simiel, Azrael!«
    Ich wusste, was sie erzählen würden. Ich schloss die Augen und sah einen verkrümmten Leichnam zu Füßen eines unaussprechlichen Symbols liegen, das Blut um ihn herum schwarz.
    Azrael!
    »Nach einiger Zeit beruhigte er sich«, sagte Elisabeth trocken. »Die Menge, die sich vor der Zelle des Beichtvaters versammelt hatte, hörte ihn schluchzen.«
    »Dann kam der Mönch«, grollte Albert.
    »Er war ein großer, dunkler Mann, eine Statur wie ein Bär. Erst vor wenigen Monaten war er aus England herübergekommen und hatte sich nicht bemüht, Freunde unter seinen Brüdern zu gewinnen. Er schob sich durch die Menge und erklärte, er werde versuchen, dem Knaben zu helfen. Er habe keine Furcht vor den Mächten der Finsternis. Einem anderen Chorknaben befahl er, ihm zur Hand zu gehen, und versprach, ihm werde nichts geschehen.«
    »Der Junge gehorchte.«
    »Kein Zufall.«
    »Der Mönch bat den Beichtvater darum, die Türschwelle mit Weihwasser zu besprenkeln, nachdem er und der Jungedie Zelle betreten hätten. Als er die Tür entriegelte, befahl er allen, zurück in die Kirche zu gehen und

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