Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
des Hauses Hoechstetter – nur, weildas Familienoberhaupt noch keine Zeit hatte, sich näher mit ihm zu befassen.«
»Das ist nicht viel Neues, wenn ich es mit dem vergleiche, das ich weiß. Woher haben Sie Ihre Informationen?«
»Woher haben Sie die Ihren?«
»Was würden Sie tun, wenn der Burggraf Ihnen eine Chance gäbe?«
Wilhelm ging langsamer und sah mich an. »Ich würde nicht auf die Idee kommen, noch mal beim Burggrafen vorzusprechen.«
»Er führt die Ermittlungen, nicht ich.« Er zuckte mit den Schultern. »Dann müsste ich mich aber sehr täuschen«, brummte er fast unhörbar. »Was meinen Sie?«
»Was ich täte?« Er straffte sich und sah unglücklich zu Boden. »Ich würde zu den Orten gehen, an denen die Morde geschahen, dort den Kreis erschaffen, das Tor aufstoßen und den Dämon zurückschicken.«
»Sie haben sich soeben um die zweite und letzte Chance gebracht, dass ich Ihnen zuhöre«, sagte ich grimmig. »Ich meine, Sie haben mich gerettet, und dafür kann ich Ihnen nicht genug danken, und ich werde mich auch revanchieren, wenn ich kann – aber ich werde nicht zulassen, dass Sie Ihren faulen Zauber abziehen.«
Wilhelm lächelte wie jemand, der gerade auf die eine Wange geschlagen worden ist und den Mut sammelt, auch die andere hinzuhalten.
»Kennen Sie das alte heidnische Gräberfeld vor dem Gögginger Tor?«, fragte er leise.
Ich kniff die Augen zusammen. »Wollen Sie auf den englischen Mönch und seine Totenhand anspielen?«
Wilhelm blinzelte. Ich war überzeugt, dass sein Nichtwissen keine Schauspielerei war. »Schon gut«, sagte ich. »Und was immer Sie mir jetzt über irgendwelche Leichenteile oder unappetitliche Zeremonien zur Heraufbeschwörung eines schwefligen Höllenbruders erzählen wollen, lassen Sie es bleiben.«
»Über Leichenteile wollte ich nicht sprechen.« Er betonte es so unauffällig, dass ich aufhorchte.
»Stehlen Sie sich nachts aus dem Tor – oder gehen Sie am Tag raus und verstecken Sie sich. Sie werden dort etwas finden, wonach Sie suchen.«
Ich starrte ihn lange an. Er gab meinen Blick blinzelnd und zuckend zurück, aber er wich ihm nicht aus.
»Grubenleute?«, fragte ich schließlich heiser.
»Gehen Sie hinaus und sehen Sie selbst. Und dann sagen Sie mir, ob ich Ihr Vertrauen immer noch nicht wert bin.«
»Unfug!«
»Habe ich es nicht verdient, dass Sie mir wenigstens einmal glauben?«
Ich räusperte mich und fühlte plötzliche Verlegenheit. Er hatte mich davor gerettet, umgebracht oder wenigstens schlimm verprügelt zu werden, und ich vergalt es ihm mit krassen Unhöflichkeiten.
»Wie sind Sie überhaupt zu der verdammten Trinkstube gekommen?«, brummte ich.
»Ich bin Ihnen gefolgt, seit Sie mit der Dienstmagd vom Hoechstetter-Haus aufbrachen.«
»Ich hatte auf dem Markt das Gefühl, jemand beobachte mich.«
»Wenn Sie nicht glauben wollen, dass ein Engel des Todes umgeht und jeden anschaut«, sagte er und grinste verzerrt, »dann werde wohl ich das gewesen sein.«
»Was hat der Junge in den Kamin geschüttet?«
»Griechisches Feuer.«
»Wie man es auch für Feuerwerke verwendet? Das war alles?«
»Alles erschreckt, wenn man zu einem Zeitpunkt damit konfrontiert wird, an dem man es nicht erwartet.«
»Na, es hat seinen Zweck erfüllt. Ich dachte selbst einen Moment, mein letztes Stündlein sei gekommen.« Er lächelte bescheiden. »Allerdings dachte ich das schon, als Lutz mich um den Tisch herumzerrte. Wozu sind Sie mir gefolgt?«
»Um mit Ihnen das Gespräch zu führen, das wir jetzt geführt haben.« Er hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Werden Sie es tun? Zu den Heidengräbern hinausgehen?«
»Wahrscheinlich nicht!«
»Ich sagte, Sie sind mir etwas schuldig. Wenn ich meine Schuld einfordere, indem ich Ihnen sage, ich wünsche, dass Sie dort hinausgehen?«
»Ich würde diese Schuld lieber abtragen, indem ich Ihnen bei irgendetwas helfe.«
»Die Hilfe, die ich von Ihnen brauche, wollen Sie mir nicht geben.«
Diesmal seufzte ich. Er war ein Scharlatan und lebte vom Aberglauben der Leute, aber dass ich in seiner Schuld stand, war unbestreitbar. »Ich denke drüber nach«, brummte ich schließlich.
Er nickte und atmete aus. »Viel Glück«, murmelte er und gab dem schwachsinnigen Knaben ein Zeichen. Der Junge schenkte mir sein fröhlich-hirnloses Grinsen und schlurfte zu Wilhelm hinüber. Als er neben ihm stand, griff er nach seiner Hand. Wilhelm zog ihn mit sich, in den Nebel hinein.
»An Ihrer Stelle würde ich die
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