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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Aprikosen. Er bewahrte mich vor einem dritten Tritt, indem er mir wortlos aufhalf und sich höflich vor dem Herrn verbeugte und Entschuldigungen murmelte.
    Der maß meinen jungen Freund mit einem herablassenden Blick, wischte sich den Staub vom Talar und schritt erleichtert die Stufen zur Kirche hinauf.
    Das Gewicht seiner schweren Börse drückte ihn nicht mehr. Sie lag kurz darauf in meiner Hand.
    Manche gute Tat zahlt sich spät aus, für manch böse zahlt man gleich.

    Ich lächelte in die Runde und vermied es, einen Blick an die Hohe Tafel zu werfen. Ob der edle Stiftsherr sich wohl an den schmutzigen Bettler erinnerte?
    Bestimmt aber hatte ihn der Verlust seines Geldbeutels geschmerzt, denn der war reich mit Goldstücken gefüllt gewesen und hatte uns für die nächsten Wochen ein bequemes Leben gewährt. Aber darüber wollte ich an dieser Stelle keine Worte verlieren, sondern nahm den Faden meiner Handlung wieder auf.
     
    Vielleicht war es ein Glück, dass der edle Herr mich von meinem Platz verwiesen hatte. Am nächsten Morgen suchten wir eine andere Stelle, von der aus wir das bunte Treiben beobachten konnten.
    Und dann sah ich sie - im Gefolge der schwarzen Be - nediktinerinnen zog eine Jungfer in schlichtem grauem Gewand und weißem Schleier zu einem der hohen Zelte.
    »Line!«, entfuhr es mir, und Ismael an meiner Seite juchzte auf.
    »Meister, Ihr könnt sprechen!«
    »Sprechen ist zu viel gesagt«, krächzte ich. Aber doch, die Stimme hatte sich wieder eingefunden, und mit dem Wissen um ihre Gegenwart übte ich von jenem Tag an wieder, sie zu benutzen. Ich wiederholte alle die Lieder, die ich auswendig gelernt hatte, deklamierte sie leise erst, dann immer lauter, und jene, die mir zuhörten, blieben stehen und spendeten mir Beifall.
    Eines Tages blieb auch Line stehen und sah mich mit ungläubigen Augen an.
    Ich hatte mich verändert, seit ich sie im Kloster abgeliefert hatte. Meine Haare waren lang gewachsen, mein Gesicht bärtig, meine Stimme rau geworden. Ein Wunder, dass sie mich überhaupt erkannte. Aber sie tat es, und sie stahl sich aus der Obhut der Ordensfrauen, um sich zu mir zu setzen und zu erzählen. Man hatte sie, als sie krank war, im Hospiz sorgfältig gepflegt, und als sie wieder gesund war,
hatte die Äbtissin ihr angeboten, im Kloster zu wohnen. Sie hatte Gefallen an der Ruhe gefunden, an dem geregelten Tagesablauf und der Gesellschaft gleichaltriger Novizinnen. Doch als der Winter vorüber war und sie ein Jahr auf Rolandswerth verbracht hatte, weckte der Frühling in ihr wieder die Abenteuerlust - zudem hatte die Äbtissin begonnen, sie mehr und mehr zu drängen, den Schleier zu nehmen. Danach stand ihr jedoch nicht der Sinn, aber sie war mit Begeisterung dabei, als es hieß, dass die ehrwürdige Mutter zu dem Treffen der Fürsten und Edlen des Landes nach Lahnstein ziehen wollte, um den Vertreter des Kölner Erzbischofs zu begleiten. Insgeheim hoffte sie, hier eine Möglichkeit zu finden, der Obhut der Ordensfrauen zu entkommen.
     
    »Jetzt wird die ehrwürdige Mutter grau im Gesicht, Meister!«, zischelte Ismael.
    »Sie wird wissen, warum.«
    Laut fuhr ich mit meiner Geschichte fort.
     
    Mich aber fragte Line, ob ich die Laute, nach der ich mich auf der Suche befand, als sie krank geworden war, nun auch gefunden hatte. So berichtete ich ihr von unseren Erlebnissen und dem Verlust des kostbaren Instruments. Es war ihr Einfall, sich bei den Wachen nach dem Verbleib der Laute zu erkundigen, und mein getreuer Gefolgsmann machte sich auf die ihm eigene geschickte Art daran, ihre Spur aufzunehmen.
     
    Hier machte ich eine Pause und spielte wieder die heitere Melodie. Der Äbtissin würde sie überhaupt nicht gefallen, und schon gar nicht die nächste Strophe über des Ritters Schwertscheide. Aber vieles, was sie zu mir und über mich gesagt hatte, hatte mir ebenfalls nicht gefallen, also musste sie es jetzt eben leiden.

    »›Frau, lass mich deutlich wissen,
ob sie am Rande nicht verschlissen.‹
›O nein, auf meiner Seel und Treue,
gab ich sie meinem Manne einst wie neue.
Sie ist so feste wie ein Brett
außer an der einen Stätt,
dorten an dem Hängeband:
Das schad nicht Euch noch sonst jemand.‹«
    Gedämpftes Lachen kam von den Tischen, hinter mir aber grollte es empört. Doch weder Ulrich noch der Stiftsherr erhoben ihre Stimme, um mir Einhalt zu gebieten. Also fuhr ich mit meiner Geschichte fort.
Die Rückkehr der Laute
    Ismael fand nach wenigen Tagen heraus, dass die Laute,

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