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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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die ich in das Räuberlager mitgenommen hatte, in die Hände der Mannen des Erzbischofs gelangt war. Die hatten damals die fliehenden Räuber bis zu ihrer Unterkunft verfolgt und alles mitgenommen, was sich dort an Beute angesammelt hatte. Lohn für ihre Arbeit - so sahen sie es wohl. Mit dem Musikinstrument konnten die rauen Kerle weniger anfangen als mit goldenen Fibeln, Münzen und Weinfässchen. Der Hauptmann der Wache hatte die Laute eine Weile bei sich behalten, er ahnte wohl, dass sie einen gewissen Wert darstellte, und als die hohen Herrschaften so nach und nach eintrafen, hatte er auch einen Käufer dafür gefunden.
    Die Laute befand sich nun in den Händen eines Höflings, der zwar das Saitenspiel nicht beherrschte, sich aber einen Nimbus künstlerischer Gewandtheit damit zulegen wollte. Nachdem Ismael mich auf ihn aufmerksam gemacht hatte, beobachtete ich ihn, wie er, schmuck in goldbesticktem Wams und mit zierlich gedrehten Locken, den Minnesänger spielte. Dabei klampfte er unmelodiös ein paar Töne
und gab gestelzte Verse von sich, die vermutlich seiner eigenen Dichtkunst entsprungen waren. Da er aber seiner Umgebung eine Augenweide bot, blieben etliche von den aufgeputzten Damen bei ihm stehen und ließen sich seine blumigen Komplimente gefallen.
    Die Laute entfaltete sogar bei ihm ihre Magie, wollte mir scheinen, wenngleich Line mich deswegen kräftig auslachte. Trotzdem jammerte es mich, das Instrument in derart unwürdigen Händen zu sehen, und ich überlegte laut, wie ich es wieder an mich bringen konnte.
    Ismael und Line stimmten in diese Überlegungen ein, und es war der Jungfer zu verdanken, dass wir eine Lösung fanden. Sie hatte nämlich bemerkt, dass der Höfling dem Würfelspiel zugeneigt war, und entwarf einen Plan, ihm die Laute im Spiel abzugewinnen. Es mag ein Glück für mich gewesen sein, dass ich das genaue Vorgehen nicht selbst miterlebt habe, denn das Spiel war weit gefährlicher, als die beiden mich glauben machen wollten.
    Ismael, der Fingerfertige, nämlich lieh sich irgendwo in den Zelten ein paar Frauenkleider aus, malte sich ein hübsches Dirnengesicht und überredete Line, dasselbe zu tun. Gemeinsam suchten sie den Höfling auf, stellten sich als Geschwisterpaar vor, bekundeten ihre Freude an seiner Darbietung, und Ismael lud ihn dann zu einer Würfelrunde ein. Ich will nicht leugnen, dass mein junger Begleiter einige Kunstfertigkeit besitzt, wenn es darum geht, die richtige Augenzahl zu werfen. Sie spielten erst um kleine Münzen, dann um höhere Einsätze, und als Ismael immer mehr und mehr verlor, setzte er schließlich die Gunst seiner »Schwester« Line als Preis aus - und forderte als Gegeneinsatz die Laute.
    Sie gewannen.
    Die Laute war zu mir zurückgekehrt.
     
    Ich sah in die Runde und bemerkte die bösen Blicke, die der duftende Höfling mir zuwarf. Er schien sich lebhaft an die
Posse zu erinnern. Allerdings mochte es ihn überraschen, dass Ismael die kecke Dirne war, die ihn übertölpelt hatte. Ich hoffte allerdings, dass er Line nicht wiedererkannte.
    Nach einigen Tonläufen setze ich meine Erzählung fort.
     
    Der August schritt voran, und die Kurfürsten setzten ihre Beratungen darüber fort, was mit dem ungeliebten und unfähigen König Wenzel zu geschehen hatte. Ich übte meine Stimme, und seit der sanft gewölbte Leib meiner Laute sich wieder an den meinen schmiegte und ihre Saiten perlende Töne um mich webten, fand ich auch wieder zum Gesang zurück. Auch begann ich mehr und mehr an den Mächten des Schicksals zu zweifeln. Denn die zwei Dutzend Jahre meines Lebens waren verstrichen, und weder Kerker noch Galgen waren mein Los geworden, wie man es mir vorhergesagt hatte. Sollte der Unglücksstern, unter dem ich geboren war, seine Macht über mich verloren haben? Oder wartete der härteste aller Schläge einfach noch auf mich?
    Oder wirkten die magischen Kräfte der Laute als Gegenmittel gegen mein böses Geschick? Denn obwohl meine Stimme ihre Reinheit und Klarheit verloren hatte, lauschten mehr und mehr Menschen mir, wenn ich auf meinem Schemel zwischen den Zelten saß und meine Lieder vortrug.
    Darüber wurde selbst Rupert von der Pfalz auf mich aufmerksam, und so erhielt ich die Einladung, bei den Mahlzeiten der hohen Herrschaften aufzuspielen. Reichen Lohn erhielt ich dafür, dass ich die Lieder der hohen und der niederen Minne spielte, wenn es gewünscht wurde auch derbere Sauf- und Rauflieder oder die sanften Weisen, die der Natur abgelauscht

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