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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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will ich Euch singen.«
    »Keines der Minne heute?«, wollte der Domgraf wissen.
    »Der Gottesminne wohl. Die Minne hat viele Seiten, und
nicht alle sind von Süße und Zärtlichkeit, sondern handeln von herber Pflicht und Opfern.«
    Der Gelehrte war an diesem Abend nicht zum Dozieren aufgelegt, sondern aß mit grämlich unbewegter Miene sein Mahl auf. Ich ermunterte den Handelsherrn, uns von seinen Reisen in die Länder um das mittelländische Meer zu berichten, der Domgraf fragte ihn nach seinen Erfahrungen mit den heidnischen Völkern aus, und ich musterte dieweil mein hübsches Gegenüber. Engelin mochte von dem Sturz doch einige Schmerzen haben, aber die Beule an ihrer Schläfe verdeckten geschickt die blonden Locken, so wie die weiten Ärmel ihrer Houppelande die Abschürfungen und Prellungen an ihren Armen bedeckten. Sie würde Casta gegenüber einige Ausreden erfunden haben, denn wie ich die Maiden kannte, hatten sie sich beim Ankleiden gegenseitig geholfen. Auch Casta hatte ein anderes Gewand gewählt, das mir entfernt bekannt vorkam. Aus safrangelbem Brokat war das ihre und mit schmalen, gestickten Borten besetzt.
    Safrangelb und mit prächtigem braunem Pelzbesatz versehen, so hatte ich es einst an Margarethe von Langel, der Burgherrin, gesehen. Also hatten die Jungfern die Truhen geöffnet, in denen der Putz der ehemaligen Burgherrin ruhte. Verständlich, denn mit großem Gepäck war das Reisen beschwerlich, und vermutlich hatte auch niemand mit einem tagelangen Aufenthalt gerechnet.
    Nur gut, dass die Äbtissin beschlossen hatte, ihre Kemenate zu hüten. Dieser Raubzug durch ihre kostbaren Kleider mochte ihren Unwillen schüren und den jungen Frauen zornige Reden bescheren.
    Ich hatte es früher als gegeben hingenommen, dass die Burgherrin in prachtvollen Kleidern prunkte. Doch später hatte ich bemerkt, dass auch die wohledlen Damen des Alltags schlichte Kleider trugen und nicht wenige von ihnen sich tatkräftig an den Arbeiten in Haus und Hof beteiligten. Margarethe hingegen hatte allenfalls ein paar zierliche Stickereien ausgeführt.

    Es war an diesem Abend schwül im Saal, und vor den Fenstern wurde es dunkel. Der Dunst hatte sich zu Wolken verdichtet, ein leises Donnergrollen kündigte ein Unwetter in der Ferne an. Vielleicht würde es vorbeiziehen, vielleicht sich über unseren Häuptern entladen. Auf jeden Fall aber drückte es auf die Stimmung.
    Es wurde Zeit, ein Lied anzustimmen.
    Ismael hatte die Laute bereits zur Hohen Tafel gebracht und setzte sich auch gleich wieder zu mir, als ich sie ergriff.
    »Hat Krawall mit der Ehrwürdigen gegeben«, wisperte er.
    »Sieht so aus. Darum kümmern wir uns später. Jetzt wollen wir das Palästinalied anstimmen. Rühr die Trommel, Ismael.«
    Er tat es, und martialischer Rhythmus brachte die Anwesenden zum Schweigen. Ich fiel mit der Melodie ein, und dann sang ich zu Trommelschlag und Donnergrollen.
    »Nun erst lebe ich in Würde,
seit mein sündiges Auge sieht
das hehre Land und auch die Erde,
der man viele Ehren gibt.
Mir ist geschehen, worum ich bat:
Ich bin kommen zu der Statt,
da Gott als Mensch auftrat.« 16
Die Buße des Helden
    Hört nun, was mir geschah, als der neue König gekrönt, die Zelte in Lahnstein abgebrochen waren. Eine glückliche Zeit brach für mich an. Eine schöne Geliebte war mein, man hatte mir reichen Lohn für meinen Gesang gezahlt, und so beschloss ich, den Herzenswunsch meiner Mutter zu erfüllen.

    In jenen dunklen Tagen der Leiden hatte ich oft an sie gedacht, und auch wenn ich meinen Glauben an Gottes Gnade verloren hatte, der ihre war immer unerschütterlich und fest gewesen. Ich hatte sogar dann und wann daran gedacht, zu ihr zurückzukehren, doch das neue Leben lockte weit mehr. Also war der Besuch bei einer Heiligen das, was ich stattdessen in Erwägung zog.
    Heilige, und das konnte ich nicht leugnen, übten auf mich noch immer einen gewissen Reiz aus, auch wenn der Fingernagel des Kunibert nicht eben wirkungsvoll seine Hand schützend über mich gehalten hatte. Ich gab den betrügerischen Reliquienhändlern die Schuld daran, die mit allerlei gefälschten Knöchelchen und Zähnen, Holzsplittern und Tuchfetzchen ihr Geschäft mit den Leichtgläubigen machten. Auf den Märkten, die ich inzwischen kennengelernt hatte, waren mir derartige Schwindler oft genug aufgefallen.
    Aber wahre Reliquien, die Gebeine einer echten Heiligen, die mochten noch immer Segen spenden.
    Hildegard von Bingen, die wundertätige Äbtissin, hatte

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