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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ich mich wenden wollte, war es ihnen leicht, mich zu überrumpeln.
    Sie hatte gründliche Arbeit geleistet, irgendein Spitzel hatte uns gesehen und den Mannen einen Hinweis auf unseren Unterschlupf gegeben. Sie erschienen eines Abends in der Taverne, um uns gefangen zu nehmen.
    Uns gelang die Flucht, und das war mein Glück, denn hätten sie mich gefasst, wäre ich den Schergen der Inquisition übergeben worden, und die Anklage der Zauberei hätte weitere Folter und Kerkerhaft bedeutet. Dank Ismaels umsichtiger Hilfe aber schafften wir es, ungesehen zu entkommen und auf der anderen Seite des Rheines eine Unterkunft zu finden. Noch hatten wir einen kleinen Vorrat an Münzen, aber meine wichtigste Einnahmequelle war versiegt, die Laute vernichtet.
    Das lange Lied meiner Leiden hatte eine neue Strophe erhalten.

Die Wandlung des Helden
    Wir wanderten südwärts, und völlig geknickt landeten Ismael und ich einige Tage später in einer Taverne in Mainz. Unsere Mittel waren erschöpft; Ismael erwog, die Pferde zu verkaufen, um von dem Erlös eine neue Laute für mich zu erstehen.
    Es würde jedoch nie wieder solch ein magisches Instrument sein, wie das, was ich verloren hatte. Doch die Pferde verkauften wir dann doch, um unseren Unterhalt zu bestreiten.
    Mag es sich für Euch auch anhören wie der Jammer eines dummen Tropfes - ich hatte jahrelang nach dieser Laute gesucht, ich hatte sie verloren und unsägliche Qualen durchgemacht, bis sie wieder in meinen Händen lag. Ich hatte Ruhm und Ehre mit ihr gewonnen, ja reichen Lohn erhalten, ein schönes Weib erobert und verstoßen, und durch ihre List war nun das, was das Ziel meiner ganzen Wanderung war, unwiederbringlich zerstört.
    Man könnte sogar sagen, meine Seele war mit ihr zusammen zerstört.
    Ich war ohne Kraft, ohne Willen, lebte wie ein Geist vor mich hin, nicht bereit, mein Schicksal in die Hand zu nehmen. Ein Tag nach dem anderen verging, der Erlös aus dem Verkauf der Pferde verschwand in den gierigen Händen des Wirts, der Winter rückte näher, das Reisen würde beschwerlich, fast unmöglich werden. Außerdem wusste ich nicht, wohin ich mich wenden sollte, ziellos war mein Leben geworden.
    Doch als ich an dem tiefsten Punkt meines Unglücks angekommen war, vollführte das Rad der Fortuna eine neue Drehung.
    Ich saß bei einem Krug Wein in der Taverne, die um die Nachmittagsstunden beinahe leer war, und starrte in das lodernde Feuer im Kamin. Die Tür öffnete sich, und mit einem Schwall kalter Luft traten drei Männer ein. Härene
Mäntel, lange Wanderstäbe, breitkrempige Hüte, Ledertaschen und Gurden am Gürtel wiesen sie als Pilger aus. Der Wirt grüßte sie ehrerbietig und wies ihnen die Plätze an der Feuerstelle an.
    Sie entboten mir einen freundlichen Gruß und setzten sich zu mir. Aus den Worten, die sie mit der Schankmaid wechselten, entnahm ich, dass sie auf dem Rückweg von Köln waren, wo sie die Heiligen Drei Könige aufgesucht hatten.
    Plötzlich starrte mich einer der drei Pilger an. Er war ein älterer Mann, seine Haare schon ergraut, doch sein Gesicht wirkte lebhaft, seine Augen scharf. Etwas füllig war er unter seinem rauen Mantel, doch nicht fett, sondern untersetzt und kräftig.
    Ein seltsamer Anflug von Wiedererkennen wehte auch mich an.
    Ich hatte ihn schon einmal getroffen.
    »Herr«, sagte er. »Mein Name ist Erasmus von der Heyd, und ich glaube, wir sind einander schon einmal begegnet.«
    »Euer Name, wohledler Herr, sagt mir nichts, doch Euer Gesicht kommt auch mir bekannt vor. Mich nennt man Hardo.«
    »Hardo? Sonst nichts?«
    »Nichts mehr. Aber das ist eine andere Geschichte.«
    »Ich bin Kaufmann - sind wir uns in Geschäften begegnet?«
    Kaufmann - das Gesicht verband sich mit einem Ereignis. Der Mann, den ich bei dem Überfall auf den Händlerkonvoi hatte laufen lassen. Der uns anschließend die Mannen des Erzbischofs hinterhergehetzt hatte.
    Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich wieder geflohen.
    So aber senkte ich nur den Kopf, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
    »Oh!«, sagte er plötzlich. »Die drei Könige scheinen mir gut zugehört zu haben. Ich tat einst ein Gelübde, zu ihnen zu pilgern, wenn ich heil aus einem Überfall auf unsere
Reisegruppe entkommen würde. Ein junger Räuber, der bereits den Dolch in der Hand hielt, um mich zu ermorden, gab mir stattdessen einen derben Fußtritt und forderte mich auf zu verschwinden. Ich war mein Lebtag noch nie so dankbar, mit Füßen getreten zu werden, wie in diesem

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