Das Spiel des Saengers Historischer Roman
mit Ismael.
Im Sommer zogen wir nach Venedig.
Im Fondaco dei Tedeschi führten drei Gehilfen des Erasmus von der Heyd die Geschäfte. Er wies mich an, dort für ein Jahr zu bleiben und von ihnen zu lernen. Im kommenden Jahr würde er wiederkommen und mich prüfen.
Es war ein erstaunliches Jahr, das ich in dieser erstaunlichen Stadt verbrachte. Ich lernte von den musikalischen Einwohnern nicht nur neue Weisen und neue Lieder, sondern auch die Sprache und die Art, wie man Geschäfte einträglich führt.
Meine Aufgaben musste ich wohl zur Zufriedenheit meines Herrn erledigt haben, denn im nächsten Sommer schickte er mich nach Alexandria. Im darauffolgenden Frühjahr kehrte ich auf einem Schiff, reich mit den Schätzen des Orients beladen, nach Venedig zurück, und er gab mir als Lohn einen Anteil an der Fracht. Zusammen mit diesem Lohn gab er mir auch den Rat, dieses Geld gewinnbringend einzusetzen. Also machte ich meine zweite und dritte Handelsfahrt in den Orient und kehrte erst im nächsten Jahr im Herbst als wohlhabender Mann und reich an Erfahrungen, neuem Wissen und tiefen Einsichten nach Speyer zurück.
Denn ich hatte auch das Heilige Land betreten.
»Christen, Juden und die Heiden
Wähnen, dass dies ihr Erbe sei;
Gott müsste es zu Rechte scheiden
Durch die seinen Namen drei.
All die Welt streitet daher:
Wir sind an dem rechten Begehr:
Recht ist das er uns gewähr.«
Das Gemurmel konnte ich selbst mit meinem lauten Gesang nicht übertönen. Nun gut, es mochte eine kleine Überraschung für jene sein, die den albernen Minnesänger belächelt hatten. Hinrich van Dyke war in ein lebhaftes Gespräch mit dem Domgrafen von Speyer verwickelt, Engelin strahlte mich an, widmete sich dann aber sofort wieder ihrer Freundin Casta. Loretta sah säuerlich drein. Tja, eine Gelegenheit durch Genörgel verpasst. Doktor Humbert, der Gelehrte, war von seinem Platz am rechten Tisch aufgestanden und zu seinem Neffen Lucas getreten. Auch die beiden würden etwas zum Nachdenken haben. Der Kaplan mischte sich in ihr Gespräch ein, Ida lächelte mir zu, und Jonata sah mich traurig an.
Ismael erzeugte noch einen kräftigen Trommelwirbel,
dann ließen wir die Instrumente schweigen, und Ulrich gab das Zeichen, die Tafeln aufzuheben.
Er legte mir im Vorbeigehen die Hand auf die Schulter.
»Ihr habt ordentlich für Trubel gesorgt, Meister«, sagte Ismael und reichte mir die Hülle meiner Laute.
»Eine unerwartete Wendung der Geschichte, ich weiß.«
»Werdet Ihr morgen vom Bazar erzählen und von den Karawanen? Und den morgenländischen Bädern und den Schlangen, die zur Flöte tanzen, und den Karfunkelsteinen?«
»Nein, Ismael. Für all diese Geschichten bräuchten wir mehr als tausendundeine Nacht. Und wir haben nur noch eine - die morgige.«
Ein greller Blitz erhellte den Rittersaal, der Donner krachte gleich darauf mit gewaltigem Getöse - das Gewitter war mit aller Macht zurückgekehrt!
Nächtliche Gespräche
Ismael hatte Ida wieder einen Korb voll Pasteten abgeschmeichelt und saß mampfend auf meinem Lager. Ulrich ließ auf sich warten, aber ich war sicher, dass er noch kommen würde, um die übliche nächtliche Unterhaltung mit uns zu führen.
Vor den dicken Mauern tobte sich lautstark das Unwetter aus, ich hatte die Holzläden vor dem Fenster zugezogen, und die Sturmböen ließen den Regen gegen sie prasseln. Die Fackel rußte, die Öllampe tänzelte unstet, es klapperten Hagelkörner auf die Holzschindeln des Wehrgangs.
»Besser hier drin zu sitzen als auf einem Schiff«, nuschelte Ismael zwischen zwei Bissen. Ich nickte. Der Junge mochte ein fähiger Reisender sein, aber sowie er sich auf See befand, litt er erbärmlich unter dem Geschaukel. Was ihn aber nicht hindern würde, weitere Reisen zu unternehmen.
Ich langte ebenfalls in den Korb mit dem herzhaften Gebäck
und aß schweigend. Was ich heute preisgegeben hatte, würde verschiedene Reaktionen hervorrufen. Fast bedauerte ich, dass die Äbtissin nicht ihren üblichen Platz an der Hohen Tafel eingenommen hatte. Aber irgendwer würde ihr die Nachricht schon überbringen. Und mir würde ebenfalls irgendjemand erzählen, woher der Stiftsherr seine aufgeplatzte Lippe hatte.
Schließlich kam Ulrich und brachte den frisch gefüllten Weinkrug mit.
»Es zieht westwärts ab«, verkündete er.
»Es wird einigen Schaden hinterlassen. Es ist an der Zeit, die Tore wieder zu öffnen.«
»Das liegt an Euch, Hardo.«
»Ich weiß. Morgen beende ich die
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