Das Spiel des Saengers Historischer Roman
Aufmerksam lauschte ich den bemerkenswerten
Einzelheiten, die uns jetzt Doktor Humberts bester Freund in giftigem Ton enthüllte.
Graf Adolph von der Mark hatte schon zu seinen Lebzeiten seinem Sohn Dietrich das Grafenamt übergeben. Dietrich war mit den Aussagen seines Astrologen jedoch nicht sonderlich zufrieden, kurzum, er hatte ihn, als er in Amt und Würden war, einen Scharlatan geschimpft und ihn umgehend vom Hof in Hamm verjagt.
Ulrich war das offensichtlich genauso neu wie mir. Ich hörte ihn überrascht die Luft einziehen.
Magister Johannes wölbte seine Brust und berichtete nun, wie er durch seine trefflichen Beziehungen zu Kölner Gelehrten und Klerikalen Doktor Humbert den Weg an die neu gegründete Universität geebnet hatte. Die Botschaft, dass er dort für eine Professorenstelle in Frage kam, hatte den Gelehrten in Hamm erreicht. Er hatte seine Habseligkeiten auf einen Eselskarren geladen und war damit Richtung Langel gezogen, um sich auf der Burg für seine Gespräche mit den Universitätsangehörigen vorzubereiten.
Ich hatte kurzfristig das ungewöhnliche Bild vor Augen, wie der hochmütige Doktor staubig und mürrisch auf seinem mit Folianten und Schriftrollen, Astrolabien und Himmelskarten beladenen Kärrchen saß und den störrischen Esel über die unebenen Wege des Bergischen Landes lenkte. Wäre die Angelegenheit nicht so ernst gewesen, hätte ich schmunzeln müssen.
»Ich war an jenem Nachmittag unterwegs nach Zündorf, denn dort lag in der Burg die alte Hauswartin im Sterben und bedurfte der letzten Ölung. Auf dem Rückweg begegnete ich Doktor Humbert.«
Der Kaplan drehte sich um und grinste den Gelehrten hämisch an.
Heilige Apollonia von den Zahnschmerzen!
Dann fuhr Magister Johannes fort. Er habe den Doktor gebeten, auf dem Pachtgut vorbeizufahren, um das Fässchen Wein abzuholen, das Cuntz ihm als Gegenleistung für die
Beerdigung seines Pferdeknechts versprochen hatte. Der Pächter war als säumiger Schuldner bekannt, und auf den Karren würde das Fass eben noch passen. Johannes selbst hatte noch einen Besuch bei einer Wöchnerin abzustatten, deren Kind auf den Tod kränkelte. Dann war er zur Burg zurückgekehrt und hatte auf das Eintreffen des Gelehrten gewartet. Der war aber nicht erschienen, sondern hatte sich spornstreichs nach Köln aufgemacht. Erst zur Beerdigung seines Bruders Eberhart vier Tage später tauchte er wieder auf.
»Ich wusste doch, dass der alte Schleimer mir noch etwas verschwiegen hatte«, zischte Ulrich zwischen den Zähnen hervor.
»Cuntz sollte die Geschichte bestätigen können.«
»Sollte er tunlichst.« Und lauter dann rief der Ritter den Pächter nach vorne.
»Ist es richtig, dass du Magister Johannes ein Fässchen Wein schuldetest?«
»Ja, Herr. Das stimmt. Der wollte immer Wein haben. Weil der Herr damit so kniepig war.«
»Hat Doktor Humbert an jenem Tag das Gut aufgesucht, um dieses Fass abzuholen?«
»Nein, Herr.«
»Cuntz?«
»Ich hab ihn nicht gesehen, Herr. Auf Ehre.«
»Aber jemand auf dem Gut könnte ihn bemerkt haben.«
Der Pächter sah uns einen Moment etwas blöde an, dann nickte er. »Könnt sein, Herr. Einer vom Gesinde oder so.«
»Das werden wir morgen herausfinden. Setz dich.«
»Die Leute braucht Ihr gar nicht zu befragen. Der Humbert hat es mir gegenüber ja zugegeben«, sagte der Kaplan mit einem süffisanten Lächeln. »Er hat sogar zugehört, wie der Sigmund und Eberhart gestritten haben. Und als der zugestochen hat, ist er weggelaufen.«
Apollonia half da auch nicht mehr. Ich knirschte mit den Zähnen. Dann beherrschte ich mich und fragte mit einigermaßen
ruhiger Stimme: »Zugegeben hat er es? Ich wundere mich, warum, Magister Johannes. Hatte er einen Anlass dazu?«
Nun wand der Kaplan sich doch. Ich half nach.
»Ihr wusstet um das Ränkespiel, das Sigmund und Cuntz betrieben haben. Sigmund hat Euch durch Erpressung zum Schweigen gebracht, aber Doktor Humbert gegenüber habt Ihr das Schweigen gebrochen.«
»Ich … ich wollte wissen, warum er damals nicht zur Burg gekommen ist.«
»Woraufhin er Euch gesagt hat, dass er Zeuge war, wie sein Bruder zu Tode kam, und er darauf feige geflohen ist?«
»Ja, ja, das hat er getan.«
»Und er war gar nicht überrascht, dass man Gerwin die Schuld an der Tat gab, die er gesehen hat?«
»Doch, aber es war ihm sehr recht so.«
Wie gerne hätte ich diesem schmierigen Humbert die Faust ins Gesicht geschlagen.
»Es war ihm recht, dass ich einen Unschuldigen dem Henker
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