Das Spiel des Saengers Historischer Roman
Kinder zu nähren. Mein Vater hat Selbstmord begangen, meine Mutter ist schuldig des Verrats.«
Ich hatte Achtung vor Jonata. Sie hatte ihre Lage messerscharf erkannt und zusammengefasst. Die Strafe, die Cuntz ereilen würde, würde auch sie treffen. Zudem waren die Angehörigen eines Selbstmörders nicht erbberechtigt, was immer Sigmund an Vermögen hatte, stand weder ihr noch ihren Kindern zu. Und Ida hatte sich durch ihr Schweigen ebenfalls schuldig gemacht.
Dennoch war Jonata als Einzige unschuldig.
»Bittet Ihr um Gnade für Cuntz, um weiter als Pächterin auf dem Hof leben zu können?«, fragte Ulrich.
Sie senkte den Kopf.
»Er ist schuldig, Herr. Aber ich weiß nicht weiter.«
Sie dauerte mich von Herzen, aber viel konnte ich ihr nicht helfen. Trotzdem versuchte ich es.
»Morgen, Jonata, wird Herr Ulrich darüber befinden, wem das Lehen zugesprochen wird. Der neue Lehnsmann wird sich Eurer annehmen.«
Ulrich nickte.
»Ich werde darauf sehen. Die Sünden der Väter sollen nicht die Kinder tragen.«
Jonata stand auf und verbeugte sich ungeschickt, dann ging sie leise aus dem Raum.
»Armes Weib!«
»Ja, das ist sie, doch nicht aus eigener Schuld. Ich habe heute Vormittag kurz das Pachtgut besucht. Das Gesinde ist fleißig, der Hof ordentlich, und die Leute begegnen ihr mit Respekt.«
»Wir werden eine Lösung finden. Kommt herein!«, rief er, als das nächste Klopfen ertönte.
Der Ritter zuckte ein wenig zusammen, als Casta eintrat.
»Edles Fräulein, nehmt Platz«, forderte ich sie auf. »Für wen wollt Ihr gutsprechen?«
Ihre Augen blitzten.
»Nicht für meine Mutter, wie Ihr fürchtet.«
»Hatten wir Furcht, Hardo?«
»Ihr schon.«
Ulrich brummte etwas Unverständliches.
»Wem gilt dann Eure Bitte um Gnade, edles Fräulein?«, fragte ich sanft.
»Ich spreche für Frau Ida, Hardo. Ich weiß, es wäre ihre Pflicht gewesen, über ihren Zweifel am Tod des Burgherrn Aussage zu machen, und dass sie Euren Vater verraten hat, ist eine ungeheuerliche Tat. Aber Engelin und ich haben uns heute lange mit ihr unterhalten, nachdem sie sich, unachtsam durch Angst und Gewissensnot, verletzt hatte. Sie ist ein duldsames Weib und hat viel Demütigung ertragen müssen, nicht nur durch ihren Mann, auch durch meine Mutter. Sie wusste von der Buhlschaft, von den Kindern, die zu früh zur Welt kamen, von dem Betrug an dem Burgherrn -
doch wem hätte sie sich anvertrauen können? Wer hätte ihr geholfen?«
»Der Kaplan, wenn er seine Aufgabe ernst genommen hätte«, sagte ich.
»Er hat aber niemandem geholfen, der Saufaus«, zischte Casta.
»Ein weiterer Punkt auf seiner Schuldenliste«, stimmte Ulrich zu.
Meine Neugier war geweckt. Ich hätte später ebenfalls für Ida gutgesprochen, aber meine Herrin und Casta hatten sich ihre Rettung auf die Fahnen geschrieben, und ich wollte zu gerne wissen, mit welchen Argumenten sie ihr Gnadengesuch untermauerten. Also gab ich mich unbarmherzig.
»Ida hatte als Weib des Burgvogts eine privilegierte Stellung, edles Fräulein. Sie kam mit den Herrschaften aus der Nachbarschaft zusammen, darunter auch einige recht verständige Leute, die ihr gewiss geholfen hätten.«
»Ida ist eine loyale Frau, Hardo. Ich glaube nicht, dass sie über ihre Herrin bei anderen schwätzen wollte.«
»Loyalität, Hardo, ist eine hohe Tugend«, sagte der Ritter neben mir, und ich hörte die feine Ironie in seinen Worten.
Casta nicht. Sie wandte sich an ihn.
»Ihr versteht das, nicht wahr? Sie konnte nicht über die Vorkommnisse hier reden. Aber sie war immer gut zu Hardo, das hat er selbst gesagt.«
»So gut, dass sie tatenlos zusah, wie mein Vater als Mörder abgeführt wurde.«
»Ihr seid so hart. Ihr seid so unversöhnlich, Hardo. Aber bedenkt - Eure Mutter wusste das auch alles. Und ihr habt Ihr vergeben.«
Sauber argumentiert, alle Achtung.
Nur musste ich sie enttäuschen.
»Wer sagt Euch, dass ich meiner Mutter vergeben habe, Fräulein Casta?«
Sie machte den Mund auf und wieder zu.
»Morgen, Casta, werde ich entscheiden, wem die Burg
zum Lehen gegeben wird. Dann wird der neue Burgherr darüber befinden, was mit Ida geschehen soll.«
Ulrich hatte sich meine Ausflucht zu eigen gemacht. Nicht schlecht. Es blieben ja nur van Dyke und sie selbst übrig, denn Lucas van Roide würde das Lehen nicht erhalten.
»Mhm«, machte Casta, die das auf gleiche Weise bedachte. »Gut.«
Dann erhob sie sich und nickte mir kühl zu, dem Ritter aber schenkte sie ein kleines Lächeln, das so
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