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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zuführte, Magister Johannes?«
    »Ja, wegen dem Stern, Herr Ulrich. Den musste ich nämlich von seiner Kette nehmen und ihm ihn übergeben. Er sagte, der sei nun sein rechtmäßiger Besitz.«
    Das Gemurmel schwoll an, und der Kaplan gefiel sich sichtlich in seiner Rolle als Denunziant. Selbst die gramgebeugte Äbtissin hatte ihre Schleier zurückgeschlagen und schaute den Gelehrten entsetzt an.
    »Was soll der Unsinn, Hardo? Ist der Mann zum Narren geworden?«, knurrte Ulrich neben mir.
    »Nein, das ist er nicht. Ismael, hole den Stern. Du weißt, wo er liegt.«
    Ismael lief los, die Wachen ließen ihn passieren, und während wir auf ihn warteten, erzählte ich den Anwesenden das, was ich dem Domgrafen bereits berichtet hatte - von dem fallenden Stern, der meine Geburt begleitet hatte.
    »Seit ich denken kann, hat man mir von diesem Unglücksstern
erzählt. Eberhart von Langel hat den Brocken aus Eisen damals im Stall gefunden. Er wollte ihn meinem Vater überlassen als Erinnerung an die Geburt seines ersten Sohnes. Doch da meine Mutter und auch viele andere Burgbewohner Angst vor seinen teuflischen Kräften hatten, wurde er in der Kapelle an die Kette gelegt und unter den Altar geschoben, sodass das Kreuz über ihm wachte. Ich selbst habe ihn nur einmal gesehen, als ich ungefähr sieben Jahre alt war. Da zeigte ihn mir der Burgherr und erzählte mir, dass dieses faustgroße Stück Materie der fallende Stern am Tage meiner Geburt gewesen sei. Ich fürchtete mich sehr davor und wollte ihn nicht berühren. Dann aber, am selben Abend - es war eine warme Augustnacht, an Laurentius -, da nahm mich Eberhart von Langel mit auf den Bergfried, und wir beobachteten, wie am Himmel die Sternschnuppen fielen. Der Burgherr erklärte mir, das seien die Putzreste der Sternenflammen, die wie vom Docht der Kerzen beim Schnäuzen glühend herabfielen. Auf diese Weise sei das Stückchen Stern bei meiner Geburt auch vom Himmel gefallen.«
    Ismael war mit dem Kästchen, das er aus Doktor Humberts Kammer geholt hatte, zurückgekehrt, und als Ulrich es öffnete, ging ein Beben von Angst durch den Saal.
    Er aber nahm den Brocken ungerührt heraus und begutachtete ihn von allen Seiten.
    »Bemerkenswert. Sieht mir nicht nach einem Stückchen Docht aus.«
    »Nein. Man sagt, diese Steine könnten auch aus feuerspeienden Bergen stammen oder sich im Dunst der Atmosphäre bilden, ähnlich wie Hagelkörner.«
    »Schon glaubhafter.«
    »Es sind Boten Gottes, die uns das Unheil verkünden!«, schrie der Gelehrte plötzlich auf. »Ihr seid verflucht, alle, die ihr lästert. Die Pestilenz wird über euch kommen, und ihr werden den Hunden zum Fraße fallen. Denn wenn der fünfte Engel die Posaune bläst, wird ein Stern fallen auf die
Erde, dem wurde der Schlüssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben. Es wird Rauch aufsteigen und die Sonne verfinstern, und die Heuschrecken und Skorpione werden die Macht übernehmen.«
    »So heißt es in der Apokalypse. Aber so weit sind wir noch nicht«, meinte ich trocken. »Und auch der Morgenstern ist es nicht, der gefallen ist.«
    »Ihr seid ein Verdammter, und nur ein Pakt mit dem Satan hat Euch davor bewahrt, dass sich Euer Schicksal erfüllte!«, geiferte der Gelehrte drauflos. »Es stand in den Sternen, die bei Eurer Geburt schienen. Ich selbst habe das Horoskop bestimmt. Ich habe die Zeichen gedeutet und alle gewarnt vor dem teuflischen Kind. Man hätte Euch im Brunnen ersäufen sollen, kaum dass Ihr den Mutterleib verlassen habt. Doch mein Bruder, dieser Schwachkopf, wollte nichts davon hören. Darum traf ihn die gerechte Strafe und desgleichen Euren Vater, der einen Unhold wie Euch gezeugt hat.«
    Doktor Humbert hatte Schaum vor dem Mund, und sein Speichel spritzte nach allen Seiten.
    »Heiliger Laurentius auf dem Bratrost!«, sagte Ismael, und Puckls Griffel schwebte tatenlos über der Wachstafel. Dietrich sah fragend zu seinem Herrn auf.
    »Lass ihn nur weiterreden«, meinte der.
    »Zauberei und Blendwerk habt Ihr Euch zu eigen gemacht, Meister Hardo, teuflische Mächte und Dämonen Euch dienstbar gemacht. Mit magischen Gesängen die Menschen betört. Und nun seid Ihr zurückgekommen, um Euch anzueignen, was weder Euch noch Eurem gottverdammten Vater zustand.«
    »Weshalb Ihr den Mächten des Schicksals ein wenig nachhelfen wolltet und versucht habt, mich umzubringen, Doktor Humbert?«
    »Wie eine Ratte solltet Ihr sterben, aber diese Trottel hier habt Ihr verhext und mit Eurem Mummenschanz

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