Das Spiel des Saengers Historischer Roman
keine Namen, aber mit einer unbeweglichen Miene, die ich allmählich an ihm zu bewundern lernte, fügte er
hinzu, dass eben die beiden Personen bei unkeuschem Tun beobachtet worden seien.
Ich sah mich unauffällig um und staunte darüber, wie viele Blicke sich zu Boden senkten, wie viele Ohren sich röteten, wie viele Füße unbehaglich scharrten.
Das war äußerst bemerkenswert und eröffnete ein völlig neues Feld der Spekulationen.
In Minneangelegenheiten war ich sehr hellhörig geworden.
Ismael auch. Er grinste mich an.
Ich sagte: »Pssst!«
Nach der Andacht gingen wir alle unseren Aufgaben nach - mehr oder minder freiwillig. Ich prüfte den Holzstapel an der Küche und befand, dass es Zeit war, Feuerholz zu machen. Also band ich meine Haare zu einem Zopf im Nacken zusammen und machte mich an die Arbeit. Mit van Dyke karrte ich vom äußeren Zwinger ein paar mächtige Buchenblöcke in den Hof, zerrte die Axt aus dem Hackklotz und hieb schwungvoll auf die dicken Scheite ein. Es war warm, der nächtliche Wolkenschleier hing auch an diesem Morgen noch vor der Sonne und sättigte die Luft mit Feuchtigkeit. Schon nach wenigen Schlägen begann mir der Schweiß den Rücken hinabzulaufen, und ich legte Wams und Hemd ab. Schließlich hatte ich nichts außer dem Spiel meiner Muskeln zu verbergen. Daran mochte sich der eine oder andere gerne erfreuen.
Besonders Jungfer Engelin, die für die Küche Wassereimer um Wassereimer aus dem Brunnen haspelte und sich als Einzige redlich bemühte, ihre Lider züchtig gesenkt zu halten.
Als der Stapel Feuerholz ordentlich angewachsen war, trat ich auf sie zu.
»Herrin, habt Ihr die Güte, mir einen Eimer des frischen Nass heraufzuholen? Ich habe schwere Arbeit geleistet und bedarf der Abkühlung.«
»Ach ja? Ein bisschen Holzhacken, und schon bedürft Ihr der Fürsorge eines Weibes?«
Ich lächelte sie an und breitete meine staubigen Hände aus.
»Ein kleiner Lohn nur, Herrin, weit geringer als der für die Rosenknospe, die Euer köstliches Lager mit Euch teilen durfte.«
Ein kühler Blick aus ihren schönen Augen glitt nun doch über mich, allerdings weit von Bewunderung entfernt, sondern mehr als verächtlich, und Verachtung troff auch aus ihren Worten, als sie mir antwortete: »Meister Hardo, wir alle hier erfüllen unsere Pflichten um Gottes Lohn.« Dann verzogen sich ihre Lippen zu einem bösen Lächeln. »Doch meiner Fürsorge sollt Ihr teilhaftig werden.«
Und schon hatte sie das Schaff Wasser über meine nackte Brust geleert.
Sehr kaltes Wasser.
Es befreite mich von Staub, Schweiß, Holzsplittern und dem Pochen in meinen Lenden.
Gründlich.
Ich bedankte mich tropfend, doch auf höfliche Art, aber sie war bereits wegstolziert.
Ein solcher Widerborst!
»Meister, Ihr seht begossen aus.«
Ismael kam mit einem Tragekumm von den Ställen. In zwei Eimern schwappte Milch.
»Es wird trocknen. Die Ziegen haben sich dir geneigt gezeigt?«
»Ihnen die Milch abzuzapfen hält die Finger geschmeidig, Meister.«
Für einen Mann seiner Profession ohne Zweifel ein wichtiges Argument. Doch ich sah Schalk in seinen Augen und mahnte: »Ich wäre dir verbunden, wenn du diese Eimer ungeleert in die Küche tragen würdest.«
»Ein Bad in Ziegenmilch, Herr, sagt man, gibt eine weiche Haut.«
»Ich, mein Junge, benötige aber eine Hornhaut.«
»Ein kratziges Jüngferchen?«
»Mit scharfen Zähnen.«
»Die sind die feinsten«, sagte Ismael und schlenderte zur Küche, wo seine Ausbeute aus dem Ziegenstall sicher wohlwollend aufgenommen werden würde. Wenngleich er etwas streng nach ebendiesen Tieren roch. Ein Bad würde auch ihm nicht schaden.
Ich setzte mich auf den Hackklotz und ließ mich in der Sonne trocknen, während ich das geschäftige Treiben auf dem Hof beobachtete. Der Domgraf werkelte selbstvergessen im Küchengarten herum, Jonata kehrte die Asche aus dem heißen Backes, um die erste Ladung Brote hineinzuschieben, Cuntz, der Pächter, schleppte ein halbes Schwein aus den Vorratsräumen herbei, van Dyke schob ein Weinfass auf einem Karren zum Rittersaal und Magister Johannes wandelte gemessenen Schrittes zum Lichhof. Vermutlich würde ihm in Kürze jemand zur Hand gehen müssen, um das Grab auszuheben, in dem der Vogt am nächsten Tag bestattet werden sollte.
Knappe Dietrich kam von den Pferdeställen, sah sich suchend um und wandte seine Schritte zielstrebig in meine Richtung. Ich langte nach meinem Hemd und zog es mir über den Kopf, um meine unziemliche
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