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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Blöße vor ihm zu verdecken. Eine Geste der Höflichkeit dem Edelknaben gegenüber.
    »Meister Hardo, mein Herr bittet mich, Euch etwas zu erzählen«, sagte er leise.
    »Dann sprich, Dietrich.«
    »Nicht hier, bitte.«
    »Nun, dann suchen wir uns ein unauffälligeres Plätzchen.«
    »Wenn Ihr mir zu den Pferden folgen würdet. Ihr könnt Euch dort vergewissern, dass es Eurem Ross an nichts fehlt.«
    Wir gingen unter der Brücke zwischen Dienerquartier und Lichhof durch, ließen die Werkstätten an der Burgmauer hinter uns und suchten die Ställe im Zwinger vor dem Obstgarten auf. Natürlich hatte ich schon zuvor überprüft,
ob unsere Tiere gut untergebracht waren. Die Ställe waren ausgezeichnet instand gehalten, und wenn auch derzeit nur zwei sehr junge Stallburschen ihren Dienst verrichteten, waren sie doch ordentlich ausgekehrt und die Pferde mit reichlich Futter und Wasser versehen worden. Doch schon bald würden die Tiere unruhig werden. Ihnen fehlte es an Bewegung. Dietrich wies mit der Hand auf einen der Ställe, in dem eine Leiter zum Heuboden hochführte. Ich sah nach oben.
    »Dort, Meister Hardo«, begann er mit leiser Stimme, »hörte ich vorgestern, als Ihr mir Euer Ross nach dem Ausritt übergabt, ein Weib stöhnen und seufzen.«
    »Ein hübscher Ort, um sich im Heu zu tummeln, nicht wahr?«
    Ich grinste ihn an, und der Knappe wich meinem Blick aus. Aha, solche kleinen Abenteuer hatte er also auch schon genossen.
    »Es war auch ein Mann dabei, das stimmt«, murmelte er.
    »Und du weißt, wer es war.«
    »Ich glaube ja, Meister Hardo. Ich sah die Stiefel. Lohfarbene Raulederstiefel.«
    »Der Pächter Cuntz trägt dergleichen.«
    »Ja. Und seine Stimme war es auch.«
    »Er sprach mit seiner Liebsten?«
    »Ja, doch … minnigliche Worte waren es nicht. Eher ziemlich derbe.«
    Der Knappe errötete bei der Erinnerung daran.
    »Was mich nicht wundert. Der Pächter scheint mir ein recht maulfauler Kerl zu sein und der Poesie wenig Anerkennung zu schenken. Aber seine unzüchtige Tat sagt uns, dass er nicht gleichzeitig den Burgvogt vom Turm hat werfen können.«
    »So ist es. Ich meldete diese Entdeckung meinem Herrn erst heute Morgen, denn gestern kam es mir gar nicht in den Sinn, dass es wichtig sein könnte. Verzeiht, Meister Hardo. Ich war nachlässig.«

    Er sah betreten drein, ein Jüngling wie Ismael, doch auf ganz andere Weise erzogen. Sein Pflichtversäumnis schien ihn noch mehr zu bedrücken als die Kenntnis wollüstiger Spielereien im Heu. Ich versuchte ihn ein wenig zu beruhigen und meinte: »Nein, Dietrich, du warst nur wie wir alle vermutlich von dem Geschehen ein wenig durcheinander. Wir können nun den Pächter von der Liste streichen, doch hast du auch bemerkt, mit wem er den Freuden der Minne frönte?«
    »Nein, Meister Hardo. Ich habe mich hier nicht lange aufgehalten, sondern nur Euer Pferd dort drüben hingeführt und abgesattelt. Ich wollte den Cuntz … mhm … nicht stören.«
    »Vornehm gedacht.«
    Ich streichelte die weiche Pferdenase des weißen Zelters, die sich mir entgegenstreckte, und überlegte laut.
    »Vermutlich war es nicht sein Weib Jonata, mit dem er sich dort im Heu vergnügte.«
    »Nein, vermutlich nicht.«
    »Das edle Fräulein Casta stand bei deinem Herrn, und Jungfer Engelin befand sich im Bergfried bei ihrem Vater.«
    »Die Mägde brachten den Wachleuten das Essen. So hat mein Herr es bestätigt gefunden.«
    »Was also bedeutet, dass Cuntz sich entweder mit der Äbtissin …«
    Dietrich sog entsetzt die Luft ein.
    »… ihrem Novizchen …«
    »Meister!«
    »Hat es alles schon gegeben. Aber es könnte auch seine Schwiegermutter Ida gewesen sein.«
    Seine junge Unschuld reizte mich, ihn herauszufordern.
    »Niemals, Meister Hardo!«
    »Ja siehst du denn diese drei Frauen lieber als Mörderinnen denn als Unzüchtige?«
    Dietrich wurde rot und stammelte. Ich hatte Erbarmen
mit ihm und fügte hinzu: »Aber wir haben ja auch noch Loretta und ihre Kammerjungfer.«
    Der Jüngling schluckte, fing sich aber wieder.
    »Das Ännchen tändelt gerne.«
    »Ja, das tut sie.« Ich erinnerte mich an einen sehr willigen Kussmund.
    »Und Loretta ist eine aufgeputzte Hure«, entfuhr es Dietrich.
    Anerkennend nickte ich.
    »So ganz weltfremd bist du also doch nicht mehr.«
    »O nein, Meister Hardo. Ich bin schon weit herumgekommen mit meinem Herrn und habe viel gesehen.«
    Ich unterdrückte ein Lächeln. Wie sehr erinnerte ich mich an jene Zeit, in der ich ebenso stolz auf meine

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