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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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magischen Instrumentes.
    Und Fortuna weinte.
    Anschließend nahm sie den jungen Mann unter ihre Fittiche.
    Doch ihr Schutz war nicht allmächtig, und wie jene göttliche Fortuna verteilte auch sie ihre Gunst nach Laune. Fortunas Mannen waren wild und rüde. Sie raubten Händler aus und stahlen den Bauern das Vieh von der Weide. Wer sich wehrte, wurde brutal zusammengeschlagen. Was sie erbeutet hatten, verprassten sie in wüsten Gelagen, und der Jüngling lernte schnell, sehr schnell, die Laute zu spielen, um sie zu ihren grölenden Liedern zu begleiten.
     
    Ich nahm den Schellenkranz wieder auf, und Ismael griff zur Trommel. Der Rhythmus war aufpeitschend, und niemand durfte sich wohl jetzt über meine Stimme beklagen, denn ihre Rauheit passte zu dem Lied:
    »Erster Wurf, ein Prost den Spendern,
weiter geht’s bei den Verschwendern:
Prost auf die in schweren Ketten,
drei, die sich durchs Dasein fretten,
vier auf brave Christenscharen,
fünf auf die so hingefahren,
sechs auf Schwestern, die Novizen,
sieben auf die Strauchmilizen.
     
    Acht auf Mönche, töricht, bieder,
neun landauf, landab die Brüder,
zehn auf den, der setzt sein Segel,
elf auf Raufbold, Rüpel, Flegel,

zwölf dann, wer im Bußgewand ist,
dreizehn, wer da über Land ist.
So auf Papst und so auf Kaiser
trinkt und brüllt sich alles heiser.«
    Das derbe Lied, die Geschichte von Räubern und Dirnen - es war für diesen Abend genau die richtige Wahl. Meine Zuhörer hatten allen Zwist untereinander vergessen, und als ich die Strophen ein zweites Mal sang, fielen einige Stimmen mit ein.
    Sie sollten auch noch weiter auf ihre Kosten kommen.
Im Räubernest
    Je häufiger der junge Held Fortuna und die Räuber mit seinem Lautenspiel unterhielt, desto fester wurde sein Glaube an die Magie seines Instruments. Anders konnte er sich nicht erklären, warum er bei ihnen bleiben durfte. Obwohl er sich natürlich auch auf den Raubzügen bewährt hatte. Seine gute Hand für Pferde schätzten die Räuber, sein unschuldiges Gesicht und seine gewitzte Art, mit dem erbeuteten Gut zu handeln, ebenfalls. Vor allem aber liebten sie die aufregenden Geschichten, die er ihnen abends am Lagerfeuer erzählte.
    Der kleine Taschendieb hatte ihn darauf gebracht.
    »Erzählt Eure Schandtaten, das hören sie gerne. Und berichtet vor allem von wunderbaren Rettungen.«
    »Durch Heilige und Engel?«
    »Wenn’s sein muss. Wir sind eine gottlose Horde. Und je gottloser, desto lieber glauben wir an Wunder.«
    Dem Jüngling schien der junge Langfinger ungewöhnlich weise, und so unterhielt er die Männer mit abenteuerlichen Geschichten, lernte geschickt, Lüge und Wahrheit zu vermischen. Die Achtung der Gesetzlosen gewann er vor allem damit, dass er angab, er sei der Sohn eines Gehenkten.
Ihre grenzenlose Bewunderung erwarb er, als er die Reliquie an seinem Hals hervorzog und von dem Schutz erzählte, die sie ihm bei so vielen Gelegenheiten gewährt hatte.
    Da er den ganzen Winter über auch nicht erwischt wurde, glaubten die Räuber bald tatsächlich, dass er unter der besonderen Hut des Heiligen stand. Mochte das Leben unter den Vaganten auch rau und erbarmungslos sein, der Held ergab sich darein und versuchte nicht mehr, auf den rechten Weg der Tugend zurückzukehren, denn wie ihm einst von den Sternen bestimmt und in die Wiege gelegt worden war, würde er als Verbrecher enden, noch ehe er zwei Dutzend Jahre gelebt hatte.
    So ertrug er auch klaglos, dass das Zusammenleben in der wilden Horde nicht immer friedlich verlief. Eifersüchteleien, Habgier und Trunkenheit führten oft zu Handgreiflichkeiten, und der Jüngling lernte schnell und meist schmerzhaft, auszuweichen, sich zu wehren und zu kämpfen.
    Freundschaften schloss er mit keinem der Männer. Sie waren gefühllose Gesellen, Totschläger und Frauenschänder. Der Einzige, dem er vertraute, war der junge Dieb, denn wenn er auch mit großem Geschick seinen Langfingereien nachging und sich auch mit einigen hinterhältigen Tricks zu verteidigen wusste, war er doch nicht grausam.
    Außerdem war er sauber wie eine Katze.
    Die anderen, einschließlich ihrer Anführerin, hielten wenig von Wasser, weder als Getränk noch als Mittel zur Reinigung ihrer Körper und Kleider. Darum suchte der tapfere Held sich auch ein Lager im trockenen Laub statt in der alten Ruine, wo er seine Nächte verbrachte. Und als Fortuna ihn auf ihr Lager befahl, versagte ihm erstmals in seinem jungen Leben die Männlichkeit, als er das fette, stinkende und

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