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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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Dort hätte sie einfach so lange gestanden, bis die anderen ihr ihre Aufmerksamkeit zuwandten. Cat hingegen war eine Meisterin des Abstandwahrens. Es war nicht so, dass sie wie ein Mauerblümchen schmollend in der Ecke hockte; stattdessen umgab sie sich mit einer Aura von Distanziertheit, blieb wachsam, aber entspannt. Auf diese Weise wurde sie meist in Ruhe gelassen.
    Sie nahm ein Glas von dem Tablett, das ein Kellner ihr präsentierte, der genauso eine Livree trug wie der Türsteher. Dann schlenderte sie zu dem Durchgang rechts von ihr. In dem Raum hatte sich eine Gruppe um einen mit grünem Filz bespannten Tisch versammelt, aber soweit sie erkennen konnte, fand dort nur ein ganz gewöhnliches Kartenspiel statt, Poker vielleicht. Die Gäste
waren unterschiedlichen Alters, und die meisten waren dem Anlass entsprechend in Cocktailkleider oder Abendanzüge gekleidet. Ein paar Leute wirkten, als ob sie geradewegs aus dem Büro hierhergekommen seien. Niemand beachtete sie. Cat ging zu einem Fenstersitz und ließ sich nieder.
    In vielerlei Hinsicht waren ihre Sinne durch die Umgebung geschärft. Der Champagner prickelte in ihrem Mund, der Duft der Parfüms wurde durch die Wärme noch verstärkt; auf dem Steinboden klapperten die Absätze, Gläser klirrten … All diese Dinge empfand sie scharf und klar. Und doch war da auch ein Gefühl von Schläfrigkeit, von Benommenheit, das sie nicht abschütteln konnte. Wenn sie versuchte zu verstehen, worüber sich die Leute unterhielten, merkte sie, dass sie sich nicht konzentrieren konnte, dass sie ständig den Faden verlor. Sie glaubte, eine berühmte Schauspielerin zu sehen, die elegant an der Wand lehnte. Und dieser Mann mit dem grauen Gesicht und der kantigen Kinnpartie, an dem sie in der Eingangshalle vorbeigegangen war … kannte sie den nicht von irgendwoher? Vielleicht ein Politiker oder ein Nachrichtensprecher. Aber als sie genauer hinschaute, kamen ihr Zweifel. Es war, als ob sie nicht klar sehen könnte.
    Vielleicht lag es am Champagner, den sie auf leeren Magen getrunken hatte, vermutete sie, obwohl sie kaum Erfahrungen in Sachen Alkohol hatte. Sie stellte ihr Glas ab und schlenderte zu dem Raum auf der anderen Seite der Eingangshalle, auf der Suche nach dem Klavier. In
diesem Zimmer hing ein riesiger goldgerahmter Spiegel über dem Kamin. Cat bemerkte in ihrem Spiegelbild ein fremdes Glühen, eine Weichheit der Züge, als ob die Pracht des Hauses auf sie abfärben würde.
    Das Schwindelgefühl wurde stärker. Wieder setzte sie sich auf einen Fenstersitz, schloss die Augen und versuchte, in dem weit entfernt klingenden Klavierspiel eine Melodie zu erkennen. Jedes Mal wenn sie glaubte, das Motiv ausgemacht zu haben, entglitt es ihr wieder oder veränderte sich kaum merklich, sodass sie nicht sicher war, ob die Musik süß oder melancholisch klang. Irgendwo schlug eine Uhr; vergeblich versuchte sie, die Schläge zu zählen. Der Minutenzeiger ihrer Armbanduhr, die dieser Tage stets unzuverlässig gewesen war, zuckte auf der Stelle, wie ein Insekt, das unter Glas gefangen war.
    Obwohl es noch nicht sehr spät sein konnte – sie war sicher, dass die Uhr nicht oft geschlagen hatte –, war es vermutlich Zeit zum Gehen. Aber erst wollte sie sich eine ruhige Ecke suchen, wo sie wieder einen klaren Kopf bekommen konnte. Cat ging zurück in die Halle und stieg kurz entschlossen die Treppe zur Galerie hinauf. Eine zweite Treppe am Ende der Halle führte zu einer doppelflügeligen Tür, die mit schwarz-goldenen Intarsien verziert war. Sie öffnete nacheinander die Türen entlang der Galerie in der Hoffnung, eine Toilette oder eine Garderobe zu finden.
    Durch die erste Tür gelangte sie in ein Zimmer, dessen Wände mit scharlachroter Seide ausgekleidet waren und in dem nichts stand außer einem Klavier. Eine Blondine
in einem weißen Ballkleid, die eine Sonnenbrille trug, saß mit dem Rücken zur Tür und spielte einen altmodischen Walzer. Der Raum nebenan war ein Arbeitszimmer mit deckenhohen Bücherregalen, wo ein paar Leute in ein Würfelspiel vertieft waren. Auf dem Sofa saß die Ältere der beiden Frauen, die Cat an jenem Abend in dem Zimmer über der Kneipe getroffen hatte. Neben ihr lümmelte sich der Kerl, der ihr durch Soho gefolgt war. Er hatte die Baseballkappe abgenommen. Sein Gesicht war leer, die Augen blickten glasig. Als Cat auf der Schwelle stehen blieb, wandte sich Lucrezia zu ihr und lächelte sie an. Sie hielt ihren Blick fest, während sie mit der Hand durch

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