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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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Besuch wahrgenommen hatte. Hinter dem Tor zum Garten unterhielt sich ein Goth-Mädchen mit unzähligen Piercings angeregt mit einem älteren
Herrn in einem Frack. Ein paar junge Männer mit kurz geschorenen Haaren und ausgebeulten Hosen lümmelten sich auf den Stufen zu einem der Häuser, tranken aus Flaschen und beobachteten die Szene mit hellen und wachen Augen. Zwei glamouröse Schönheiten, eine in einem paillettenbesetzten Cocktailkleid, die andere in hautengen Hotpants aus Jeansstoff, lehnten schmollmündig am Zaun.
    Alles Spieler, aber gleichzeitig auch ganz normale Leute, dachte Cat. Wirkliche Männer und Frauen mit wirklichen Leben in der wirklichen Welt. Wie Anthony Linebeg, der IT-Consultant, der allein gelebt hatte … oder ihre Eltern, dachte sie, und bei diesem Gedanken verspürte sie einen Stich in der Magengrube. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, welche Ambitionen und Sehnsüchte es waren, die diese Menschen hierhertrieben, und welche unergründlichen Aufgaben und Schicksale sie erwarteten.
    Cat warf den jungen Männern auf den Stufen einen Blick zu. Sie hatten etwas Raubtierhaftes an sich, und Cat überlegte, ob sie die Buben der Stäbe waren, die der alte Penner an jenem Nachmittag mit dem Feuerring vertrieben hatte. Toby hatte gesagt, dass sich die beiden Seiten in der Nähe des Temple House oft überlappten, aber diesmal konnte sie nur hin und wieder ein Aufblitzen der wirklichen Welt – jenes anderen Platzes und jener anderen Nacht – erhaschen: den Strahl eines Autoscheinwerfers, die nackten Zweige eines Strauchs, ein Fußgänger, der sich mit einem verbogenen Regenschirm abkämpfte …
    »Hör mal, Toby, du hast mir noch gar nicht erzählt, wie du in diese ganze Sache ger…«, fing sie an, doch dann fiel ihr Blick auf einen Kellner in schwarz-goldener Livree, der sein Tablett mit Getränken einem Mädchen anbot, das ganz in ihrer Nähe stand. Das Mädchen nahm ein Glas und wickelte sich eine blonde Haarsträhne um den Finger.
    »Guck mal – da drüben«, zischte Cat und packte Toby am Arm. »Da ist sie!«
    In Wahrheit dauerte es ein paar Sekunden, bis sie sich ganz sicher war. Zum einen wirkte Flora älter, vielleicht, weil sie ihr Haar hochgesteckt hatte, geschminkt war und ein verspieltes Mieder trug. Das war nicht weiter verwunderlich, schließlich waren sie auf einer Party. Aber irgendwie sah Flora zerzaust aus und gar nicht wie ein reiches Mädchen, das sich den Anschein von Verruchtheit geben will. Ihr schwarzer Lidstrich war verschmiert, und ihre Wangen waren gerötet.
    Als sie Toby und Cat erblickte, leerte sie ihr Glas in einem einzigen, schnellen und ruckartigen Zug. »Ach, ihr seid’s.«
    »Ich bin froh, dass wir dich gefunden haben«, sagte Cat leise.
    »Mich gestellt, meinst du wohl«, gab Flora zurück und warf Toby einen wütenden Blick zu. Sie nahm sich ein neues Glas und hob es, wie um ihnen zuzuprosten. »Heute ist immerhin ein Jubiläum.« Das war ein Scherz, den vermutlich nur sie verstand, denn das Lächeln, das sie Cat zuwarf, war eine spöttische Verzerrung von Liebenswürdigkeit.
»Ach du liebe Güte, wo sind nur meine Manieren geblieben? Ich vermute, du bist ein neuer Rekrut in unserer kleinen, wunderbaren Gemeinschaft. Ist das nicht alles einfach … einfach fantastisch?« Sie holte mit dem Arm weit aus, als wollte sie die ganze Party umarmen, während sie gleichzeitig an ihrem Glas schlürfte.
    »Eigentlich nicht«, sagte Cat.
    »Hm.« Flora betrachtete sie fragend, wenn auch mit leicht verschleiertem Blick. »Eine Zweiflerin. Ach was, du wirst dich schnell daran gewöhnen. Regnabo, regno, regnavi, sum sine regno, wie man so schön sagt.« Dann warf sie mit einem leichten Schnauben den Kopf in den Nacken und stolzierte davon.
    »Ich hab dich ja gewarnt«, murmelte Toby.
    Cat wollte Flora schon folgen und es noch einmal versuchen, als plötzlich eine Glocke erklang. Sie sah, dass die Leute mit dem, was sie gerade taten, innehielten und sich erwartungsvoll umwandten. Der Klang der Glocke war hoch und sehr süß. Erregung machte sich breit. Auch Flora stand still und schaute mit leicht geöffnetem Mund nach oben.
    Der Türsteher war aus dem Temple House getreten und stand auf der obersten Eingangsstufe. Er hob die Arme und sprach zu den Gästen: »Meine Damen und Herren, Prinzen und Vagabunden, ihr Spieler«, rief er. Seine vom Alter brüchig gewordene Stimme trug erstaunlich weit. »Ich heiße Sie alle willkommen. Die Lotterie wird gleich beginnen! «
    Applaus

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