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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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die oberhalb der ersten paar Sprossen lag. Gemeinsam zogen und schoben er und Cat Flora hinauf. Cat kletterte als Letzte hoch. Fast fürchtete sie, den heißen Atem und die stinkenden Fänge dicht hinter sich zu spüren.
    Aber der Hund oder Wolf – oder was immer es war – war ihnen nicht nachgekommen. Auf ihrem Hochsitz, etwa zwei Meter über dem Boden, eng beieinanderhockend, beobachteten sie ihn, wie er vor der Brücke mit gespitzten Ohren hin – und herlief.
    »Der Trumpf des Mondes«, hauchte Toby. Er gestikulierte zu den beiden Bürotürmen, zu der ausgedehnten Asphaltfläche vor ihnen und zu dem Hund, der die Schnauze gen Himmel hob. Hoch oben rissen die treibenden Wolken einen Moment auf und entblößten die weiße Scheibe aus Licht. »Schau, Cat – genau wie das Bild auf der Karte ! «
    Cat starrte ungläubig in sein ehrfürchtiges Gesicht. Auch Flora schien die Fassung wiedererlangt zu haben. Sie streckte das Bein mit dem verknacksten Knöchel lang aus und lehnte sich mit einem Stöhnen und Aufseufzen gegen das Geländer, als ob sie die Nacht hier verbringen wollte. Sie nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche, die sie während der wilden Jagd nicht losgelassen hatte. Ihr Blick fiel auf Cat, und sie reichte die Flasche weiter.
    Der Champagner war schal und abgestanden. Gleichzeitig
ließ ein klapperndes Geräusch über ihren Köpfen Cat zusammenzucken. Wer immer vor ihnen auf die Feuerleiter gestiegen war, kletterte jetzt höher. Sie verdrehte den Hals und sah ein schemenhaftes Gesicht zu ihnen herunterblicken, ehe die Gestalt durch ein offenes Fenster im dritten oder vierten Stock verschwand.
    »Glaubst du, das ist der Ritter?«, fragte Toby, der immer noch unfassbar vergnügt schien.
    »Nein«, sagte Flora und streckte die Hand aus. »Das ist der Ritter.«
    Über die Brücke lief eine Frau. Ihre Silhouette zeichnete sich vor den Lichtern der Stadt ab. Sie verfolgten ihren Lauf, während ein weiteres Heulen durch die Luft zitterte – nicht von dem Hund, den sie gesehen hatten und der in der Nacht verschwunden war, sondern etwas weiter entfernt. Etwas, aber nicht sehr. Die Frau erstarrte bei dem Klang, dann taumelte sie weiter. Kurz verloren die drei Beobachter auf der Feuerleiter sie aus dem Blick, dann nahmen sie eine Bewegung in der Dunkelheit links von der Brücke wahr, und schließlich sahen sie den Kopf der Frau auf – und abwippen, während sie die Treppe hinunterkam.
    Einen Moment später hatte sie den Fuß der Treppe erreicht. Obwohl der Mond wieder hinter den Wolken verschwunden war, war nicht zu übersehen, dass sie für einen nächtlichen Ausflug in der Stadt gänzlich unpassend gekleidet war: Sie trug ein langes weißes Nachthemd. Ihr dunkles Haar hatte sich aus dem Knoten am Hinterkopf gelöst, und ihre nackten Füße verhedderten
sich ein ums andere Mal im Saum des Nachthemds. In der Stille war ihr schluchzender Atem klar und deutlich zu vernehmen.
    Am Rand der Brücke versammelten sich schwarze Schatten.
    Cat rappelte sich auf, wollte der Flüchtenden zurufen, damit sie sich hier auf der Leiter in Sicherheit bringen konnte. Aber noch bevor sie den Mund aufmachen konnte, bohrten sich scharfe Fingernägel in ihren Arm.
    »Rühr dich nicht! «, zischte Flora. »Kein Wort! «
    »Aber wir müssen ihr helfen! Die Biester werden sie in Stücke reißen! – Toby!« Cat wandte sich Hilfe suchend zu ihm um.
    »Sie hat recht. Wir müssen etwas tun«, flüsterte er mit weit aufgerissenen Augen.
    »Ihr Idioten«, sagte Flora mit einem drängenden und gleichzeitig verächtlichen Unterton. »Kapiert ihr denn nicht? Wir sind Joker. Wir dürfen uns nicht einmischen. Wenn ihr irgendetwas unternehmt, was den Spielverlauf verändert, seid ihr erledigt.«
    Während sie noch redeten, waren erst einer, dann zwei, drei, vier Hunde aus der Unterführung geschlichen und mit fliegenden Sätzen ihrer Beute in den Weg gesprungen. In der Zwischenzeit rannten diejenigen, die sich auf der Brücke versammelt hatten, so flink und geräuschlos wie Rauch die Treppe hinunter. Augen glühten, Zungen hingen aus Mäulern, heißer Tieratem dampfte in der Luft. Die Ritterin war umzingelt. Cats gesamter Körper zitterte vor Schrecken.

    Flora hielt ihren Arm noch immer eisern umklammert. »Warte«, sagte sie. »Warte!«
    Denn auf dem Gesicht der Frau breitete sich eine Art Leuchten aus, während sie in den Nachthimmel blickte. Mit einem Aufschrei riss sie am Ausschnitt ihres Nachthemds, zerkratzte sich mit den Nägeln Hals

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