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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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und Brust. Dabei schwankte sie und murmelte vor sich hin. Im nächsten Moment teilten sich die Wolken, und die Szenerie wurde von einem kalten, toten Licht überflutet. Die Frau hob die Arme, stieß erneut einen Schrei aus und sank zu Boden.
    Zuckend und bebend schien sie in die Falten ihres Nachthemds zu schrumpfen. Ihr langes Haar fiel über ihr Gesicht und ihren Rücken. Es wurde fülliger und zotteliger, war plötzlich von einem grauen Schimmer überzogen. Ein schreckliches Stöhnen erklang. Und irgendwie verschwanden innerhalb von Sekunden Nachthemd, Haar und Fleisch. Zurück blieb eine große, silbrig schimmernde Wölfin, die den Mond anheulte.
    Sofort strömte der Rest der Meute vor, um sie zu begrüßen. Die Wölfin war zweimal so groß wie die anderen Tiere, und ihr Schrei war lauter, wilder und einsamer als alles, was die drei auf der Feuerleiter je gehört hatten. Mit einem einzigen mächtigen Satz sprang sie vor, jagte über den Platz und zwischen den beiden Türmen hindurch.
    Cat, Flora und Toby zogen sich in einen Winkel ihrer Plattform zurück und wagten kaum zu atmen, als die Meute unter ihnen vorbeirannte. Und die Gestalt, die vorneweg lief und die Hunde mit sich lockte, war manchmal
ein Wolf, manchmal eine Frau mit nackten Füßen und fliegenden Haaren.

    Eine ganze Weile sagte keiner ein Wort. Es war so, als ob sie auf ewig in dieser entsetzlichen, toten Landschaft, dem knarrenden Eisen und dem feuchten Wind gefangen wären.
    Schließlich räusperte sich Toby. »Was meint ihr, was als Nächstes passiert?«, flüsterte er.
    »Kommt drauf an«, gab Flora müde zurück. »Vielleicht war die Verwandlung zum Wolf ihre einzige Überlebenschance. Oder es war nötig, um ihren Spielzug erfolgreich abzuschließen.« Sie warf den anderen einen vielsagenden Blick zu. »Ihren Spielzug, vergesst das nicht. Wie auch immer die Sache ausgeht, es hat nichts mit uns zu tun.«
    »Das ist aber ziemlich heftig.« Cat dachte an das erste Mal, als sie die Brutalität des Arkanums erlebt hatte. Wie anders hätte sie reagiert, wenn sie gewusst hätte, was auf dem Spiel gestanden hatte. Sie müssen mir helfen, hatte der Mann gesagt.
    Flora schürzte die Lippen. »Ich mache die Regeln nicht. Ein Joker kann das Arkanum nur unter der Bedingung betreten, dass er nichts tut, um dem spielenden Ritter zu helfen oder ihn zu stören. Wenn man sich in das Spiel einmischt, muss man es bitter büßen – als Bube an einem der Höfe.«
    »Und … für wie lange?«, wollte Toby wissen.
    »Man sagt, dass ein Bube befreit wird, wenn er einen Ritter beim Betrügen erwischt oder einen Joker, der das
Spiel manipuliert. Ansonsten kann die Buße viele Runden dauern, je nachdem, wie die Spielführer entscheiden. Und das ist ziemlich heftig.«
    Ein weiteres langes Schweigen folgte.
    Schließlich schwang sich Cat herum, sodass ihre Füße über den Rand der Plattform baumelten. »Tja, ich gehe runter«, sagte sie zu den anderen. Ihre Stimme klang ruhiger, als sie sich in Wirklichkeit fühlte. »Wir können uns ja nicht die ganze Nacht lang hier verkriechen.«
    Das Verlassen der relativen Geborgenheit der Feuerleiter war eine ziemlich langwierige Sache. Sie alle hielten auf der letzten Sprosse inne, spitzten die Ohren und lauschten auf das Geräusch von tapsenden Pfoten oder hechelndem Atem, und nachdem sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, wollte keiner der Erste sein, der sich aus der Reichweite der Leiter entfernte.
    Wenn sie die Wahl gehabt hätte, hätte Cat einen Sprint hingelegt und wäre die Strecke zur Brücke gerannt. Aber Floras Knöchel, der zwar nur leicht verknackst war, aber nichtsdestoweniger schmerzte, zwang sie zu einer Art hastigem Schlurfen, wobei sie sich im Schatten der Gebäude hielten und somit den ganzen Platz umrunden mussten. Sie zuckten bei jedem Geräusch zusammen und wagten kaum zu atmen.
    Doch irgendwie schafften sie es. Erneut standen sie vor der Mündung zur Unterführung, fühlten das Zeichen des Rads auf der Haut ihrer Handflächen prickeln, spürten die Angst, die ihnen im Nacken saß. Aber diesmal schien die Dunkelheit vor ihnen so leblos zu sein
wie der öde Asphaltplatz, den sie gerade hinter sich gelassen hatten.
    Toby tastete in seiner Tasche und zog eine kleine Lampe hervor, die an einem Schlüsselring hing. »Ich dachte, die könnten wir gebrauchen«, meinte er mit einer gehörigen Portion Selbstgefälligkeit.
    Sie traten unter die gewölbte Decke der Unterführung, zuerst Toby, dann Cat und

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